Endloser Haushaltsstreit:US-Politik ignoriert den Warnschuss

Der ewige Etatstreit in den USA beunruhigt die Finanzmärkte. Die Ratingagentur S&P droht mit einer Herabstufung, weltweit fallen die Aktienkurse. Und was machen Demokraten und Republikaner? Erst mal so weiter wie bisher: mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Der Warnschuss der Rating-Agentur Standard & Poor's ist heftig - doch in der US-Haushaltsdebatte zwischen Demokraten und Republikanern, die zu dem Urteil der Ratingagentur führte, deutet sich keine Wende an. Keine Seite signalisierte vorerst Änderungen ihrer Positionen, die einen Durchbruch beim umstrittenen Themen Ausgabenkürzungen in naher Zukunft erwarten lassen würden.

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US-Präsident Barack Obama ist zuversichtlich, den Haushaltsstreit bald lösen zu können.

(Foto: dpa)

Am Montag hatte die Ratingagentur den Ausblick für die Bewertung der US-Kreditwürdigkeit auf "negativ" von zuvor "stabil" gesenkt und dem weltgrößten Schuldner vor einem Entzug der Bonitäts-Bestnote "AAA" gewarnt. Die Ratingagentur begründete dies mit der Gefahr, dass sich die Politiker in Washington nicht auf einen Kurs zur Reduzierung des ausufernden Schuldenberges einigen können.

Die US-Regierung antwortete mit scharfer Kritik und sprach von einer "politischen Entscheidung" der Ratingagentur, die man zurückweise. Präsident Barack Obama gehe davon aus, dass eine breite Übereinkunft möglich sei, sagte Regierungssprecher Jay Carney. "Wir denken, dass die Politik die Erwartungen von S&P übertreffen wird", sagte Carney.

Abgeordnete beider Parteien machten in ersten Reaktionen der jeweils anderen Seite Vorwürfe. Der republikanische Abgeordnete Eric Cantor sprach in einem Seitenhieb auf die Demokraten von einem Weckruf für diejenigen, die die Schuldenobergrenze blind erhöhen wollten. Der demokratische Abgeordnete Steny Hoyer hielt dagegen, die Warnung belege, dass die Republikaner die Schulden-Obergrenze nicht für politische Spielchen missbrauchen dürften. Es zeige sich, dass "bei all dem Gerede in Washington nichts auf dem Tisch liegt, was sich bewegt", sagte Sean West, Haushaltsexperte der Eurasia Group.

An den Finanzmärkten schlug die Entscheidung hohe Wellen. Die Börsen beiderseits des Atlantiks gaben nach und auch die asiatischen Aktienmärkte tendierten am Dienstag im Minus. Der Dax verlor mehr als zwei Prozent, der Dow Jones knapp zwei und der Nikkei gut ein Prozent.

Tiefer Graben zwischen den Parteien

"Mehr als zwei Jahre nach Beginn der aktuellen Krise haben sich die US-Politiker noch immer nicht geeinigt, wie sie den finanzpolitischen Abwärtstrend umkehren oder den langfristigen Finanzdruck angehen", erläuterten die S&P-Analysten. Die Wahrscheinlichkeit eines Verlusts der Bestnote innerhalb von zwei Jahren bezifferten sie auf mindestens 33 Prozent. Die USA hätten im Vergleich zu anderen Ländern mit der Bestnote "AAA" - wie Deutschland - sehr hohe Haushaltsdefizite. "Wie diese reduziert werden sollen, ist uns nicht klar." Der S&P-Analyst David Beers erklärte, der Graben zwischen den beiden Parteien im Kongress sei noch nie so groß gewesen.

Die Warnung von S&P erhöht den Druck, einen langfristigen Plan zum Schuldenabbau anzugehen. Wegen der Finanzkrise und der von ihr ausgelösten schwersten Rezession der Nachkriegszeit hat sich der Schuldenberg der USA auf mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöht.

Die Neuverschuldung beläuft sich auf fast 1,5 Billionen Dollar oder rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung. Als nächster Streit steht eine Erhöhung der Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar an, ohne die dem Bund in den kommenden Monaten die Zahlungsunfähigkeit droht. Ein entsprechendes Gesetz müsste aber den Kongress passieren, wo eine Kammer von Obamas Demokraten und die andere von Republikanern kontrolliert wird.

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