Einigung in Brüssel:Alle EU-Bürger bekommen Recht auf Bankkonto

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Geld überweisen, online einkaufen, am Geldautomaten abheben: Zu diesen Alltagsdienstleistungen haben Millionen Europäer keinen Zugang, sie bekommen kein Konto. Die EU will nun einen gesetzlichen Anspruch einführen - auch in Deutschland ist das ein Durchbruch.

Alle Bürger in der EU sollen künftig einen gesetzlichen Anspruch auf ein Bankkonto haben. Mit diesem Girokonto könnte der Kunde grundlegende Funktionen nutzen - etwa Geld überweisen, Bargeld am Automaten abheben oder Online-Überweisungen machen. Darauf haben sich Unterhändler von Europaparlament, EU-Kommission und EU-Staaten in Brüssel geeinigt. Parlament und Staaten müssen das Gesetz noch verabschieden. Dies ist für April geplant und gilt als Formalie.

Mit dem Vorhaben will die EU sozial Schwächere stärken. Schätzungsweise 25 bis 30 Millionen Europäer über 15 Jahren können nach EU-Angaben bisher kein Konto eröffnen, obwohl sie es möchten. Gründe dafür sind etwa, dass sie obdachlos sind oder finanzielle Schwierigkeiten haben.

Die Vorgaben sollen nach Parlamentsangaben spätestens im Frühjahr 2016 in Kraft treten. Damit bekämen auch deutsche Kunden einen Rechtsanspruch auf ein "Girokonto für Jedermann", den es hierzulande bislang nicht gibt. Die Banken haben sich nur freiwillige Selbstverpflichtungen gegeben, bisher sind aber nur in einigen Bundesländern die Sparkassen dieser Empfehlung gefolgt. In Deutschland sind nach Schätzungen etwa 670 000 Bürger ohne Konto, also knapp ein Prozent der Verbraucher. Die Neuregelung sei daher auch für das "Wirtschaftswunderland" Europas ein Durchbruch, sagte der deutsche Grüne Sven Giegold.

Bessere Vergleichbarkeit und leichterer Wechsel

Ob der Inhaber sein Konto grundsätzlich oder nur um einen bestimmten Betrag überziehen kann, können die EU-Staaten selbst festlegen. Das Girokonto muss nicht prinzipiell kostenlos sein, wie etwa die Linke gefordert hatte, sondern soll lediglich "vernünftige Gebühren" haben, teilte das Parlament mit. Der Rechtsanspruch auf ein Girokonto soll bei einer "ausreichenden Zahl" an Geschäftsbanken im Heimatland gelten - aber nicht grundsätzlich bei jeder Bank.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der den Vorschlag gemacht hatte, begrüßte den Kompromiss. "Die heutige Einigung bringt uns dem Ziel einen Schritt näher, dass alle europäischen Bürger voll am gesellschaftlichen Leben teilhaben können", sagte er laut Mitteilung.

Das neue Gesetz soll insgesamt allen Bankkunden mehr Rechte geben. So sollen Verbraucher leichter die Konditionen von Girokonten vergleichen und die Bank wechseln können - auch über Grenzen hinweg.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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