Energiewende:Verschmähte Technik

Energiewende: SZ-Grafik; Stand: Ende November 2016; Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

SZ-Grafik; Stand: Ende November 2016; Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

Mini-Kraftwerke gelten als klimafreundlich und werden vom Staat gefördert, aber das Interesse an den Anlagen geht zurück.

Die großen Hoffnungen in die Verbreitung effizienter Mini-Kraftwerke für den Hausgebrauch sind vielerorts Ernüchterung gewichen. Nachdem es vor einigen Jahren noch ein starkes Interesse an den mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) betriebenen Anlagen gegeben hatte, sackte die Nachfrage zuletzt erheblich ab. Man müsse davon ausgehen, "dass der Abwärtstrend der letzten Jahre noch anhält", erklärte der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung zum Jahreswechsel 2016/17. Die Anzahl der installierten Anlagen ging demnach 2016 weiter zurück. Strom und Wärme selbst gemacht, dazu klimafreundlich und auch noch staatlich bezuschusst. Mini-Kraftwerke für den Keller daheim können für Hausbesitzer und Mietergemeinschaften attraktiv sein. Doch um was geht es eigentlich? Die wichtigsten Fragen:

Was ist Kraft-Wärme-Kopplung?

Die Energie eines Brennstoffs wie Öl, Gas oder Holzpellets kann man doppelt nutzen, zur Gewinnung von Strom und zum Betrieb der Heizung. Denn auch der überschüssige Anteil heißen Dampfes, der nicht für die Bewegung einer Turbine und danach für den Betrieb eines Stromgenerators nötig ist, kann weiter verwendet werden, anstatt wie bei herkömmlichen Kraftwerken als unverbrauchte Abwärme zu verpuffen. Die zusätzliche Wärme fließt bei KWK-Anlagen zum Beispiel in einen Wärmespeicher oder in ein Wärmenetz. Das parallele Erzeugen von Strom und Wärme macht diese Technik effizienter. Ihr Wirkungsgrad - also das Maß, mit dem die Anlage die zugeführte Energie nutzt - liegt bei bis zu 90 Prozent, normale Kraftwerke bleiben oft unter 50 Prozent.

Wer kann sie nutzen?

Neben der Industrie, wo die Kraft-Wärme-Kopplung etwa zur Erzeugung von Betriebsstrom eingesetzt wird, sind Mini- oder Mikro-Blockheizkraftwerke (BHKW) auch für Bewohner von Ein- oder Mehrfamilienhäusern interessant. Hier geht es um Kleinanlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 50 Kilowatt. Etwas größere BHKW können Gewerbegebäude, Schwimmbäder oder Siedlungen über ein Nahwärmenetz beliefern. Als innovativer Ansatz gilt die Möglichkeit, eine dezentrale Selbstversorgung zu erreichen: KWK in großem Maßstab könnte so das Energienetz stabilisieren.

Setzt sich die Technik durch?

Die Hoffnungen waren groß, aber nach Angaben des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung wurden sie zumindest in den vergangenen Jahren gedämpft. Der Zubau sank zuletzt: bei Zulassungen und Nachrüstungen für kleine Anlagen (2 bis 10 Kilowatt) von 2649 Stück im Jahr 2014 auf vorläufig 739 im Jahr 2016, bei noch kleineren mit weniger als 2 Kilowatt von 2026 (2013) auf 313 (2016). Rechnet man größere Anlagen dazu, schrumpften die Zulassungen von 7476 (2014) auf 1728 (2016). Dabei hatte es einst viele Initiativen gegeben. So hatten VW und der Ökostrom-Anbieter Lichtblick 2010 eine Kooperation für den Bau und Vertrieb von "Zuhause-Kraftwerken" mit Gasmotoren gestartet. Diese lief im Frühjahr 2014 nach Differenzen zwischen den Partnern aus.

Warum lässt das Interesse nach?

Folgt man der Einschätzung des KWK-Verbands, ist die Politik nicht ganz unschuldig daran: "Ständige Novellierungen, Gesetzesänderungen und Diskussionen schrecken Investoren und private Interessenten ab." Dazu gehöre die monatelange europarechtliche Prüfung der KWK-Novelle, für die die EU-Kommission erst im vorigen Herbst grünes Licht gab. Ein weiterer Grund: Investitionen in sparsame Heiztechnik seien wegen der geringen Ölpreise für Verbraucher nicht mehr so dringend gewesen. Und ähnlich wie bei der energetischen Gebäudesanierung sei mehr Transparenz bei der Förderung nötig. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln nennt 3500 einzelne Programme. Die gesamten Wohnungsbauleistungen aus energetischer Sanierung gingen laut IW von 39,8 Milliarden Euro (2011) auf 35,7 Milliarden Euro (2014) zurück.

Wie hilft der Staat?

Einerseits gibt es günstige Kredite und Zuschüsse für die Anlagen selbst. Andererseits erhalten Erzeuger von KWK-Strom - wie bei Ökostrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz - Vergütungen für die Einspeisung. Hinzu kommt ein gesonderter KWK-Zuschlag und eine Sondervergütung für eingesparte Netzkosten, wenn der Strom vom Anlagenbetreiber selbst verbraucht wird. Das IW und der Fachverband schlugen vor, auch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu prüfen.

Für kleine Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) mit einer Leistung bis zu 20 Kilowatt können Wohnungsbesitzer einen einmaligen Investitionszuschuss beantragen. Die Höhe der Förderung richtet sich nach der elektrischen Leistung der KWK-Anlage, wie das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erklärt. Verbraucher können sich auch auf der Internetseite des BAFA informieren. Beispielsweise wird eine Anlage mit bis zu einem Kilowatt mit 1900 Euro bezuschusst, eine Anlage mit 20 Kilowatt mit 3500 Euro. Der Antrag auf Förderung muss beim BAFA gestellt werden. Bedingungen die Förderung sind etwa, dass die Anlage über einen Wartungsvertrag betreut wird und nicht in Gebieten mit einem Anschlussverbot für Fernwärme liegt. Außerdem muss ein Zähler für den KWK-Strom installiert sein. Wichtig ist, dass Verbraucher zuerst die Förderung beantragen und danach die Anlage bestellen. Ein zusätzliche Bonusförderung für Wärmeeffizienz kann es geben, wenn die Anlage über einen Abgaswärmetaucher verfügt.

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