Strom und Wärme:Häuser, die sich selbst versorgen

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Immer mehr Bauherren nehmen die Herstellung  von Strom und Wärme in die eigene Hand. Ganz ohne Anschluss ans Stromnetz geht es aber meist nicht.

Von Ralph Diermann

Solarthermie-Initiative in Thüringen; Solarthermie

Solarthermie-Anlagen liefern warmes Wasser für Heizung, Bad und Küche.

(Foto: picture alliance / dpa)

Viel Holz, viel Glas, eine einfache Kubatur mit Schindelfassade - das Modell "Alpenchic" des Fertighausherstellers Baufritz im Musterhauspark Poing bei München macht mit seiner Verbindung von alpenländischer Baukultur und moderner Ästhetik architektonisch viel her. Doch genauso bemerkenswert ist das Gebäude mit Blick auf die Energieversorgung. Baufritz setzt bei Strom und Wärme auf das "Do it yourself"-Prinzip: Im Keller stehen eine Brennstoffzelle und ein Batteriespeicher, im Garten dreht sich ein kleines Windrad, das Dach bedeckt eine große Photovoltaik-Anlage. Als "nahezu energieautark" preist der Hersteller sein Fertighaus an.

Solche Konzepte haben Konjunktur: Mit der Furcht vor steigenden Energiepreisen, der Sorge um das Klima und nicht zuletzt wegen des Preisverfalls bei der Solar- und Speichertechnik wollen gerade private Bauherren die Strom- und Wärmeversorgung immer öfter in eigene Hände nehmen. "Der Trend ist unübersehbar", berichtet Martin Brandis, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Bauunternehmen, Planer und Fertighaushersteller bedienen diesen Wunsch nach Unabhängigkeit mit verschiedenen Energiekonzepten, die ihren Kunden ein hohes Maß an Autarkie versprechen.

Dabei setzen sie vor allem auf die Sonnenenergie. So wird laut einer Studie der RWTH Aachen heute bereits jede zweite Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher verkauft. Damit decken die Haushalte meist zwischen fünfzig und siebzig Prozent ihres jährlichen Strombedarfs, heißt es in der Studie. Künftig könnte die Quote aber noch viel höher liegen, meint Brandis. "Da die Preise für die Speicher weiter fallen werden, dürfte es für Haushalte in absehbarer Zeit wirtschaftlich interessant werden, sich weitestgehend oder gar ganz mit selbst erzeugtem Solarstrom zu versorgen", sagt der Verbraucherschützer. Einen Anschluss ans Stromnetz brauchen die Gebäude dann aber dennoch. Er dient der Absicherung an besonders dunklen Tagen und bei technischen Defekten.

Bei der Wärme ist die solare Selbstversorgung dagegen schwieriger - zumindest für Bauherren, die keinen Passivhaus-Standard anstreben. Zwar lässt sich mit dem Strom vom eigenen Dach auch eine Wärmepumpe betreiben. Im Winter reicht die Kraft der Sonne aber längst nicht aus, um den gesamten Heizenergiebedarf zu decken. Darunter leiden ebenso Solarthermieanlagen, deren Kollektoren warmes Wasser für Heizung, Bad und Küche liefern. Während die Anlagen im Sommerhalbjahr mehr Wärme als benötigt erzeugen, ist ihr Ertrag gerade dann gering, wenn die Energie am dringendsten gebraucht wird. Manche Bauherren installieren daher große Wärmespeicher, um an sonnigen Herbsttagen Heizenergie für den Winter erzeugen zu können. Das hat jedoch seinen Preis: "Bei großen Kollektorflächen und Speichervolumina stellt sich schnell die Frage, ob das wirtschaftlich noch sinnvoll ist", sagt Brandis.

Ganz ohne Versorger oder einen anderen Brennstoff-Lieferanten geht es also meist nicht. Wer beim Autarkiegrad Abstriche macht, spart viel Geld: "Die letzten dreißig Prozent Autarkie kosten so viel wie die ersten siebzig Prozent", sagt Energieberater und -planer Timo Leukefeld. So können Solarthermie-Anlage und -Speicher mit einem ergänzenden Heizkessel für kalte Tage kleiner und damit günstiger ausfallen. Entscheiden sich die Bauherren dabei für einen Holz- statt für einen Gaskessel, machen sie sich zumindest von der fossilen Energiewirtschaft unabhängig. Brennstoffzellen dagegen, wie sie im Baufritz-Haus eingesetzt werden, überwinden die Abhängigkeit nicht - die Anlagen werden mit Erdgas betrieben.

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