Einrichtung:Kamel und Kalk

Ein Sofa in einem kräftigen Orange oder die leuchtend rote Tapete sind out. Wie die Möbelmesse zeigt, sind wieder dezentere Farben gefragt.

Die Zeit der grellen Farben im Wohnzimmer ist vorbei. Blickt man sich auf der Möbelmesse IMM Cologne um, scheint es eine Rückbesinnung auf dezentere Töne bei Möbeln und Wohnaccessoires zu geben. "Statt reinen Weißanteilen haben diese Farben eher Anteile von Kamelweiß, Leinenweiß oder Kalkweiß", sagt Axel Venn. Nach ein paar Jahren fröhlich-bunter Ausgelassenheit in den Häusern kehrt nun eine dezentere Farbpalette zurück, prognostiziert der emeritierte Professor für Farbgestaltung und Trendscouting an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. Er hält auf der IMM Cologne (bis 24. Januar) Vorträge zu den aktuellen Farbtrends.

"Ein Knallorange ist eigentlich unerträglich."

Vor einem Jahr waren auf der Messe noch überall knallige Farben zu sehen. Die Aussteller zeigten viele Möbel in kräftigen Tönen. Doch diese Zeiten seien jetzt vorbei, sagt Experte Venn. "Ein Knallorange ist eigentlich unerträglich. Man ist daher auch froh, wenn es endlich weg ist", sagt der Experte. Trendtöne in diesem Jahr seien "helle und getrübte Sorbettöne". Daneben verwendet die Einrichtungsbranche in der mittleren Farbebene vermehrt gerne mitteldunkle, kräftige Blautöne wie Lapislazuli, Preußisch-Blau oder das rotgetönte Aubergine-Blau.

Auch Karsten Brandt, Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Instituts, sieht eine Tendenz zu mehr Gemütlichkeit statt Aufgeregtheit und Extravaganz. Bei den Wandbelägen seien eher zurückhaltende Farben im Kommen, und auch die Muster seien dezenter. "Etwas, woran man sich nach drei Jahren nicht sattgesehen hat", sagt Brandt. Neben metallischen Tönen, wozu auch warmes Bronze und Kupfer gehört, sind bei den Tapeten Beerentöne und dezente Taupe-Nuancen die Trends.

Der Wandel der Farben habe auch etwas mit einem Wandel der Wertigkeit zu tun, meint Venn. Möbel und Wohnaccessoires in getrübten Tönen hätten im Gegensatz zu Knallfarben ein hochwertigeres Aussehen. Wer also diesen Eindruck von seinem Besitz vermitteln oder gar in Produkte investieren will, die ein langes Leben haben sollen, greife eher zu getrübten Farben. Venn spricht hier von einem "sanften Konventionalismus, der sich durchsetzen wird". "Das sind Töne mit Gehalt", sagt der Wissenschaftler. Besonders die Jüngeren ziehe das an. Der Wandel der Farben bleibe länger als nur diese eine Saison in der Einrichtung erhalten, meint Venn. "Das sind Farben, die man vererben kann. Orange vererbt man nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: