Deutsche Bank: Josef Ackermann:Zeichen des Sieges

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Sichtlich zufrieden verkündet Josef Ackermann einen Erfolg für seine Deutsche Bank und sich selbst - er ist gern bereit, noch bis 2013 vielen als Feindbild zu dienen.

M. Hesse

Gegen Ende der 90 Minuten kann Josef Ackermann das Gefühl des Triumphs nicht länger unterdrücken. Es schien bereits in ihm aufzusteigen, als er vor dieser Pressekonferenz entspannt für die Fotografen posierte. Gelegentlich leuchtete ein verschämtes Lächeln auf, wenn wieder einmal jemand den Chef der Deutschen Bank auf die Verlängerung seines Vertrages ansprach.

Bleibt einfach noch ein bisschen länger: Josef Ackermann hat seinen Vertrag mit der Deutschen Bank um drei Jahre verlängert. (Foto: Foto: Reuters)

Und als schließlich die Frage kommt, wie denn die Politik die überraschende Nachricht aufgenommen habe, da bricht es förmlich aus ihm heraus, begleitet von diesem Ackermann-Grinsen, das die einen als charmant empfinden, die anderen als arrogant: "Viele werden sich freuen, dass ich noch vier Jahre bleibe. Da haben sie wenigstens jemanden, den sie angreifen können."

Am Abend zuvor hatte der Aufsichtsrat der Bank den Vertrag des Schweizers bis 2013 verlängert. Zwölf Stunden später legt das Institut trotz Finanzkrise einen Milliardengewinn vor und erreicht wieder die für manch einen zum Symbol der Gier gewordene Zielgröße von 25 Prozent Rendite. Und nun sitzt Ackermann da und kostet Erfolg und Überraschung aus. Verhalten zunächst, dann zunehmend genüsslich.

Dozieren im Plauderton

Ackermann hat lange nicht mehr so gelassen gewirkt. Mal stützt er sich auf die Ellenbogen und schlägt einen Plauderton an, dann doziert er über Zahlen und Finanzkrise und brüstet sich mit der wiedergewonnenen Stärke der Bank. Gequält schaut er nur, weil die Akustik in dem nach seinem Vorvorgänger Hermann Josef Abs benannten Saal schlecht ist und er die vielen Fragen nicht versteht, die ihm gestellt werden.

Eines aber versteht Ackermann sehr gut. Die Leute im Saal wollen von ihm wissen, wie es zum Sinneswandel kam. Schließlich gehört es zu seinem Selbstbild, dass er stets zu seinem Wort steht. "Wenn ich etwas sage, dann mache ich es", sagt er auch heute. Aber hatte Ackermann nicht noch im Februar wiederholt, die Hauptversammlung 2010 werde definitiv sein letzter Arbeitstag bei der Deutschen Bank sein? Hatte er nicht stets betont, es gebe noch etwas anderes für ihn, als um den Globus zu fliegen und Renditezahlen hinterherzujagen? Wollte er nicht seine Honorarprofessuren pflegen, die Welt privat bereisen und seiner Leidenschaft für die Oper frönen?

Glückwünsche aus der Politik

Selbst für sein Umfeld kam Ackermanns Verlängerung überraschend, auch wenn sich so recht keiner der Nachfolgekandidaten aufgedrängt hatte: der Erste zu sehr Investmentbanker und in Deutschland schwer vermittelbar, der Zweite zu sehr Privatbanker und in London schwer vermittelbar; der Dritte zu alt, der Vierte zu jung. Dennoch schien die Bank alles für einen Wechsel vorzubereiten. Sie erweiterte den Vorstand, um die Kandidaten zum Schaulaufen zu schicken. Doch dann kam alles anders.

Wer Ackermann am Dienstag beobachtet, gewinnt den Eindruck, dass eine Mischung aus Pflichtgefühl, Ehrgeiz und Eitelkeit ihn bewog zu bleiben. Er habe wirklich aufhören wollen, da könne man ruhig bei seiner Familie nachforschen. Doch auf Wunsch des Aufsichtsrates stelle er seine persönlichen Interessen zurück. Aber es hat ihm doch sichtlich geschmeichelt, dass sie ihn derart umwarben. Auch seine Vorstandskollegen, die Riege der Kronprinzen also, hätten ihm versichert, dass sie sich mit ihm freuten. Und ja, auch aus der Politik habe es Glückwünsche gegeben. Lachend erwähnt er die SMS einer "hochrangigen Politikerin". Es ist bekannt, dass Ackermann sich per Kurznachricht gelegentlich mit der Kanzlerin austauscht.

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Doch vielleicht hat sich Ackermann tatsächlich vor allem der Deutschen Bank verpflichtet gefühlt. Vielleicht hat er sich daran erinnert, dass sie ihm dort schon einmal den roten Teppich ausgerollt haben, in einer für ihn sehr schwierigen Lage. Ende 2005 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, der Mannesmann-Prozess müsse neu aufgerollt werden. Ackermann, der als Aufsichtsrat millionenschwere Abfindungen an das Management genehmigt hatte, stand vor einem neuen zermürbenden Verfahren, das womöglich mit seiner Verurteilung enden würde. Da verlängerte der Aufsichtsrat demonstrativ seinen Vertrag und stattete Ackermann mit einer Machtfülle aus, wie sie keiner seiner Vorgänger je hatte.

Telegener Krisenmanager

Ein Jahr später war Ackermann von der Last des Prozesses befreit. Eine Weile sah es so aus, als könne er sich mit den Deutschen versöhnen. Er bekannte sich zu Deutschland, wurde nahbarer. Als die Finanzkrise ausbrach, schwang Ackermann sich zum Krisenmanager auf, erklärte bei Maybrit Illner die Welt und malte das Bild einer stabilen Deutschen Bank. Doch bald bekam dieses Bild ebenso Risse wie die neue Harmonie zwischen Ackermann und den Deutschen.

Wie wichtig Ackermann für die Deutsche Bank geworden ist, aber auch wie sehr er um das Verständnis, ja vielleicht sogar so etwas wie Zuneigung der Deutschen buhlt, zeigte sich am 15. Januar 2009. Am Morgen hatte Ackermann eingeräumt, dass die Deutsche Bank erstmals in 50 Jahren Verlust gemacht hat. Abends hetzte er nach Berlin zu einem Empfang. Am nächsten Tag hieß es, er habe einen Kollaps erlitten, der Aktienkurs knickte ein. Doch Ackermann ließ bald über die Bild-Zeitung verbreiten, er habe sich lediglich an Bratwurst und Sauerkraut verschluckt und sei wohlauf.

Immer häufiger wandte sich Ackermann danach an den Boulevard, um seine Botschaften zu platzieren. "Wir brauchen kein Geld vom Staat", ist seine Kernbotschaft im zweiten Krisenwinter. "Ich verzichte auf meinen Bonus", ist eine weitere. Ackermann möchte nicht als Gier-Banker wahrgenommen werden, doch man legte ihm auch diese Aussagen negativ aus. In der SPD hieß es, Ackermann habe mit seinem Renditeziel von 25 Prozent dazu beigetragen, dass Banken mit überzogenen Risiken die Welt ins Verderben zogen. Peter Sodann, der Präsidentschaftskandidat der Linken und frühere "Tatort"-Kommissar, wollte den Manager gar in Handschellen abführen.

Am Dienstag des Triumphes aber redet Ackermann auch über seine Gegner gönnerhaft milde. So reif sei er schon, dass er zwischen Wahlkampfgetöse und den ehrlichen Überzeugungen von Politikern unterscheiden könne. Und doch wurmt es ihn sichtlich, nicht verstanden zu werden. Würde die Deutsche Bank nicht 25 Prozent Rendite anstreben, dann könne sie nicht als einzige Bank dieses Landes in der Welt bestehen, glaubt er.

Und noch etwas dürfte ihn treiben, sich bis zum 65. Lebensjahr als Chef der Deutschen Bank an den Deutschen zu reiben: "Irgendwann wird vielleicht doch mal jemand sagen, danke, dass Sie das für Deutschland getan haben."

© SZ vom 29.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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