Energieberatung für Immobilien:"Was kann man da jetzt machen?"

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Immer mehr Verbraucher interessieren sich für die energetische Bilanz ihrer Wohnung. Unterwegs mit einem Energieberater.

Von Martina Farmbauer

Manfred Giglinger hat Erfahrung in der Energieberatung. Deshalb sagt er: "Spätestens, wenn ich an der Tür klingle, weiß ich, wie viel Energie das Haus verbraucht." Im Fall von Renate und Bernd Auracher, die er an diesem Nachmittag in München-Ramersdorf besucht, stimmt seine Schätzung jedenfalls. Allerdings tippt er erst, als er im Wohnzimmer angekommen ist und gefragt hat, wie alt (mehr als 50 Jahre) und wie groß (90 Quadratmeter) das Haus sei: "Ihr Verbrauch ist 2800 Kubikmeter Gas im Jahr", sagt Giglinger.

Der Energieausweis gibt Aufschluss über die energetischen Verbrauchsdaten eines Hauses. (Foto: Foto: Schierenbeck/dpa/tmn)

Bernd Auracher schlägt in dem Ordner mit den Rechnungen nach - und stellt fest, dass er und seine Frau 2008 tatsächlich 2798 Kubikmeter Gas verbraucht haben. "Das ist auf das Alter bezogen zwar ein mittlerer Wert", sagt Giglinger. Aber wegen der steigenden Energiepreise wollen Renate und Bernd Auracher wie viele Hausbesitzer in Deutschland wissen, was sie tun können, um ihre Kosten zu senken. Deshalb haben sie einen Termin für eine sogenannte Vor-Ort-Beratung mit Giglinger ausgemacht.

Atmosphärischer Kessel

"Was interessiert Sie denn am meisten?", fragt Giglinger. Renate Auracher, blonde Haare, Pony, Pferdeschwanz, antwortet spontan: "Die Heizung." Ihr Mann ergänzt: "Das ist das älteste Teil im Haus. Wir haben das Gefühl, dass man da am ehesten etwas machen kann." Sie haben auch schon überlegt, auf Pellets, Solarthermie oder eine Kombination aus beiden umzusteigen, um unabhängig vom Gas zu sein.

Also führen die Hausbesitzer Giglinger hinunter in den Keller. "Der gute alte Viessmann Edelstahlkessel", ruft Giglinger, als er dort den orangefarbenen Kasten erblickt, der etwa so groß wie eine Waschmaschine ist. Dann erklärt er: "Dabei handelt es sich um einen atmosphärischen Gaskessel. Bei ihm holt sich das Feuer die Luft aus dem Raum."

Der nebenstehende Warmwasserbereiter hat eine ähnliche Verbrennungtechnik wie der Kessel. Er hat eine eigene Gaszufuhr, eine eigene Feuerstelle - und "bedingt durch seine Bauart einen schlechten Wirkungsgrad", sagt Giglinger. "Er sollte eigentlich so verändert werden, dass er durch den Kessel geheizt wird." Doch weil das bei diesem Modell nicht gehe, empfiehlt er, einen neuen Warmwasserbereiter zu kaufen. Dieser würde 3000 Euro kosten.

Mit Blick auf den Kessel fragt der Energieberater: "Machen Sie den im Sommer aus?" Denn wenn man dann auf den Zähler schaue, wisse man, wie viel Gas zur Wassererwärmung notwendig sei - und wie viel man sparen könne. "Ich weiß gar nicht, wie das geht", gibt Bernd Auracher zu. Giglinger zeigt ihm, wie man auf Sommerbetrieb umstellt. Danach kniet er sich vor den Kessel und nimmt die Klappe ab, um auf dem Herstellertypenschild das Baujahr und die Heizleistung abzulesen. "Der könnte ohne Probleme noch einige Jahre laufen", stellt er fest, "aber damit könnte man heute fünf Reihenhäuser warm machen."

Bernd Auracher ist entsetzt: "Den muss mir damals also ein Verrückter eingeredet haben", sagt er. Doch Giglinger beruhigt ihn. Er erklärt, dass in den achtziger Jahren, als die Aurachers den Kessel haben einbauen lassen, Heizleistungen von bis zu 24 Kilowatt üblich gewesen seien.

Als er anschließend ausführt, dass der Abgasverlust mit sieben Prozent jedoch sehr hoch sei, und mit einem Infrarotmessgerät, das etwa so aussieht wie eine Pistole mit einem langen Griff, die Oberflächentemperatur des Kessels, des Warmwasserbereiters sowie der Decke misst, wird Bernd Auracher ungeduldig. "Also was kann man jetzt machen?", fragt er. Giglinger nennt die verschiedenen Möglichkeiten: Auf Brennwerttechnik, Kraft-Wärme-Kopplung oder Pellets umsteigen, wobei jede dieser Alternativen mit Solarthermie kombinierbar sei.

"Für Pellets bräuchte man allerdings eine Lagerstätte", erklärt Giglinger. Beispielsweise eine Zisterne im Garten. "Ja pfui Teufel", entfährt es Renate Auracher. "Natürlich mit Deckel", führt Giglinger aus. "Wenn Sie Wohnraum verbauen wollen, brauchen Sie zwei mal 2,3 Meter für einen Winter." Diesen Platz haben die Aurachers im Moment nicht, aber sie könnten mit Pellets 95 Prozent CO2 sparen. "Und preislich gesehen?", will Bernd Auracher wissen. "Ein Kubikmeter Gas kostet derzeit 70 Cent. Dafür kriegt man dreieinhalb Kilogramm Pellets", rechnet Giglinger vor. "1000 Kubikmeter Gas kosten 700 Euro, eine Tonne Pellets kostet 200 Euro. Zwei Tonnen Pellets entsprechen 1000 Kubikmeter Gas".

Der Hausherr unterbricht ihn: "Um es auf einen Nenner zu bringen: Mit Pellets kann man um die Hälfte sparen." Als er erfahren hat, dass das Umstellen auf die Holzpresslinge bis zu 20.000 Euro kostet, überschlägt er: "Also rentiert es sich in zehn Jahren." Wobei Ausgaben zu berücksichtigen sind, die ohnehin anfallen würden, wenn der Heizkessel erneuert werden müsste.

Nicht ganz dicht

"Da schwirrt einem ja der Kopf", sagt Renate Auracher, als sie mit ihrem Mann und Giglinger wieder im Wohnzimmer angekommen ist. Hier fährt dieser mit einem Finger an der Stelle entlang, wo sich Blatt und Rahmen der Terrassenschiebetür treffen. "Die ist relativ dicht", erkennt der Energieberater. "Sonst würde ich unten kalte Luft spüren." Beim Fenster rechts daneben tut er das. "Wenn man die Heizung ausmachen würde, dann würde man merken, dass es zieht", sagt Giglinger.

Er erklärt, dass man durch das Abdichten von Fenstern bis zu 30 Prozent der Energiekosten sparen könne. Nachdem er wie zuvor im Keller am Kessel, am Warmwasserbereiter sowie an der Decke die Oberflächentemperatur an den Wänden und am Kamin gemessen hat, gehen er und die Aurachers noch ins Dachgeschoss.

Während sich Giglinger hier über den Heizkörper beugt, sagt er: "Das Dach ist der schlimmste Energiefresser. Wann haben Sie Ihres ausgebaut?" Hinter ihm ragen das Regal, der Schreibtisch und die Hälse der E-Gitarren und -Bässe von Bernd Auracher hervor. "Es muss jedenfalls gut gedämmt sein, es ist so warm hier oben", sagt Bernd Auracher. Giglinger stellt fest, dass die Isolierung des Dachs mit zwölf Zentimetern zwar nicht mehr dem aktuellen Standard entspreche, eine Nachbesserung aber unverhältnismäßig sei.

An den Giebelwänden des Reihenmittelhauses findet er keine Stellen, an denen wesentlich Wärme abfließen würde, an den Fenstern aber kommt kalte herein. "Das sind unsere neuesten", ruft Renate Auracher. Immerhin ist ein Nachdichten bei ihnen ebenfalls möglich. "Ob oben am Balken etwas rausgeht, kann man nur sehen, wenn man eine Thermographie macht", sagt Giglinger. "Oder wissen Sie, ob der Schnee liegenbleibt?" Renate Auracher ist sich sicher, denn: "Diesen Träger hat der beste Schreiner von Fischbachau eingebaut", sagt sie. Sie will noch in ihre Küche, weil es da auch zieht - ebenso wie im Flur.

Trotz der vielen Stellen, an denen Wärme entweicht oder Kälte ins Innere des Gebäudes dringt, sind Renate und Bernd Auracher mit dem Ergebnis der Beratung an Ort und Stelle zufrieden, für die sie Giglinger 150 Euro geben. "Ich hatte mir den Zustand des Hauses schlimmer vorgestellt", sagt Bernd Auracher. Seine Frau und er wollen nun die Fenster abdichten und sich eine neue Heizung kaufen.

Von der Pellets-Solarthermie-Kombination sind sie jedoch abgekommen. "Eine zusätzliche Solaranlage kostet mindestens 5000 Euro und man spart 300 Euro im Jahr. Das heißt, sie rentiert sich in 20 Jahren", sagt Bernd Auracher. "Dafür bin ich zu alt." Für jüngere Hausbesitzer als den 58-Jährigen kann sie jedoch durchaus eine Alternative sein.

© SZ vom 20. 02. 2009/als - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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