Süddeutsche Zeitung

Ecclestone und die BayernLB:Im ersten Gang vorwärts

Auftritt beim Staatsanwalt: Bernie Ecclestone ist bei seiner Vernehmung nicht mehr ganz so wortkarg wie zuvor. Dabei spielen auch eigene Interessen eine Rolle: Einen Haftbefehl kann sich der Formel-1-Chef nicht erlauben.

K. Ott und N. Richter

In der Formel 1 mögen die Rennteams kommen und fahren, Chef aber bleibt immer Bernie Ecclestone. Der 80-jährige Brite weist oft darauf hin, dass er sich nichts gefallen lässt - zuletzt wieder bei der Münchner Staatsanwaltschaft, wo er am 6. April ausgesagt hat.

Die Ermittler wollten wissen, ob er Geld an den früheren BayernLB-Manager Gerhard Gribkowsky überwiesen habe. Ist Ecclestone vielleicht sogar erpresst worden? Ob sie glaubten, dass er sich bedrohen lasse, soll Ecclestone sinngemäß geantwortet haben. Er lasse sich Einschüchterungen nicht bieten - auch dann nicht, wenn der Andere deutlich größer sei als er selbst. Oder hat Ecclestone für teure Ratschläge Gribkowskys bezahlt, wie es Gribkowsky selbst behauptet hat? Nein, er habe keine Beratung nötig, sagte Ecclestone sinngemäß, weder durch Gribkowsky, noch durch sonst jemanden.

Ecclestone ist offenbar nicht gut zu sprechen auf Gribkowsky. Der war einst Vorstand der BayernLB und verantwortlich für die Rennserie, die der Staatsbank bis 2006 gehörte. Nachdem die Bayern die Formel 1 an den Investor CVC verkauft hatten, erhielt Gribkowsky, mutmaßlich von Ecclestone, 50 Millionen Dollar. Warum? Es könnte sich nun langsam aufklären - Ecclestone scheint mit den Ermittlern kooperieren zu wollen.

Bei seiner Beschuldigtenvernehmung erklärte er am 6. April aber wohl nicht genau, wofür Gribkowsky so viel Geld bekam. Dass er mit der Zahlung zu tun hatte, bestritt Ecclestone aber nicht mehr so vehement wie noch Anfang des Jahres. Da hatte er öffentlich beteuert, von illegalen Zahlungen gar nichts zu wissen.

Der Formel-1-Chef hätte darauf setzen können, dass die Münchner Ermittler an der Unübersichtlichkeit internationaler Finanztransaktionen scheitern und ihm nichts nachweisen würden. Die Zahlungen an Gribkowsky stammen von Briefkastenfirmen auf Mauritius und den Britischen Jungferninseln, von dort ist keine Rechtshilfe zu erwarten. Doch angesichts der Verhaftung Gribkowskys vor bald vier Monaten war Ecclestone diese Taktik wohl zu riskant.

Den Haftbefehl vermeiden

Wenn er jetzt bei der Aufklärung hilft, hat das für ihn zwei Vorteile: Erstens kann er auf längere Sicht darauf hoffen - wenn überhaupt -, mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. Zweitens muss er nicht mehr fürchten, verhaftet zu werden. Ecclestone pflegt alle Rennen der Formel 1 noch immer selbst zu besuchen, dort am Rande der Strecken fädelt er noch immer wichtige Geschäfte ein.

Das deutsche Rennen findet Ende Juli am Nürburgring statt. Hätte Ecclestone mit einem deutschen Haftbefehl gerechnet, hätte er dort absagen müssen - allerdings nicht nur dort: Wegen des Europäischen Haftbefehls hätte er sich in der gesamten EU nicht mehr sicher fühlen können, weder bei den Autorennen in Spanien oder Italien, noch an seinem Schreibtisch im Zentrum Londons.

Der Chef des größten Mobilitätszirkus der Welt aber kann es sich nicht leisten, von Strafverfahren gelähmt zu werden. Erst am Mittwoch musste er wieder Berichten entgegentreten, sein Lebenswerk könne neuen Eigentümern in die Hände fallen: Diesmal will angeblich Medienmogul Rupert Murdoch eine Allianz mit dem Telekom-Unternehmer und Milliardär Carlos Slim schmieden, um die Rechte an der Formel 1 zu kaufen.

Ecclestone will Formel 1 verteidigen

Murdoch könnte die Show dann in vielen Ländern exklusiv in seinem Bezahlsender Sky zeigen, etwa in Großbritannien. Einen ähnlichen Plan hatte einst auch der deutsche Unternehmer Leo Kirch verfolgt; doch waren viele Autokonzerne dagegen, weil sie sich aus Werbezwecken ein breites Fernsehpublikum wünschen.

Ob das Murdoch-Bündnis zustande kommt und ob Formel-1-Eigner CVC überhaupt verkaufen will, war am Mittwoch unklar. CVC hatte erst jüngst Verkaufsabsichten dementiert. Ecclestone jedenfalls erklärte, die Formel 1 sei nicht zu verkaufen, die Berichte seien "Müll".

Ähnlich hatte sich Ecclestone über erste Berichte geäußert, wonach er Gribkowsky bezahlt habe. Daran gibt es inzwischen allerdings kaum noch Zweifel. Vermutlich hat Ecclestone mit Millionen Dollar den Deutschen dafür belohnt, dass der die Formel 1 an den Investor CVC verkaufte, der wiederum Ecclestones Wunschpartner war. Damit konnte Ecclestone Chefmanager bleiben und die langjährigen Machtkämpfe mit der BayernLB endlich hinter sich lassen. "Damit hat Ecclestone sein Reich zurückbekommen", heißt es in Behördenkreisen.

Sagt Gribkowsky aus?

Die Staatsanwaltschaft interessiert sich noch für etliche Figuren der Formel 1. Etwa für Luc Argand, einen Genfer Anwalt und langjährigen Vertrauten Ecclestones. Argand wollte sich mit Verweis auf die Ermittlungen nicht äußern. Oder für Stephen Mullens, einen britischen Anwalt, der sich um die Angelegenheiten der Ecclestone-Holding Bambino kümmerte. Interessant wäre auch eine Aussage von Donald Mackenzie, dem CVC-Manager, der mit Gribkowsky und Ecclestone über den Kauf der Formel 1 verhandelte. Und schließlich: Ringt sich auch Gribkowsky dazu durch, auszusagen?

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SZ vom 21.04.2011/ema/pak
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