Süddeutsche Zeitung

Deutsche-Bank-Chef Ackermann:Regulierung oder Arbeitsplätze

Entweder - oder: Zu scharfe Finanzregeln bringen Jobs und Wachstum in Gefahr. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gibt schon mal den Mahner vom Dienst.

H. Freiberger u. A. Hagelüken

Der internationale Bankenverband IIF schlägt Alarm: Wenn Banken international so streng reguliert würden wie derzeit geplant, koste dies Wachstum und Arbeitsplätze, sagte IIF- und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.

Laut einer Studie entstehen dadurch in den nächsten fünf Jahren zehn Millionen Jobs in der Euro-Zone, in den USA und Japan nicht, weil die Wirtschaft gehemmt werde. Würden die scharfen Regeln umgesetzt, die die großen Industriestaaten derzeit vorbereiten, fiele das Wachstum in den drei Regionen von 2011 bis 2015 um 0,6 Prozentpunkte niedriger aus, so die Untersuchung.

Bis 2020 würde der Rückgang nach Angaben des Verbands immer noch 0,3 Prozentpunkte betragen. Die Euro-Zone wäre mit einem Rückgang um 0,9 Prozent bis 2015 am stärksten betroffen. Eine strenge Regulierung ist nach Einschätzung vieler Ökonomen notwendig, um eine neue Finanzkrise zu verhindern.

Eine Frage des Eigenkapitals

Der Wachstumseinbruch ergäbe sich vor allem daraus, dass Banken gezwungen wären, mehr Eigenkapital zu bilden. Sie könnten deshalb weniger Kredite an die Wirtschaft ausreichen. Der Kapitalbedarf der Banken läge weltweit bei sechs Milliarden Dollar. Ackermann betonte, er sei nicht grundsätzlich gegen Regulierung. "Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken, um künftig riskante Geschäftspraktiken wie vor der Krise zu vermeiden", sagte er.

Es sei aber nötig, die Regulierungsschritte bei der Einführung zeitlich zu strecken und international aufeinander abzustimmen. Die Situation am Interbanken-Markt erholt sich nach Einschätzung von Ackermann langsam. Die Banken verliehen sich gegenseitig wieder mehr Kredite, das Niveau vor der Krise sei aber noch weit entfernt.

Skeptischer in die Zukunft schaut die Europäische Zentralbank. Sie gab bekannt, dass sie ihre Wachstumsprognose für die Euro-Zone für das Jahr 2011 gegenüber März von 1,5 auf 1,2 Prozent reduziert hat. Dieses Jahr sollen die Volkswirtschaften der Währungsunion um nur ein Prozent wachsen (März-Prognose: 0,8 Prozent). Dieses leichte Wachstum steht in scharfem Kontrast zum Einbruch im vergangenen Jahr. 2009 waren die Wirtschaftsleistungen in der Euro-Zone als Konsequenz der Finanzkrise um 4,1 Prozent geschrumpft, so stark wie nie zuvor in der Geschichte der Währungsunion.

Viele Sorgen, aber die Inflation im Griff

Wenig Positives kommt aus den Vereinigten Staaten, deren hohes Außenhandelsdefizit in den vergangenen Jahren ein starkes Bedürfnis nach Krediten auslöste, was als eine Ursache der Finanzkrise angesehen wird. Ein geringeres Defizit und mehr Exporte werden deshalb als wichtiges politisches Ziel betrachtet.

Im April weitete sich das amerikanische Außenhandelsdefizit aber wieder aus, unter anderem, weil die Vereinigten Staaten mit knapp 149 Milliarden Dollar 0,7 Prozentpunkte weniger exportierten als im Monat zuvor.

Im Griff scheint trotz vieler Inflationssorgen derzeit die Preissteigerung in Europa. Die Inflationsrate wird nach Einschätzung der Zentralbank 2010 bei 1,5 Prozent liegen, 2011 bei 1,6 Prozent - beide Werte fallen für die EZB unter Preisstabilität.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2010/stl/mel
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