Süddeutsche Zeitung

Deutsche Post:Zumwinkel tritt zurück - Regierung begrüßt es

Die Bundesregierung nahm das Rücktrittsangebot von Post-Chef Zumwinkel sofort an. Offenbar wird er auch bald als Aufsichtsratschef der Postbank und der Deutschen Telekom aufhören.

Am Freitagmorgen war es allen klar: Dieser Mann ist nicht mehr zu halten. Auch Klaus Zumwinkel, 64, machte sich keine Illusionen mehr. Schließlich hatte er am Vortag nach Informationen aus seinem Umfeld gegenüber den Ermittlern eingeräumt, eine Million Euro Steuern nicht gezahlt zu haben - und zwar Steuern auf Zinsgewinne.

Zumwinkel avisierte früh, als Vorstandschef der Deutsche Post World Net zurückzutreten. Die Bundesregierung nahm das Rücktrittsangebot an. Das sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Freitag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Steinbrück hätten die Entscheidung begrüßt. Der Bund ist Großaktionär der Deutschen Post. Formal soll der Aufsichtsrat des Konzerns den Rücktritt am Montag vollziehen.

Auch weitere Posten Zumwinkels stehen zur Disposition.So wird er als Aufsichtsratschef der Postbank ebenfalls aufhören - sowie wohl als Chefkontrolleur der Deutschen Telekom AG. Das bestätigte das Finanzministerium zu hören. Ein ertappter Steuersünder ist nach Ansicht der Bundesregierung für solche Aufgaben in Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, ungeeignet.

Zumwinkel ist zudem Mitglied des Aufsichtsrats in weiteren Unternehmen. Die Posten bei Lufthansa, Allianz, Morgan Stanley und Tchibo gelten auch als gefährdet. Einzig im Essener Gemischtkonzern Arcandor (früher Karstadt-Quelle) kann Zumwinkel bleiben.

Auch hat sich der Plan des promovierten Kaufmanns und langjährigen McKinsey-Beraters erledigt, nach Ende seiner Dienstzeit als Post-Vorstandschef im nächsten Jahr an die Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Post zu wechseln - also das von ihm geschaffene Logistik-Reich von oben weiter zu betreuen. Hier wird der frühere Lufthansa-Chef Jürgen Weber einfach ein wenig länger im Amt bleiben.

Für Zumwinkel ist es ein brutaler Abgang. Am Freitag hatte die Presse bitterböse Schlagzeilen geliefert. "1 Million Steuern hinterzogen - hier holt die Polizei den Pos-Chef", titelte Bild. Die taz hielt es knapper aber witziger: "Da geht die Post ab." Die Financial Times Deutschland fand: "Zumwinkel stürzt vom Sockel" während das konkurrierende Handelsblatt anriß: "Steuerrazzia bei Postchef".-

Bei einer Razzia waren am Donnerstag das Privathaus Zumwinkels in Köln und dessen Büro in der Bonner Konzernzentrale durchsucht worden. Gegen eine Kaution wurde ein Haftbefehl gegen ihn außer Kraft gesetzt.

Zuvor hatte bereits SPD-Chef Kurt Beck den Rücktritt von Zumwinkel gefordert - und sich für ein hartes Durchgreifen der Justiz starkgemacht: Er verlangte eine Überprüfung des Strafmaßes für "solche Steuervergehen schwerster Art". "Von der Justiz erwarte ich, dass kein Deal gemacht wird." Dies würde dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung widersprechen.

"Neue Asoziale"

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil äußerte unterdessen die Vermutung, dass das Steuerverfahren gegen Zumwinkel nur die "Spitze des Eisberges" sei.

Es müsse damit gerechnet werden, dass im Zusammenhang mit Konten in Liechtenstein noch mehr Fälle aufgedeckt würden. Heil verlangte eine "konsequente Anwendung des Steuerrechts". Es müsse Anklage erhoben werden, auch um Abschreckung zu erzielen, sagte er.

Das Strafmaß von zehn Jahren werde bislang nur selten angewandt. Es müsse aber ausgeschöpft werden. Steuerhinterziehung sei kein "Kavaliersdelikt". Der Generalasekretär warf Zumwinkel eine unanständige Praxis vor - und sprach sogar von "neuen Asozialen", die sich selbst über "Staat und Gesetz" erhoben hätten.

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