Dollar für die Banken:Notenbanken stemmen sich weltweit gegen die Angst

Als Reaktion auf die zunehmende Austrocknung der Kreditmärkte überschütten die Notenbanken die Finanzmärkte mit Dollar. Prompt steigen die Kurse. Und zwar rasant.

Die Ankündigung von zusätzlichen Dollar-Refinanzierungsgeschäften durch mehrere Notenbanken hat dem Euro am Donnerstagnachmittag einen Extra-Schub verliehen. Der Wert der Gemeinschaftswährung stieg auf 1,3936 Dollar - vor der Mitteilung der weltweit wichtigsten Zentralbanken hatte der Kurs 1,3794 Dollar betragen.

Jean Claude-Trichet Announces ECB Rate DecisioN

Vor dem Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt

(Foto: Bloomberg)

EZB, Federal Reserve und andere große Notenbanken legen im Oktober, November und Dezember jeweils drei Monate laufende Dollar-Refinanzierungsgeschäfte auf. Diese ergänzen die bereits seit Mai 2010 laufenden wöchentlichen Dollar-Tender. "Der Markt nimmt positiv auf, dass die Notenbanken versuchen, die Krise mit allen Mitteln zurückzudrängen", sagte Volkswirt Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus.

Teile des europäischen Bankensystems seien noch immer von dem Zentralbanken abhängig. "Es ist schon im Vorfeld deutlich geworden, dass die Banken Probleme haben, an Dollar zu kommen. Dieses Problem sollte durch die Maßnahmen reduziert werden, weil die längerfristige Liquidität sichergestellt wird".

Philip Lawler, Investmentstratege bei Smith & Williamson sagte: "Es war klar, dass die Zentralbanken etwas unternehmen mussten. Wir sind zurück im Bereich eines Dollar-Engpasses. Die Notenbanken mussten das ansprechen." Wenn das nicht geschehen wäre, wäre der Geldmarkt zum Stillstand gekommen.

Die Märkte nahmen die Aktion der Zentralbanken positiv auf: Der Dax ging mit einem Plus von 3,15 Prozent bei 5508 Punkten aus dem Handel und erholte sich damit von seinem am Montag erreichten 26-Monatstief wieder um etwa zehn Prozent. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um zwei Prozent auf 8833 Punkte hoch. Der Technologiewerte-Index TecDax legte um knapp 0,8 Prozent auf 709 Punkte zu. Auch an den anderen Börsen stiegen die Kurse kräftig.

EZB verleiht Dollar an US-Geldhäuser

Weil das Vertrauen in Europas Banken zunehmend schwindet, hatte sich die Europäische Zentralbank (EZB) bereits zuvor schon zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen: Sie verlieh Dollar an zwei Banken, die offenbar Probleme hatten, an die US-Währung zu kommen. Die Institute hätten sich 575 Millionen Dollar zu einem Zinssatz von 1,1 Prozent von der EZB geliehen, gab die Notenbank bekannt. Es ist erst das zweite Mal in den vergangenen sechs Monaten, dass die Währungshüter den Geldhäusern Dollar zur Verfügung stellen.

Welche zwei Banken sich die Dollar besorgt haben, gab die EZB nicht bekannt. Gerüchte über die Not einiger Häuser gibt es allerdings seit Tagen: Anfang der Woche dementierte die französische BNP Paribas vehement, dass sie nicht mehr an ausreichend Dollar komme. Ihr Aktienkurs schmierte dennoch ab.

Die Aktion der EZB ist nötig geworden, weil US-Geldmarktfonds wegen der Schuldenkrise im Euro-Raum das Vertrauen in Europas Institute verlieren. Zusammen verwalten die großen amerikanischen Fonds etwa 600 Milliarden Dollar, dementsprechend wichtig sind sie für den Kapitalfluss.

Die Banken brauchen Geld in der amerikanischen Währung, um beispielsweise Kredite in Dollar verleihen zu können. Weil sie von den US-Finanziers nichts mehr bekommen, müssen sie sich die nun anderswo besorgen: im Nahen Osten oder, wie nun geschehen, bei der EZB.

Unternehmen wenden sich nach Informationen des amerikanischen Wall Street Journal bereits von französischen Banken ab und leihen sich Geld außerhalb Europas.

Frankreichs Banken leiden im Zuge der Schuldenkrise besonders unter einem Vertrauensverlust. Am Mittwoch hatte die Ratingagentur Moody's die Bonität der großen Institute Société Générale und Crédit Agricole herabgestuft. Allein die Aktie von Société Générale hat in den vergangenen Monaten mehr als 60 Prozent ihres Wertes verloren.

Auch gegenseitig trauen die Banken einander immer weniger. Der Interbankenhandel trocknet weiter aus. Die Institute deckten sich im weit stärkeren Maße mit eintägigen Ausleihungen bei der EZB ein als in den vergangenen Wochen, teilte die Notenbank mit. Waren es am Mittwoch vergangener Woche noch 399 Millionen Euro, sind es nun 3,4 Milliarden Euro, fast neunmal so viel. Damit liegen die Ausleihungen so hoch wie zuletzt am 10. August. Außerdem bringen die Banken ihre Geld lieber bei der EZB in Sicherheit als anderswo: Die Einlagen stiegen ebenfalls - von 75 Milliarden auf knapp 87 Milliarden Euro.

Die Not der französischen Banken schadet auch dem Vertrauen in deutsche Banken. In der Bundesregierung wird schon darüber diskutiert, Instituten sofort Geld zur Verfügung zu stellen, schreibt die Financial Times Deutschland.

Nach Ansicht der größten Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) könnte eine Ausweitung der Schuldenkrise auch Banken hierzulande hart treffen: "Ein potenzieller Vertrauensverlust im Falle einer Ausbreitung der Krise könnte wie schon nach Lehman einen Unterstützungsbedarf auslösen", sagte S&P-Finanzexperte Stefan Best. Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte 2008 eine globale Finanzkrise ausgelöst.

Anders sieht man das bei der Ratingagentur Fitch: Die deutschen Institute hätten ihre Kapitaldecke seit Beginn der Finanzkrise verbessert. "Bei den großen deutschen Banken können wir auch keine Liquiditätsengpässe erkennen", sagte Fitch-Finanzanalyst Michael Dawson-Kropf der Nachrichtenagentur Reuters.

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