Eigenbedarf:Des Vermieters liebster Grund

Wer eine Wohnung vermietet, möchte vielleicht irgendwann selber einziehen. Aber so einfach muss der Mieter nicht davonziehen, denn der Eigentümer braucht gute Gründe für die Kündigung.

Andreas Lohse

Wer eine Wohnung besitzt, möchte sie vielleicht irgendwann selber nutzen. Oder sie seinen Angehörigen zur Verfügung stellen. Pech für den Eigentümer, wenn sie gerade vermietet ist. Pech aber auch für den Mieter, der dann vermutlich bald eine Kündigung in seinem Briefkasten findet. Die Anmeldung von "Eigenbedarf" ist aber nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt.

Grund für die Kündigung

Ein Mietverhältnis kann der Vermieter nur dann kündigen, wenn er ein "berechtigtes Interesse an der Beendigung hat", heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB § 573). Das trifft zum Beispiel dann zu, wenn er die Räume "für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Hausstandes benötigt". Gerichte haben jedoch immer wieder im Einzelfall zu entscheiden, welche Interessen nun "berechtigt" sind, aber auch beispielsweise bis zu welchem Verwandtschaftsgrad der Vermieter noch von "Angehörigen" sprechen darf.

Wer verwandt ist

Als Faustregel gilt: Der über die bloße Verwandtschaft hinausgehende soziale Kontakt muss um so enger sein, je entfernter der Verwandtschaftsgrad ist. Enge Verwandte in auf- oder absteigender Linie gehören immer zum begünstigten Personenkreis.

Doch kann der Mieter auch schlechte Karten haben, wenn der Hauseigentümer Eigenbedarf anmeldet, weil er die Wohnung für seine Schwiegermutter benötigt, obwohl sie keine enge Verwandte ist (LG Köln, Az. 12 S 395/91).

Selbst eine Großcousine des Vermieters galt in einem Fall als Familienangehörige, zu deren Gunsten eine Eigenbedarfskündigung in Betracht kam. Allerdings forderten die Richter neben der Verwandtschaft eine "besondere persönliche Beziehung des Vermieters zu dem Angehörigen", die hier aus "der Fürsorge für die Familie" erwuchs (LG Stuttgart, Az. 6 S 404/97).

Wenn sich der Grund auflöst

Hat der Vermieter gekündigt und der Mieter die Wohnung geräumt, ohne dass der Eigentümer danach seinen Wunsch nach Eigennutzung umsetzt, liegt der Verdacht nahe, dass der Kündigungsgrund vorgeschoben war und womöglich nur dazu dienen sollte, einen unliebsamen Nörgler loszuwerden. Der Vermieter müsse dann schon sehr "überzeugend auf hohem Niveau darlegen", dass der Eigenbedarfsgrund erst nach Auszug des Mieters entfallen sei.

Fällt der Grund für die Kündigung weg, noch bevor der Bewohner ausgezogen ist, hat dies der Vermieter "ohne weitere Aufforderung mitzuteilen" (LG Lübeck, Az. 14 S 386/98). Wird im Verlauf des Räumungsstreits eine Alternativwohnung für den Mieter im Haus des Vermieters frei, muss der Vermieter sie dem verklagten Mieter anbieten (LG Wuppertal, Az. 10 S 430/97).

Schutz für Härtefälle

Doch muss der Gekündigte nicht immer ausziehen, selbst wenn tatsächlich Eigenbedarf vorliegt und alle Formvorschriften eingehalten sind. In Härtefällen wie beispielsweise bei fehlendem Ersatzwohnraum, hohem Alter, Gebrechlichkeit, Krankheit, Schwangerschaft oder langer Mietdauer lässt sich im Einzelfall mit Hilfe der so genannten Sozialklausel mitunter die Fortsetzung des Mietverhältnisses erreichen (BGB § 574).

Eigenens Schlafzimmer für den Rückzug

Allerdings können auch etwas kuriose Umstände Eigenbedarf begründen. So fanden die Richter es rechtens, dass einem Mieter, der im selben Haus wohnte wie der Vermieter, gekündigt wurde, weil der Eigentümer dessen Räume als Schlafzimmer für seine Ehefrau benötigte: Sie sollte endlich Ruhe vor ihm finden - der Mann war krankhafter Schnarcher (LG Koblenz, Az. 14 S 216/98).

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