Deutschland: Bundeshaushalt:Raus aus den Schulden

Grund für Optimismus: Die Prognose für das Defizit des deutschen Staatshaushaltes lag bisher bei satten 48 Milliarden Euro. Möglicherweise fällt der Betrag jetzt deutlich geringer aus.

Wolfgang Janisch

Das Loch im Bundeshaushalt wird aller Voraussicht nach in diesem Jahr längst nicht so groß ausfallen wie zunächst befürchtet. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte bei einem Treffen mit den Haushaltsexperten der Koalitionsfraktionen, er strebe eine Neuverschuldung in einer Größenordnung von etwa 40 Milliarden Euro an.

Herbstmorgen vor dem Reichstag

Finanzminister Wolfgang Schäuble strebe eine Neuverschuldung in einer Größenordnung von etwa 40 Milliarden Euro an.

(Foto: dapd)

Im gerade erst in Kraft getretenen Haushaltsgesetz für 2011 hatte die Koalition noch eine Summe von 48,4 Milliarden Euro veranschlagt. Schäuble begründete die optimistischeren Zahl nach Angaben von Sitzungsteilnehmern unter anderem mit der unerwartet guten Wirtschaftsentwicklung, die dem Staat mehr Geld in die Kassen spülen werde als bei der Steuerschätzung im November vorhergesagt.

Die optimistischere Prognose für dieses Jahr wird auch Folgen für die Aufstellung des Haushalts 2012 haben, die in diesen Tagen beginnt. Schäuble sagte dem Vernehmen nach, er gehe gegenwärtig von einer Nettokreditaufnahme in Höhe von etwa 35 Milliarden Euro für das kommende Jahr aus. Auch diese Zahl läge deutlich unter den bisherigen Annahmen der schwarz-gelben Koalition.

"Zeichen von Schwäche"

Aus Sicht der Sozialdemokraten ist jedoch auch Schäubles revidierte Finanzplanung viel zu unambitioniert. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte der Süddeutschen Zeitung, allein die gute wirtschaftlichen Lage, die erfreuliche Entwicklung der Steuereinnahmen und die unerwartet geringe Arbeitslosigkeit machten es möglich, die Nettokreditaufnahme 2012 auf knapp 27 Milliarden Euro zu senken.

Voraussetzung sei lediglich, dass die Koalition das von ihr selbst beschlossene Sparpaket einhalte. Schäubles Aussagen zeigten allerdings, dass er entweder nicht willens oder aber nicht in der Lage sei, den zunächst eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. "Es ist ein Zeichen von Schwäche, wenn es der Finanzminister zulassen muss, dass die Regierung vom Weg abkommt, sobald sich die wirtschaftliche Lage bessert", sagte Schneider.

Der SPD-Politiker verwies zudem auf den jüngsten Monatsbericht der Bundesbank, in dem diese - diplomatisch verklausuliert - Schäuble Tricksereien bei der Einführung der neu im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse vorwirft. Laut Verfassung muss der Bund seine um Konjunktureinflüsse bereinigte Neuverschuldung, das sogenannte strukturelle Haushaltsdefizit, zwischen 2010 und 2016 in gleich großen Schritten auf nur noch 0,35 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung reduzieren.

Die Bundesbank wirft Schäuble nun vor, nicht etwa das tatsächliche strukturelle Defizit des Jahres 2010 als Ausgangsbasis verwendet zu haben, sondern den sehr viel höheren Schätzwert vom Sommer vergangenen Jahres. Dies habe zur Folge, dass die Koalition über den gesamten Zeitraum bis 2016 Jahr für Jahr höhere Schulden machen könne, als es eigentlich zulässig wäre. Die SPD hegt den Verdacht, dass sich Schäuble durch diese höheren Verschuldungsgrenzen eine "Kriegskasse" verschaffen will, um doch noch die Steuern senken zu können.

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