Deutsche Bank: Hauptversammlung:Milliardengewinne und ein Megaphon

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"Sie haben wohl Ihren Laden nicht im Griff": Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Aufsichtsratsboss Clemens Börsig würden sich gerne an ihren glänzenden Geschäftszahlen erquicken. Doch stattdessen prägen Demonstranten und Spekulationen um die Ackermann-Nachfolge die Hauptversammlung.

Harald Freiberger und Markus Zydra, Frankfurt

Wenige Minuten vor der Hauptversammlung. Aufsichtsräte und Vorstände von Deutschlands größtem Geldinstitut trudeln auf der Bühne der Frankfurter Festhalle ein. Schließlich kommt auch der Boss Josef Ackermann. Lässig, die Hände in der Hosentasche, geht er auf eine kleine Kollegengruppe zu. Er schüttelt Finanzvorstand Hugo Bänziger die Hand, auch Kollege Stefan Krause kommt in den Genuss.

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Der lange Führungsstreit ist vorerst entschieden: Anshu Jain und Jürgen Fitschen bilden von 2012 an die neue Doppelspitze der Bank. Und Josef Ackermann? Für den gibt es auch noch einen Posten. Eine Chronologie der Macht in Deutschlands wichtigstem Finanzinstitut.

Von Johannes Aumüller und Johanna Fulda

Doch Clemens Börsig, der auch dort steht, geht leer aus. Der Aufsichtsratschef ignoriert die Ignoranz mit Anstand. Es ist eine Beziehungskiste der besonderen Art zwischen Ackermann und Börsig (siehe sueddeutsche.de-Zeitstrahl).

Während sich Ackermann seinem Ackermann-Grinsen hingibt, verlässt Börsig die Kollegen und setzt sich. Doch der Stuhl ist zu hoch gestellt, Börsig greift unter den Sitz und zieht am Hebel. Rasant geht es abwärts mit einem Mann, der keinen guten Tag hat. Später, als die Aktionäre das Wort haben, wird jemand beantragen, Börsig von seinem Posten als Versammlungsleiter abzuberufen. Es ist eine Petitesse, aber peinlich genug.

Auf dem Jahrestreffen der Aktionäre legt die Bank den Geschäftsbericht für 2010 vor (siehe hier die PDF-Datei). Ackermann sieht die Deutsche Bank auf Zielkurs zu einem operativen Rekordgewinn von zehn Milliarden Euro in diesem Jahr. Mit 3,5 Milliarden Euro im ersten Quartal "haben wir ein gutes Stück des Weges hin zu diesem Ziel bereits zurückgelegt", sagt Ackermann.

Das Investmentbanking erwirtschaftete im vergangenen Jahr sechs der sieben Milliarden Euro Gewinn vor Steuern, aber das Privatkundengeschäft soll kräftig zulegen. Im internationalen Geschäft habe die Expansion in Asien erste Priorität, sagte Ackermann.

Irgendwo versteckt sich ein Mann mit einer Flüstertüte

Doch nicht jeder ist gekommen, um sich tolle Zahlen anzuhören. Es gibt Störer, eine junge Frau läuft mit einem Protestplakat am Podium der Manager vorbei und presst dabei Luft in eine Trillerpfeife. Diese Aktion führt dazu, dass sich plötzlich sehr viele Sicherheitskräfte enttarnen. Schnell und kräftigen Schritts fangen sie die harmlose Störerin ein.

Irgendwo versteckt sich auch ein Mann mit einer kleinen Flüstertüte. Immer wieder kommentiert er die Rede Ackermanns. Der berichtet gerade, dass es in der großen Deutschen Bank immer wieder auch zu wenig vorbildhaften Verhalten kommen kann - es geht um die vielen Prozesse gegen das Institut. Da rief die kaum lokalisierbare Stimme: "Sie haben wohl Ihren Laden nicht im Griff." Ackermann nimmt es cool.

Börsig wirkt dagegen genervt. Er muss die Vorstandsvergütung erläutern, Aktionäre haben die mangelnde Transparenz kritisiert. Börsig kann mit seiner Einlassung die Undurchsichtigkeit der Boniregelungen aber kaum auflösen. Entweder die Regeln sind nicht zu erklären - oder Börsig schafft es nicht. Der Aufsichtsratschef empfiehlt den krittelnden Eigentümern dann die Lektüre der Seiten 128 bis 137 im Geschäftsbericht der Deutschen Bank. Börsig nennt abschließend die Höhe der Gesamtvergütung: "32,4 Millionen D-Mark, äh Euro". Lacher bei der Zuhörern.

Zwei Männer, die sich nicht in die Augen schauen: Der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig geht zu Beginn der Hauptversammlung der Deutschen Bank hinter Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, vorbei ans Rednerpult. (Foto: dpa)

Börsig und Ackermann sind zwei unterschiedliche Charaktere. Ihr Verhältnis ist getrübt, sie pflegten "eine professionelle Arbeitsbeziehung", verlautet aus dem Umfeld der Bank - eine Umschreibung dafür, dass sie sich im Grunde nicht besonders leiden können. Auf der Hauptversammlung lassen sie sich das natürlich nicht anmerken. Aber als Börsig das Wort an Ackermann weitergibt und ihre Wege sich kreuzen, schauen sie sich nicht in die Augen.

Der Grund für den Zwist: Der eine, Börsig, ist formell dafür zuständig, den Nachfolger des anderen, Ackermann, zu suchen. Doch weil er sich vor zwei Jahren selbst ins Spiel brachte und Ackermann daraufhin seinen Vertrag bis 2013 verlängerte, ist Börsigs Position geschwächt.

Das dokumentierte Ackermann vor genau einem Jahr auf der Hauptversammlung mit einem kurzen Satz: Er suche seinen eigenen Nachfolger "zusammen mit Herrn Börsig" aus, sagte er - eigentlich ist das nur der Job von Clemens Börsig. Seitdem hat die Deutsche Bank eine Diskussion am Hals, die eine immer größere Eigendynamik entwickelt und ihr immer unangenehmer wird.

Der Investorendienstleister Hermes warnte in einem Brief an Börsig vor der Hauptversammlung, dass die unendliche Diskussion die internen Kandidaten verunsichere und dem Ruf der Bank schade.

Nachfolger Weber?

Börsig aber zeigt sich davon unbeeindruckt. In seiner Rede auf der Hauptversammlung macht er mit drei schon bekannten, formelhaften Sätzen klar, dass sich die Deutsche Bank bei der Nachfolgersuche nicht unter Druck sehe. Man verfolge "einen klar strukturierten Prozess", Ackermann sei "natürlich voll einbezogen", die Entscheidung liege aber beim Aufsichtsrat, der "zu gegebener Zeit informieren" werde.

Wenig Neues für die Aktionäre, die in den vergangenen Wochen immer wieder lesen konnten, dass der Prozess gar nicht so geordnet ablaufen soll. Ackermann und Börsig, so heißt es in Finanzkreisen, seien sich keineswegs einig. Der Vorstandschef favorisiere den zurückgetretenen Bundesbank-Chef Axel Weber, der gerade eine Gastprofessur in Chicago innehat. Börsig aber will sich niemanden vorschreiben lassen. Mal heißt es, er favorisiere eine Doppelspitze - mal, dass er sich bei Vorstandschefs anderer Dax-Unternehmen umsehe.

Im Mai 2013 ist Ackermanns letzter Arbeitstag.

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