Der Produkttest:Große Sicherheit, kleine Rendite

Mit einer tagesgeldähnlichen Anleihe macht der Bund ab 1. Juli den Privatbanken Konkurrenz. Das Angebot der Finanzagentur liegt aber nur im Mittelfeld.

Corinna Nohn

Gleich drei Wünsche auf einmal erfüllen, und das ohne böse Überraschung - damit möchte der deutsche Staat Kunden für seine jüngste Anlage-Idee gewinnen. Die "Tagesanleihe", die die Finanzagentur des Bundes vom 1. Juli an feilbietet, verspricht "Rendite, Sicherheit und schnelle Verfügbarkeit".

Dass das Angebot unter dem Siegel der Bundesrepublik Deutschland läuft, einem der sichersten Emittenten weltweit, macht es attraktiv. Im Gegensatz zu den bekannten Bundesanleihen oder Finanzschätzen kann man die Tagesanleihe täglich erwerben und verkaufen.

Neu ist zudem, dass der Zinssatz variabel ist und sich am sogenannten Eonia-Satz orientiert. Eonia steht für "Euro Overnight Index Average". Dahinter verbirgt sich der durchschnittliche Zinssatz, zu dem sich die Banken im Euroraum untereinander Tagesgeld leihen. Er wird täglich angepasst und liegt derzeit bei etwa vier Prozent.

Handel direkt bei der Finanzagentur

Die Tagesanleihe wird allerdings nicht mit dem Eonia-Satz verzinst, sondern mit 99,25 Prozent dieses Werts - das entspricht derzeit laut Finanzagentur einer Rendite von etwa 3,7 Prozent.

Der Titel "Anleihe" ist bei diesem Finanzprodukt allerdings irreführend. Zwar handelt es sich rechtlich um eine, doch im Gegensatz zu klassischen Anleihen wird die Tagesanleihe nicht über die Börse gehandelt, sondern man erwirbt oder verkauft sie direkt bei der Finanzagentur.

Das hat den Vorteil, dass es keine unterschiedlichen An- oder Verkaufspreise gibt, die Anleger also kein Kursrisiko eingehen. Auch hat die Tagesanleihe keinen feststehenden Kupon. Das angelegte Geld wird täglich verzinst, man profitiert daher vom Zinseszinseffekt.

Die Zinsen werden auf den jeweiligen Tagespreis aufgeschlagen: Während man die Anleihe zum Beispiel am 1. Juli zu einem Preis von 100 Prozent des Nennwerts kauft, zahlt man einen Tag später bei einem unterstellten Eonia-Satz von vier Prozent etwa 100,01 Prozent. So ist gewährleistet, dass alle Sparer unabhängig vom Einstiegsdatum gleichgestellt werden.

Jeweils zum Jahresende - die Anleihe läuft unbefristet - wird der Tagespreis auf 100 Prozent zurückgesetzt. Die bis dahin angelaufenen Zinsen werden erneut angelegt und erhöhen den Nennwert der Anleihe.

Umkämpfter Markt

Die angelaufenen Zinsen können sich die Anleger nicht auszahlen lassen, aber sie können ihre Wertpapiere verkaufen und direkt wieder in neue Anleihen investieren. Voraussetzung für die Zeichnung der Tagesanleihe ist ein kostenloses Schuldbuchkonto bei der deutschen Finanzagentur.

Die Tagesanleihe des Bundes ist im Endeffekt mit einem Tagesgeldkonto vergleichbar. Dieser Markt ist heiß umkämpft, und die Banken haben sich über den Vorstoß der Finanzagentur entsprechend geärgert. Vergleicht man jedoch die Konditionen, müssten sich die Institute keine Sorgen machen: Mit einer Rendite von zurzeit etwa 3,7 Prozent liegt das Angebot des Bundes nur im Mittelfeld der gängigen Offerten von Privatbanken.

Ein Blick etwa auf den Tagesgeldvergleich des Finanzdienstleisters biallo.de zeigt, dass Kunden derzeit locker 4,0 bis 4,5 Prozent Zinsen erhalten können, und das bei voller Sicherung ihrer Spareinlagen.

Die Banken dürften sich im Fall einer Zinserhöhung zwar weniger schnell bewegen als der Eonia-Satz und damit die deutsche Finanzagentur, doch das gleichen sie durch höhere Zinsen aus. Den Wunsch nach Rendite bei hoher Sicherheit und Verfügbarkeit erfüllt die Tagesanleihe im Vergleich mit der Konkurrenz daher nicht optimal.

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