Einkaufen im Netz:Einmal bitte mit Service

Flachbildfernseher, Spülmaschinen, Handys - natürlich kann man mit ein paar Klicks alles online kaufen und dabei oft Geld sparen. Aber eines gibt es im Netz nicht und das ist unbezahlbar: Dienstleistung und Service. Jemand, der das Gerät anschließt, der berät und vielleicht sogar repariert. Ein Plädoyer für den Fachhändler von nebenan.

Hannah Wilhelm

Gut jedes zehnte Elektrogerät wird mittlerweile online gekauft. Tendenz steigend. Bei Computern liegt die Quote sogar schon bei 15 Prozent. Keine Frage: Fernseher, Handys, Laptops gehören zu den Dingen, die Menschen gerne im Internet bestellen. Sie wollen so unter anderem Geld sparen. Noch häufiger werden Bücher im Netz gekauft: Mittlerweile ist es fast jedes fünfte - laut einer Untersuchung des Web-Research-Centers der Hochschule Niederrhein. Ist ja auch praktisch, keine Frage. Ja, das Internet hat die Einkaufsgewohnheiten der Menschen verändert. Und dieser Trend ist unumkehrbar.

Transistorfernseher von 1963

Der Fachhändler ist keinesfalls ein Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert.

(Foto: dpa)

Doch die Zeit der Fach- und Einzelhändler ist deshalb noch lange nicht vorbei. Wer Untergangsszenarien malt, liegt damit falsch. In der Medienbranche gibt es dazu das sogenannte Riepl'sche Gesetz. Wolfgang Riepl war Anfang des 20. Jahrhunderts Chefredakteur der Nürnberger Zeitung und formulierte damals folgendes Gesetz: Ein neues Medium, das auf den Markt tritt, wird ein altes Medium nicht komplett ersetzen oder verdrängen. Stattdessen verändern die alten Medien in einer solchen Situation ihre Aufgaben und Funktionen.

Zum Beispiel das Radio: Es war zunächst ein Rundum-Medium. Als das Fernsehen kam, spezialisierte es sich auf zwei Hauptfunktionen: die aktuelle Information und die Nebenbei-Berieselung durch Musik. Ganz ähnlich wird es auch mit dem Onlinehandel sein. Er wird den Einzelhandel vor Ort verändern, aber nicht komplett ersetzen. So werden sich die Läden auf ihre Vorteile besinnen müssen. Zum Beispiel darauf, dass Produkte im Laden erfahrbar sind: Der Kunde kann sie anfassen, ausprobieren, erleben. Deshalb wird es immer mehr Flagshipstores von großen Marken geben: so wie zum Beispiel die Apple Stores, die alle so lieben. Offensichtlich, sonst wären sie nicht immer so brechend voll, dass man fast Atemnot bekommt.

Experten sehen den Marktanteil des Onlinehandels insgesamt auf Dauer zwischen zehn und 20 Prozent. Es wird keine Revolution geben. Auch die kleinen Fachhändler von nebenan werden nicht komplett verschwinden, nein. Denn auch sie haben einen Vorteil, den sie ausspielen können: Sie sind Dienstleister. Sie können was, sie wissen viel. Zu viele Konsumenten haben schon mal dankend auf Fachkenntnis und Service verzichtet und in voller Onlinebegeisterung Geräte im Internet bestellt - die sie dann aber nicht zum Laufen brachten. Oder der Fernseher, das Telefon oder die Spülmaschine gingen nach einer Zeit kaputt - und man wusste dann nicht recht, wen man anrufen und um Hilfe bitten kann.

"Den müssen wir einschicken. Kann sechs Wochen dauern."

Frustrationserlebnisse, die man ähnlich auch bei großen Elektromärkten haben kann. Wo die Preise zwar gefühlt geringer sind, der Service aber eben auch. Wo man dann irgendwann mit dem mit Mühe im Auto transportierten Flachbildfernseher an einem Schalter steht und der Herr mit der Weste sagt: "Den müssen wir einschicken. Sie bekommen dann Nachricht, ob eine Reparatur sich lohnt. Kann sechs Wochen dauern." Ja, ja.

Ebendiese Frustration führt den kleinen Fachhändlern wieder Kunden zu. Herrn G. zum Beispiel. Herr G. verkauft nahe München Fernseher, und er kann etwas ganz Ungeheuerliches: Er kann die Geräte installieren und auch reparieren. Vor allem Letzteres ist eine überraschende Tatsache - denn irgendwie hat man sich in unserer heutigen Gesellschaft daran gewöhnt, dass Elektrogeräte genau die Garantiezeit von zwei Jahren halten und sich dann bald mit einem lauten Knall (wenn sie zur Dramatik neigen) oder meistens stillschweigend verabschieden. Und sich die Reparatur eben nicht mehr lohnt.

Herr G. berät. Fragt nach der Größe des Wohnzimmers und der Entfernung zum Sofa, um die geeignete Bildschirmgröße ermitteln zu können. Er kommt vorbei. Er montiert den Flachbildschirm in der richtigen Höhe an die Wand, schließt die X-Box der Kinder an, bringt die Sender in die gewünschte Reihenfolge (die Sky-Bundesliga-Kanäle ganz nach vorne), besorgt eine externe Festplatte, damit man alles bei Bedarf aufnehmen kann. Wenn das nicht genau wie gewünscht funktioniert, dann schaut er noch mal vorbei. So oft bis eben alles klappt. Und er berechnet dafür keine Fahrtkosten.

Herr G. kann sich vor Aufträgen nicht retten. Am liebsten wäre es ihm, wenn seine Telefonnummer nicht mehr im Internet zu finden wäre. Sagt er. Ja, das Internet. Es ist keine Konkurrenz für Herrn G. Auch wenn jedes zehnte Elektrogerät mittlerweile online gekauft wird. Tendenz steigend. Ihn wird es weiter geben. Zum Glück.

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