E+Y:Neue Risiken

Das Beratungsunternehmen spürt Immobilientrends in Deutschland nach und fragt nach Risiken, die die politische Lage in Europa und die Zinswende in den USA mit sich bringen.  Auch das knappe Angebot  könnte den Markt bremsen.

Die Nachfrage nach deutschen Immobilien bleibt 2017 hoch. Besonders gesucht sind Büros in Berlin, Stuttgart, Hamburg und München, Wohnungen am ehesten in Frankfurt. Das sind die Trends, die das Beratungsunternehmen EY Real Estate bei einer Umfrage unter 135 Investoren herausgefiltert hat. In diesem Jahr dürften in Deutschland Immobilien im Wert von 60 bis 65 Milliarden Euro den Eigentümer wechseln, weit mehr als im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts (44,3 Milliarden). Partner Christian Schulz-Wulkow fasst die Lage der Immobilienbranche so zusammen: "Derzeit ist alles auf Grün."

Das wird wohl nicht so bleiben. Sollten die USA Strafzölle auf deutsche Autos erheben, dadurch die Industrie zum Abbau von Jobs zwingen, ginge das am Immobilienmarkt nicht spurlos vorbei. "Der Immobilienmarkt kann sich nicht von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln", sagt der Experte.

Außerdem dürften die Zinsen in den USA schneller steigen als in Europa, sodass Investoren ihr Geld eher in Nordamerika anlegen könnten. Das ist von Bedeutung, weil 43 Prozent aller gewerblichen Immobilientransaktionen hierzulande zuletzt von Ausländern getätigt wurden. Die EY-Berater sagen ihren Kunden, sie sollten sich mit Liquiditätsreserven vorbereiten, falls die Zinsen schneller steigen als vermutet, Gelder aus dem Markt abgezogen werden oder Mieter ausfallen. Die Folgen des Brexit zeichnen sich am ehesten am Frankfurter Wohnungsmarkt ab, wo die Preise weiter steigen. Schulz-Wulkow erklärt dies mit dem extrem engen Markt in Frankfurt. Bei den Büros wirke sich das bisher nicht aus, zumal Londoner Banker auch Paris und Dublin sehr attraktiv fänden.

Unter den Käufern rangieren Versicherer und Pensionsfonds ganz oben

Der Umfrage zufolge finden 96 Prozent den deutschen Immobilienmarkt attraktiv bis sehr attraktiv. Die Nachfrage trifft jedoch auf ein knappes Angebot. Die Deals werden kleinteiliger, Parkhäuser, Pflegeheime, Studentenwohnheime und Mikroapartments stehen zunehmend neben Hotels, Einzelhandelsimmobilien, Büros und Wohnungen auf den Einkaufszetteln der Investoren. Büros und Wohnungen dürften in besten Lagen noch einmal teurer werden, zum Beispiel in Berlin. "Das liegt an der vitalen Start-up-Szene der Stadt", sagt Schulz-Wulkow.

Den Höhepunkt erreichte der Immobilienboom in Deutschland 2015, als Häuser und Wohnungen im Wert von 79 Milliarden Euro verkauft wurden. Zum Vergleich: 2009 waren es als Folge der Finanzkrise nur 13,4 Milliarden Euro. 2016 ging der Transaktionswert auf 65,7 Milliarden Euro leicht zurück, Milliarden-käufe wie die Officefirst-Übernahme durch Blackstone und der Convert-Deal von Vonovia blieben die Ausnahme.

Deutsche Käufer dominierten bei Wohnungen und Büros. 80 Prozent der Befragten rechnen mit steigenden Preisen bei Wohnungen, aber auch in den Bereichen Logistik und Hotels. Aber die Renditen im Bürobereich sind in Berlin und München auf 3,3 Prozent gesunken. Unter den Käufern rangieren Versicherer und Pensionsfonds ganz oben, gefolgt von Kapitalsammelstellen, also Fonds aller Art. Dagegen kommt von Banken oder dem Staat kaum Nachfrage. Überzogene Preisvorstellungen und überzogene Risiken nennen die Befragten als die größten Kaufhindernisse. Da geht es vor allem um Garantien, die in den Verträgen ausgeschlossen werden. Beim Eigenkapital werden die Banken wieder großzügiger. Kredite von 80 bis 90 Prozent der Kaufsumme sind keine Seltenheit mehr, das war schon mal auf 60 Prozent gesunken.

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