Dresdner Bank:Krematorien und ein teurer Lehrling

Die Geschichte der Dresdner Bank ist eng mit der Historie Deutschlands verknüpft - ein Abschied nach 136 Jahren.

Markus Zydra

Die Nachricht kam überraschend. Im September 1977 kündigte Hans Friderichs seinen Rückzug aus der Politik an und wechselte in den Vorstand der Dresdner Bank. Der FDP-Politiker und langjährige Wirtschaftsminister sollte aufgebaut werden zum neuen Chef.

Zwei Monate zuvor war Jürgen Ponto, der langjährige Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank, von der RAF erschossen worden. Friderichs hatte einen guten Ruf, doch als Bankchef musste der Jurist noch einiges lernen. Die Kollegen gaben ihm neun Monate. Im Mai 1978 übernahm Friderichs - nach eigenen Worten "der teuerste Banklehrling aller Zeiten" - die Spitzenposition, die er innehatte bis 1985, als er wegen der Flick-Spendenaffäre zurücktrat.

Dresdner als SS-Bank

Schon diese Episode macht deutlich, dass die Dresdner Bank mitunter sehr nahe dran war an dem politischen Geschehen im Lande. Mitunter stand das Kreditinstitut auch mitten drin, im Dritten Reich etwa, als sich die Dresdner als SS-Bank etablierte. Das will so gar nicht passen zu ihrer späteren Werbebotschaft, die bieder Kunden köderte und Vertrauen einwarb "mit dem grünen Band der Sympathie".

Die Details aus den Nazijahren kamen sehr spät ans Tageslicht, die Bank hatte sich lange geweigert, Fehler zuzugeben. Erst Druck aus den USA und die Furcht vor Sammelklagen zwangen das Institut 1997 dazu, die Archive zu öffnen. Im Jahr 2006 veröffentlichte ein Team von Historikern den Bericht "Die Dresdner Bank im Dritten Reich", in dem die Verstrickungen mit dem Naziregime deutlich wurden.

Wie die Forscher herausfanden, war das Geldinstitut Großaktionär einer Firma, die das Vernichtungslager Auschwitz mitgebaut hat: Huta, eines der führenden Bauunternehmen der NS-Zeit, errichtete mindestens zwei Krematorien für die industrielle Menschenvernichtung, außerdem Wirtschafts-, Wohn- und Entlausungsbaracken. Seit 1910 stellte die Bank immer wieder den Vorsitzenden des Huta-Aufsichtsrats. Darüber hinaus verdiente die Hausbank der SS stark an der Ostexpansion des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg.

Unter Ponto zur Universalbank

Gegründet wird die Bank am 12.November 1872. Sie beginnt mit einem Aktienkapital von acht Millionen Talern, also zwölf Millionen Euro, und 30 Mitarbeitern in den Räumen des ehemaligen Bankhauses Kaskel in der Wilsdruffer Straße in Dresden. Vom 7. Januar 1873 an notiert die Dresdner-Bank-Aktie an der Berliner Börse. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Teilung Deutschlands zieht das Institut nach Frankfurt am Main um.

Besonders unter der Führung Jürgen Pontos von 1969 an wuchs der Konzern stark und wandelte sich zu einer Universalbank. Unter seiner Leitung steigerte sich die Bilanzsumme von 25 Milliarden Mark 1970 auf 54 Milliarden Mark 1976. Am 30.Juli 1977 öffnete Ponto, ohne es zu wissen, einem RAF-Kommando die Haustür. Susanne Albrecht, die Tochter eines mit der Familie Ponto befreundeten Ehepaars, kam zusammen mit Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar. Ponto wurde erschossen.

Steuern hinterzogen

Sein Nachfolger Friderichs bekam Mitte der achtziger Jahre Ärger mit der Justiz. Das Magazin Spiegel hatte aufgedeckt, dass der Flick-Konzern Geld an Parteien und diesen nahestehende Organisationen gezahlt hatte, ohne die Summen beim Finanzamt korrekt abzurechnen.

1983 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Bestechlichkeit, später auch wegen Steuerhinterziehung. 1987 sprach ihn das Landgericht vom Vorwurf der Bestechlichkeit frei, verurteilte Friderichs aber wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu während seiner Zeit als Wirtschaftsminister und Chef der Dresdner Bank zu 61.500 Mark Geldstrafe.

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