Ebay-Urteil zu Ein-Euro-Auto:Wie Sie aus miesen Geschäften aussteigen können

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Schnäppchen wollen bei Ebay Anbieter und Käufer machen. Manchmal ist das Geschäft aber nur für eine Seite gut. (Foto: Justin Sullivan/AFP)

Tragisch, wenn man für ein Auto beim Internet-Auktionshaus Ebay nur das Mindestgebot von einem Euro bekommt. Da hilft auch ein Abbruch der Auktion nichts mehr. Wie man aus schlechten Ebay-Deals trotzdem noch herauskommt, verrät ein Anwalt.

Von Wolfgang Janisch

Wer an diesem Mittwoch bei Ebay einen VW Passat suchte, der konnte unter 2000 Euro in diverse Auktionen einsteigen. Auch Gebote unter 1000 Euro waren möglich - wobei ein Wagen, der dann für 134 Euro wegging, doch ziemlich lädiert war ("Teilelieferant für Bastler"). Wer an diesem Mittwoch beim Bundesgerichtshof (BGH) war, der stellte fest, dass es noch günstiger geht. Dort ging es um ein echtes Schnäppchen: um einen Passat im Wert von 5250 Euro, der für einen Euro ersteigert wurde - und zwar juristisch wirksam, urteilte der BGH.

Der Verkäufer hatte seinen Gebrauchtwagen für das Mindestgebot von einem Euro bei Ebay eingestellt und vermutlich auf eine preistreibende Versteigerungseuphorie gehofft. Zehn Tage sollte die Sache laufen, bald bot jemand den ersten Euro, doch schon nach wenigen Stunden brach der Verkäufer die Auktion ab - weil ihm außerhalb von Ebay jemand 4200 Euro geboten hatte. Das Höchstgebot auf Ebay zu diesem Zeitpunkt: ein Euro.

Der BGH hat entschieden, dass damit ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Wer einen Artikel auf Ebay anbietet, macht damit ein verbindliches Angebot - und wer das höchste Gebot abgibt, nimmt dieses Angebot an. Kleines juristisches Einmaleins. Zwar kann man nach der BGH-Rechtsprechung ausnahmsweise von einem Vertrag loskommen, wenn dieser "sittenwidrig" ist, weil ein "grobes Missverhältnis" zwischen Wert und Preis besteht, das auf eine "verwerfliche Gesinnung" eines Beteiligten schließen lässt.

Sittenwidrigkeit, verwerfliche Gesinnung: Laut BGH passt diese Konstruktion nun gerade nicht auf das Geschäftsmodell Ebay: "Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen", erläuterte die Senatsvorsitzende Karin Milger.

Wer aus einer laufenden Ebay-Auktion aussteigen will, der muss eine plausible Geschichte haben. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Der Käufer ist vermutlich ein "Abbruchjäger"

Der Anbieter muss sich also auch bei vorzeitigem Abbruch am Schnäppchenpreis festhalten lassen. Der Ein-Euro-Bieter kann daher den Wert des anderweitig verkauften Autos verlangen-5250 Euro. BGH-Anwalt Ekkehart Schott hatte eingewandt, dass der Käufer vermutlich einer jener "Abbruchjäger" sei, die durch Vielfachgebote auf die Unkenntnis von Verkäufern über die Folgen eines Auktionsabbruchs spekulierten. Das könne man schon als Rechtsmissbrauch sehen.

Dem hat sich der BGH zwar nicht angeschlossen. Allerdings hat das Gericht Anfang 2014 einen Ausweg aufgezeigt. Von einem ungünstigen Deal kann sich lösen, wer sich auf einen gesetzlichen Grund zur Anfechtung des Vertrags beruft - etwa auf einen "Irrtum" über den Zustand der Ware. Damals hatte ein Bieter einen Kfz-Motor auf Ebay angeboten, dann aber die Auktion abgebrochen - wegen eines besseren Angebots, wie er zunächst einräumte. Im Prozess fiel ihm dann aber ein, dass der Motor ja gar keine Zulassung zum Straßenverkehr habe - ein "relevanter Irrtum", der auch nach den Ebay-Geschäftsbedingungen dazu berechtigt, sich von seinem Angebot zu lösen.

Die Konsequenz aus diesem Urteil liegt auf der Hand. Wer aus einer laufenden Auktion aussteigen will, der muss eine plausible Geschichte haben - nachträglich entdeckter Unfallschaden, unerkannter Defekt, solche Dinge. Der Rostocker Anwalt Johannes Richard drückt es deutlicher aus: "Wenn man aus der Nummer raus will, muss man sich etwas ausdenken." Freilich muss er die Geschichte am Ende auch beweisen können.

Im BGH-Fall um die angeblich fehlende Motorzulassung - klang ja irgendwie nach Ausrede - hat das Landgericht Braunschweig dem Verkäufer im zweiten Durchgang recht gegeben. Allerdings nur, weil der Käufer seine Zweifel an der merkwürdigen Geschichte zu spät vorgebracht hat; ein Beweisantrag war da nicht mehr möglich.

© SZ vom 13.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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