Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Verzockt in Vegas

Gehen Europas Krisenstaaten pleite, würde die Deutsche Bank rund 5,1 Milliarden Euro verlieren. Fast genauso viel Geld hat Deutschlands führendes Bankhaus in ein Luxus-Casino in Las Vegas gesteckt. Auch dort läuft es wohl nicht so gut.

Hannah Wilhelm

Die Deutsche Bank hat sich verzockt. Ausgerechnet in Las Vegas, in der Stadt der Spieler. Fast fünf Milliarden Dollar hat das Geldhaus dort reingesteckt, in der Wüste Nevadas. Und ob und wie viel die Bank von dem Geld wiedersehen wird, ist unklar.

Fünf Milliarden Dollar, das ist fast so viel wie die Deutsche Bank an Risiken in den schwächelnden Euro-Staaten hat. Mit 5,1 Milliarden Euro Ausfall kalkuliert die Bank bei ihren Investitionen in Griechenland, Irland, Italien, Spanien und Portugal. Gut, vergleichbar ist das nicht wirklich. Denn ein Fünf-Milliarden-Totalausfall werden die Casino-Spielereien des Instituts in Las Vegas nicht werden. Irgendwas wird die Deutsche Bank schon noch kriegen für das Luxus-Casino Cosmopolitan, das dem Institut dort gehört. Diesen Vergleich, den die Financial Times auf ihrer ersten Seite aufgemacht hat, ist also mehr als gewagt. Aber was die Banken wo verzocken, das treibt die Menschen derzeit eben um. Der Casino-Kapitalismus, er macht manchen Angst und andere wütend.

Tja, irgendwie, das betont die Deutsche Bank immer wieder, ist man da so reingerutscht. Direkt aus der seriösen Frankfurter Innenstadt an den Strip. So heißt die Hauptstraße in Las Vegas, an der die großen Casinos stehen. Das berühmte Bellagio, zum Beispiel, vor dem des nachts die imposanten Riesenfontänen in die Luft schießen, begleitet von Musik und Lichterspielen. Und hier steht eben auch das Cosmopolitan, das der Deutschen Bank gehört.

Es sind Doppeltürme - sowohl die Frankfurter Bankzentrale als auch der glänzende Neubau des Cosmopolitan. Erhaben, riesig, protzig, wie manch einer sagen wird. Strategisch geplant war das Vegas-Engagement so nicht. Die Bank löste vor einigen Jahren einen pleite gegangenen Immobilieninvestor aus, dem sie Geld geliehen hatte. Dafür bekam sie das Grundstück und einen halbfertigen Bau. Am Strip. Für geschätzt eine Milliarde Dollar. Weitere drei Milliarden brauchte die Bank schätzungsweise, um das Nobelhotel fertig zu bauen. Mit immerhin 3000 Hotelzimmern. Die Standardräume sind fast 60 Quadratmeter groß, größer als die meisten Studentenbuden in Deutschland. Die Suiten umfassen über 100 Quadratmeter. Klotzen statt kleckern eben. Wenn schon, denn schon. Ein halbes Casino bringt ja keinem was, dachte man sich wohl. Und investierte und baute. Und zu dem Vier-Milliarden-Engagement im Cosmopolitan kommt - laut Financial Times - noch ein Kredit in Höhe von einer Milliarde hinzu an eine andere Casino-Betreibergesellschaft.

Tja, reingerutscht ist die Bank da. Und das mitten in der Finanzkrise. Im Dezember 2010 war die Eröffnung, die Finanzkrise dürfte da keinen mehr überrascht haben, denn sie lief bereits seit Jahren. Und das merkte und merkt auch Vegas: Die Menschen spielen weniger. Und vor allem sind sie viel weniger bereit, horrende Summen für Luxus-Hotelzimmer im Spielerparadies auszugeben. Mittlerweile können Vegas-Besucher Zimmer für 60 Dollar buchen. Vor der Krise, da ging unter 400 Dollar gar nichts. Und die Frage ist, ob das Geschäft je zurückkommen wird. Denn hinzu kommt: Gespielt wird mittlerweile immer mehr in Macau und anderen asiatischen oder russischen Städten. Auch das setzt Las Vegas zu. Und in diesem harten und enger werdenden Markt versucht also das neue Cosmopolitan seit einem knappen Jahr, einen Platz zu finden.

Ein Langfrist-Engagement ist das Casino nicht, das betont die Deutsche Bank. Immer wieder. Mit anderen Worten: Man sucht einen Abnehmer für das Casino. Worüber man natürlich nicht reden mag. Aber die Casino-Spielerei macht sich natürlich so gar nicht gut im Portfolio, in einer Zeit, in der die Banken so im Feuer stehen wie jetzt gerade. Da wird es wohl besser sein, sich irgendwann vom Casino-Kapitalismus zu verabschieden. Oder zumindest vom Cosmopolitan.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2011/hgn
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