Deutsche Bank:Machtkampf um den Chefposten

Gerangel bei der Deutschen Bank: Offenbar sollte Aufsichtsratschef Börsig Ackermann beerben - doch es gab massiven Widerstand.

Martin Hesse, Frankfurt

Der Vertragsverlängerung von Josef Ackermann ist offenbar ein Machtkampf im Aufsichtsrat der Deutschen Bank vorausgegangen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Aufsichtsratskreisen war noch am Morgen der entscheidenden Sitzung des Kontrollgremiums am Montag geplant, Aufsichtsratschef Clemens Börsig zum neuen Vorstandsvorsitzenden zu machen.

Ackermann, dpa

Bleibt noch drei Jahre länger bei der Deutschen Bank: Josef Ackermann.

(Foto: Foto: dpa)

Grund für den Vorstoß Börsigs war demnach, dass Ackermann angesichts der öffentlichen Spekulationen über seine Nachfolge angeboten hatte, vorzeitig zurückzutreten. So habe er eine monatelange Debatte vermeiden wollen. Der Plan scheiterte jedoch an Widerständen aus Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerlager, heißt es weiter. Für Börsig ist dies eine schwere Niederlage. Die Deutsche Bank wollte die Vorgeschichte zu Ackermanns Berufung nicht kommentieren.

Die Bank hatte am Montagabend um 20 Uhr überraschend mitgeteilt, der Vertrag Ackermanns solle bis zur Hauptversammlung 2013 verlängert werden. Ackermann hatte noch bei der Bilanzpressekonferenz im Februar gesagt, er werde im Mai 2010 auf jeden Fall aufhören. An diesem Dienstag hatte er dann seinen Sinneswandel damit erklärt, er wolle in der Krise für Kontinuität sorgen und komme daher dem Wunsch des Aufsichtsrates nach, der Bank länger zu dienen. Seit wann der Aufsichtsrat ihn dazu drängte, hatte Ackermann auch auf mehrmalige Nachfrage offengelassen.

Nach Informationen der SZ soll sich Börsig nach Ackermanns Rücktrittsüberlegungen angeboten haben, den Vorstandsvorsitz vorzeitig zu übernehmen. Für eine Übergangslösung galt Börsig zuvor bereits als möglicher Kandidat. So ging der Aufsichtsrat am Montag mit der Vorlage in die Sitzung, den Präsidenten des Kontrollgremiums zum neuen Vorstandschef zu wählen. Im Präsidium, dem neben Börsig Tilman Todenhöfer, Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand, sowie für die Arbeitnehmerseite Karin Ruck von der Bankangestelltengewerkschaft DBV und Heidrun Förster angehören, hatte Todenhöfer Börsig formal vorgeschlagen.

Kritik aus dem Arbeitnehmerlager

Doch offenbar war die Vorlage schlecht vorbereitet. Im Arbeitnehmerlager sah man es kritisch, dass der frühere Finanzvorstand Börsig zunächst aus dem Vorstand zum Aufsichtsratschef berufen wird, um ihn dann wieder zurück an die Spitze des Vorstandes zu holen. Börsig hatte Rolf Breuer als Aufsichtsratschef ersetzt, nachdem dieser 2006 wegen seiner Auseinandersetzung mit Leo Kirch überraschend zurückgetreten war. Doch auch im Arbeitgeberlager soll es Widerstand gegen Börsig gegeben haben. Um dann überhaupt eine Lösung präsentieren zu können, trug dann Börsig selbst Ackermann das Amt an.

Demnach hatte Ackermann nur wenige Stunden Zeit, um sich zu entscheiden. Unklar ist, ob bereits in den Tagen vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung Mitglieder des Gremiums Ackermann zu einer Verlängerung seiner Tätigkeit gedrängt haben. Wenn es Gespräche gab, waren sie offenbar nicht in einen konkreten Plan gemündet.

Stern.de berichtet, Ackermann habe die Idee gehabt, Bundesbank-Präsident Axel Weber zu seinem Nachfolger zu machen. Dies gilt in Finanzkreisen jedoch als extrem unwahrscheinlich. Weber war vor seiner Tätigkeit als Bundesbankchef Professor und hat keine Erfahrung im operativen Bankgeschäft. Auch die stern.de-Darstellung, Großaktionäre der Deutschen Bank hätten gegen Aufsichtsratschef Börsig opponiert, gilt in Finanzkreisen als unplausibel. Die Aktien der Bank liegen breit gestreut, keiner der Aktionäre verfügt über einen Sitz im Aufsichtsrat.

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