Einkünfte im Alter:Das geht aufs Haus

Ausgerechnet der skandalbehaftete US-Immobilienmarkt könnte deutschen Rentnern als Vorbild dienen: Mit den dort üblichen Umkehrdarlehen können ältere Eigenheimbesitzer ihre Immobilie zu Geld machen, ohne zu verkaufen. Was sie wissen sollten.

Angelika Slavik

Der US-Immobilienmarkt gilt seit ein paar Jahren als die Wurzel allen Übels, dort nahm die Finanzkrise ihren Anfang. Dennoch könnten sich viele deutsche Senioren bald ausgerechnet Amerikas Rentner zum Vorbild nehmen: seit wenigen Monaten werden in Deutschland sogenannte Umkehrdarlehen angeboten, eine Produktidee, die aus den USA kommt. Eigenheimbesitzer können so mit Hilfe ihrer Immobilie ihr monatliches Einkommen aufbessern, ohne das Haus verkaufen zu müssen. Bislang gibt es nur wenige Anbieter. Viele Bausparkassen und Förderbanken basteln noch an der Konzeption ihres Produktes. Die Institute gehen mit einem Umkehrdarlehen erhebliche Risiken ein - was sich wiederum auf die Konditionen für die Kunden auswirkt. Was Hausbesitzer bedenken sollten.

ZWANGSVERSTEIGERUNG VON ELFRIEDE HEIDRICH HAUS

Rentnerin vor Eigenheim: Mit Umkehrdarlehen die Finanzen im Alter aufbessern.

(Foto: ag.dpa)

Wie funktionieren Umkehrdarlehen genau?

Immobilieneigentümer, die sich für ein Umkehrdarlehen entscheiden, bekommen von der Bank entweder eine Einmalzahlung oder eine, meist lebenslange, monatliche Rente. Im Gegenzug wird ihr Haus mit der Summe der ausbezahlten Beträge, inklusive Zinsen, belastet, die Immobilienbesitzer werden auf diesem Wege also noch einmal zu Darlehensnehmern. Zurückgezahlt werden muss das Geld aber erst am Ende der Vertragslaufzeit - und die Laufzeit endet mit dem Tod des Kreditnehmers. Die Erben können dann entscheiden, ob sie das Darlehen zurückzahlen und das Haus behalten möchten, oder ob die Immobilie an die Bank fällt, die mit dem Verkaufserlös das Kreditkonto ausgleicht.

Wie hoch ist die monatliche Belastung?

Eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Hausbesitzer entsteht bei Umkehrdarlehen nicht, auch bei einer Einmalauszahlung müssen weder Zins noch Tilgung bezahlt werden. Dennoch werden für den ausgezahlten Betrag natürlich Zinsen berechnet, der Schuldenstand bei der Bank wächst also stetig.

Wo liegt der Unterschied zu einer Leibrente?

Bei einer Leibrente verkauft der Besitzer sein Haus und bekommt dafür eine Rente und lebenslanges Wohnrecht. Die Eigentumsverhältnisse ändern sich aber im Moment der Vertragsunterzeichnung - und er Hausbewohner ist damit einen Gutteil seiner Rechte los. Zudem birgt eine Leibrenten-Regelung das Risiko, finanziellen Verlust zu machen: Wenn der Bewohner zwei Monate nach Vertragsabschluss stirbt, hat der Käufer für ein paar tausend Euro ein Haus erworben, das vielleicht das Hundertfache wert ist.

Das geht aufs Haus

Bei einem Umkehrdarlehen bleibt das Haus im Besitz des Kreditnehmers, am Grundbucheintrag ändert sich nichts. Zudem ist der finanzielle Verlust bei einem frühen Tod minimiert: Stirbt der Kreditnehmer nur wenige Monate nach Vertragsabschluss, sind auch die Schulden bei der Bank gering. Erzielt das Institut beim Hausverkauf einen Erlös, der über die Darlehenssumme hinausgeht, bekommen die Erben den Restbetrag.

Wer kann Umkehrdarlehen nutzen?

Das Produkt ist für ältere Menschen konzipiert, es gibt also ein Mindestalter, das je nach Anbieter variiert. Etwa ab dem 60. Geburtstag könnte ein Umkehrdarlehen interessant sein - insbesondere für Menschen, die keine Kinder haben oder die wissen, dass die Familie das zu vererbende Haus ohnehin verkaufen und nicht selbst nutzen wird. Wichtige Voraussetzung: Die Immobilie muss grundsätzlich schuldenfrei sein. Nur bei kleineren Restschuldbeträgen könnte sich die Bank kulant zeigen.

Wie viel Geld kann man erwarten?

Umkehrdarlehen sind für die Bank mit vielen Risikofaktoren behaftet: Die Immobilienpreise könnten sinken, der Kreditnehmer könnte wesentlich älter werden als statistisch gesehen zu erwarten ist. All diese Aspekte werden bei der Kalkulation berücksichtigt - und die Institute sind vorsichtig. ,,Die Beleihungswerte sind oft sehr gering, liegen manchmal nur bei 30 bis 40 Prozent des tatsächlichen Immobilienwerts'', sagt Gunnar Lang vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Fallweise würden die monatlichen Raten also deutlich weniger als 200Euro betragen - nicht für jeden lohnt sich der Aufwand für diese vergleichsweise geringe Summe. Grundsätzlich gilt: Je älter die Immobilienbesitzer bei Vertragsabschluss schon sind, desto höher fällt die monatliche Zahlung aus.

Welche Nachteile gibt es?

Neben den oft geringen Auszahlungssummen wird natürlich der Wert des Erbes gemindert. Das kann in Hinblick auf die Erbschaftsteuerbelastung möglicherweise sogar ein Vorteil sein, aber dennoch zu Unstimmigkeiten in der Familie führen. Dazu kommt: In vielen Verträgen führt nicht nur der Tod der Kreditnehmer zum Darlehensende, sondern auch ein Umzug - etwa in ein Pflegeheim. Wer also einmal auszieht, kann womöglich nicht mehr in sein Haus zurück.

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