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Ergo: Imageprobleme:Ach, wie gut, dass niemand weiß, ...

... dass Hamburg-Mannheimer jetzt Ergo heißt. Nach dem Bekanntwerden der Sex-Orgie bei der Hamburg-Mannheimer im Jahr 2007 hofft der Ergo-Konzern, dass die Verbraucher den Markenwechsel nicht mitbekommen haben - und fährt seine derzeitige Imagekampagne runter.

Angelika Slavik

Was hatten sie sich Mühe gegeben, damals. Als die Ergo-Versicherungsgruppe im vergangenen Jahr all ihre bekannten Einzelmarken beerdigte, um nur noch als "Ergo" aufzutreten, da begleitete sie das mit einer riesigen Werbekampagne. "Könnt ihr nicht aufhören, mich zu verunsichern? Und anfangen, mich zu versichern?", jammerte die bald als "Ergo-Bubi" geschmähte Werbefigur allabendlich zur besten Sendezeit auf allen Fernsehkanälen.

Dazu Plakate, Radio-Spots, Internet-Aktionen - das volle Programm eben. Der Werbedruck war bemerkenswert oder anders ausgedrückt: dem Ergo-Bubi, man konnte ihm kaum entkommen, zu dieser Zeit.

Und jetzt? Jetzt hofft man bei Ergo darauf, dass der ganze Aufwand möglichst wenig gebracht hat. "Viele Leute haben unsere Marken-Repositionierung im vergangenen Jahr ja gar nicht mitbekommen", glaubt eine Ergo-Sprecherin. Und deshalb, so das Kalkül, könnte die Affäre um die Sex-Partys bei der Hamburg-Mannheimer am Image der Ergo-Gruppe verhältnismäßig wenig Schaden anrichten.

Die aktuelle Werbekampagne werde erstmal zurückgefahren. Die 20 Millionen Euro, die Ergo 2011 in Werbung investieren wollte, würden aber trotzdem ausgegeben - nur halt später als geplant.

Kommt Ergo wegen des Markenwechsels also einigermaßen unbeschädigt aus der Sex-Affäre? Im Gegenteil, sagt der Markenstratege Klaus-Dieter Koch vom Beratungsunternehmen Brand Trust. Denn mit dem Markenwechsel habe Ergo einen strategischen Fehler begangen. "Versicherungen sind eine risikoaffine Branche", sagt Koch. Auch Banken zählten dazu, ebenso Unternehmen aus der Chemie- oder Pharmabranche.

Alle haften mit

Bei solchen "sensiblen Wirtschaftsbereichen" sei es ein Fehler, viele verschiedene Unternehmenszweige unter einer Marke zu präsentieren. "Wenn in einem Bereich etwas passiert, wird gleich der gesamte Konzern in Mitleidenschaft gezogen."

Umgemünzt auf die Ergo-Gruppe heißt das: Ohne den Markenwechsel wäre zwar die Hamburg-Mannheimer schwer angeschlagen - das Geschäft der Schwestersparten wie Victoria oder Karstadt-Quelle Versicherungen wäre aber nahezu unbehelligt geblieben, meint Koch. Fragt sich nur: Was wäre denn dann aus dem Ergo-Bubi geworden?

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Quelle:
SZ vom 27.05.2011/pak
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