Die großen Erbfälle:Tod eines Lebemanns

Ist das Testament von Platten-Millionär Monti Lüftner gefälscht? Es geht um Immobilien und Wertpapiere, seine Tochter soll die Hälfte bekommen, aber auch zwei ehemalige Geliebte gehen nicht leer aus.

Oliver Bilger

Im April 2005 entschieden Richter einen Familienstreit, den Münchens bunte Blätter zum "skurrilsten Prozess des Jahres" erklärten. Vor dem Oberlandesgericht der Stadt ging es um die Frage, wie viel Zeit die zwölfjährige Tracy mit ihrem Vater verbringen kann und ob sie an Besuchstagen auch über Nacht bei ihm bleiben darf.

Musikmanager ´Monti" Lüftner bei Unfall getötet

Zoff ums Testament des Musikmanagers Monti Lüftner: Was passiert mit seinem Geld?

(Foto: dpa)

Für gewöhnlich fordern in solchen Verhandlungen alleinlebende Väter, ihre Kinder häufiger bei sich haben zu dürfen. In diesem Fall war es anders. Der Vater weigerte sich, seine Tochter in seiner Wohnung behalten zu müssen.

Der Vater hieß Egmont Lüftner, aber alle nannten ihn nur Monti; Ex-Musikmanager und seit Jahrzehnten eine schillernde Figur der Münchner Schickeria. Seine Tochter Tracy stammt aus einer kurzen Liaison mit der ehemaligen Fernsehmoderatorin Isolde Tarrach. Die ersten Jahre nach Tracys Geburt lebten Mutter und Tochter in Köln. Der Vater schickte großzügige Unterhaltszahlungen aus München und sah das Mädchen einmal im Jahr, an ihrem Geburtstag.

Nach einiger Zeit aber hatte Isolde Tarrach beschlossen, Tracy solle näher bei ihrem Vater aufwachsen. "Das ist für ihre Entwicklung extrem wichtig", sagte sie und zog mit Tracy vom Rhein an die Isar.

Lüftner wollte sich aber nicht in seinem Singledasein stören lassen. In der Schickeria galten die Partys des charmanten - und vor allem ewigen - Junggesellen als legendär. Seitdem Lüftner Anfang der Neunziger in Ruhestand gegangen war, tauchte er noch häufiger im Nachtleben auf. Davor war er lange Jahre der wohl wichtigste Musikmanager Deutschlands. Er baute die Plattenfirma Ariola auf. Und so wurde der Bertelsmann-Konzern zu einer weltweiten Größe im Musikgeschäft.

Lüftner, 1931 in der Steiermark geboren und in den sechziger Jahren nach Deutschland übersiedelt, machte Peter Alexander berühmt. Mireille Mathieu und Tina Turner feierten in der Luxuswohnung von "Mister Music". Die junge Whitney Houston stellte der Produzent im Edelclub P1 auf die Bühne und startete von hier aus deren Karriere zum Superstar. Udo Jürgens zählte zu seinen Schützlingen, Boney M., Cat Stevens und Uriah Heep ebenfalls. Lüftner pflegte ein herzliches Verhältnis zu den Stars. Seine Freunde seien seine Familie, sagte er immer wieder.

Nur wer in seinem Appartement im vornehmen Münchner Stadtteil Herzogpark übernachtet, das wollte er selbst entscheiden. Es gab ja andere Treffen mit der Tochter. Gemeinsam fuhren sie an den Wörthersee, besuchten Konzerte und gingen aufs Oktoberfest. Nur übernachten durfte sie bei ihm nicht. Lüftner verwies auf gesundheitliche Gründe und argumentierte: "Vaterliebe kann man nicht erzwingen."

Ist der Letzte Wille von Monti Lüftner etwa gefälscht?

Am Ende bekam Lüftner sogar recht. Vater und Tochter fanden mit der Zeit dennoch zueinander. "Tracy ist ein tolles Mädchen", schwärmte Lüftner später, nannte sie seinen "Sonnenschein". Mit ihr könne er über vieles reden und lachen. "Das Zusammensein macht jetzt richtig Spaß mit ihr."

Heute stehen Tracy und ihr Vater Monti Lüftner erneut im Mittelpunkt eines skurrilen Streits. Diesmal geht es nicht um Besuchszeiten, sondern um das Erbe.

Lüftner starb an einem Donnerstag im vorletzten Frühjahr, am 7. Mai 2009. Der Tod kam plötzlich. Lüftner begleitete seinen Assistenten zu einem Wertstoffhof im Münchner Norden, sie wollten Gartenabfälle entsorgen. Es war ein sonniger Nachmittag, Lüftner wollte sich etwas auf dem Gelände umschauen. Er stieg aus dem Auto und schlenderte nah am Führerhaus eines Lasters vorbei, offenbar im toten Winkel des Fahrers. Als der tonnenschwere Wagen anfuhr, überrollte er Lüftner. Dieser hatte keine Chance, den Unfall zu überleben.

Lüftners Tod war ein Schock, natürlich. Der Platten-Millionär überfahren, auf einem Recyclinghof - dass wollte in München zunächst niemand wahrhaben. Für seine 77 Jahre war Lüftner guter Gesundheit gewesen und vor allem bester Laune. Das zwar lichte, aber mittellang geschnittene braune Haar machte ihn ein paar Jahre jünger. "Ich werde bestimmt 90", hatte er voller Tatendrang erklärt.

In wenigen Wochen sollte der traditionelle Monti-Cup am Wörthersee stattfinden, ein Tennis- und Golfturnier für Prominente, an dessen Ende jeder Teilnehmer einen Preis bekam. Lüftner wollte seine Autobiographie schreiben. "In meinem Leben stimmt alles", sagte Lüftner einer Reporterin noch am Abend vor seinem Tod. "Ich habe Freunde, bin vital und fühl' mich freier als mit 30."

Tratsch für die Bussi-Gesellschaft

Zur Trauerfeier in der Allerheiligen-Hofkirche im Zentrum Münchens kamen 400 geladene Gäste. Liz Mohn, Otto Waalkes, Veronica Ferres und viele andere Prominente nahmen Abschied von ihrem Freund. Tochter Tracy, inzwischen zu einer hübschen jungen Frau mit langen blonden Haaren herangewachsen, rührte die Anwesenden zu Tränen, als sie "Amazing Grace" für ihren Vater sang.

Wenige Wochen später wurde das Testament eröffnet. Lüftners Besitz soll etwa vier Millionen Euro wert sein: das meiste davon Immobilien und Wertpapiere. Tracy steht als Haupterbin im Vermächtnis, sie soll die Hälfte von alldem bekommen. Der Rest ist zwei ehemaligen Geliebten Lüftners zugedacht, der Leibwächter soll einen Teil bekommen und auch sein Steuerberater. Isolde Tarrach, Tracys Mutter, hingegen geht leer aus. Die Habseligkeiten aus seinem Appartement sollten auf einer Auktion versteigert werden.

Lüftner hatte nicht nur ein Testament verfasst. Angeblich habe er immer mal wieder ein "Gspusi" in seinem Nachlass bedacht, aber auch wieder gestrichen, hieß es. So liefert der Musikproduzent nach seinem Tod noch reichlich Stoff für den Tratsch der Münchner Bussi-Gesellschaft.

Die Rede ist von weiteren Ex-Freundinnen und ehemaligen Mitarbeitern, die etwas vom Nachlass abhaben wollten, von neu aufgetauchten Testamenten und von anderen, die offenbar verschwanden. Tochter Tracy ist außerdem überzeugt: Die Unterschrift auf den beiden jüngsten, handschriftlich verfassten Testamenten ist nicht die ihres Vaters.

Ist der Letzte Wille von Monti Lüftner etwa gefälscht? Tracy Tarrach will noch von einem anderen Papier wissen, das sie als Alleinerbin benennt.

Michael Bonefeld ist davon nichts bekannt. Der Nachlassverwalter kennt verschiedene Testamente, auch die beiden, um die sich der aktuelle Streit dreht. Er sieht keinen Grund zu glauben, dass jemand die Unterschriften gefälscht haben könnte. Richter in Österreich und in München haben die Schriftstücke überprüft. Sie zweifeln keineswegs an der Echtheit der Signatur Lüftners.

Tracy Tarrach und ihre Mutter Isolde glauben dennoch an Urkundenfälschung und erstatteten Anzeige. Es gehe nicht um Geld, erklärte die Mutter, sondern um die Wahrheit. Das alles klingt nach einem absurden Drama.

Derzeit liegen die Testamente bei Ermittlern des Landeskriminalamts. Eine Entscheidung über ihre Echtheit soll in den kommenden Tagen fallen. Sollte die Unterschrift tatsächlich gefälscht sein, wäre das ein Skandal, sagt Anwalt Bonefeld. Aber das würde ihn sehr überraschen.

Falls es so wäre, träte ein älteres Testament in Kraft, eines das Lüftner mit einem Notar aufgesetzt hat und demzufolge Tracy ein Pflichtteil als Tochter zusteht, also ebenfalls etwa die Hälfte des Erbes. Bisher hat sie seit dem Tod ihres Vaters gar nichts bekommen. Das Erbe ist eingefroren - so lange, bis der letzte skurrile Streit um Monti Lüftner ein Ende hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: