Der Fall Madoff:"Überhastet und schlecht durchdacht"

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In New York hat der Hedgefonds-Manager Ezra Merkin Ärger mit der Justiz - weil er das Geld seiner Kunden allen Warnungen zum Trotz bei Madoff investierte.

Nicht nur der Milliardenbetrüger Bernard Madoff selbst muss sich vor Gericht verantworten: Im Skandal um das dubiose Schneeballsystem des 70-Jährigen hat die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft nun den Hedge-Fonds-Manager Ezra Merkin angeklagt - weil dieser ohne Wissen seiner Kunden 2,4 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) bei Madoff angelegt haben soll. Merkin habe zwar nichts von Madoffs gewaltigem Anlagebetrug gewusst, aber absichtlich alle Warnungen in Zusammenhang mit dessen riskanten Investitionen ignoriert, um riesige Honorare von seinen Kunden einzustreichen, sagte Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo am Montag.

Hedge-Fonds-Manager Ezra Merkin: Riesige Honorare von den Kunden eingestrichen. (Foto: Foto: AP)

Der Klageschrift zufolge kassierten der frühere Chairman der General Motors-Finanzsparte GMAC und drei seiner Fonds - Ascot, Gabriel und Ariel - insgesamt 470 Millionen Dollar von Kunden ein, die nun zurückgezahlt werden sollen. Merkins Anwalt Andrew Levander nannte die Klage "überhastet und schlecht durchdacht" und kündigte Gegenschritte an.

Merkin und sein Fonds Gabriel Capital Corp "haben Hunderte Anleger betrogen, die ihm ihre Ersparnisse anvertrauten", hieß es in der beim Obersten Gericht des Bundesstaates New York eingereichten Klageschrift. Gegen Merkin laufen bereits mehrere Klagen von Investoren - darunter auch eine Klage der Universität New York, die nach eigenen Angaben rund 24 Millionen Dollar verloren hat, weil Merkin diese Summe ohne ihr Wissen bei Madoff anlegte. Cuomo zufolge war Merkin seit 1989 im Fondsgeschäft aktiv. In den späten 80er oder frühen 90er Jahren lernte er demnach Madoff kennen.

Tausende Menschen betrogen

Madoff hatte sich im größten Betrugsfall in der Geschichte der Wall Street in allen Anklagepunkten schuldig bekannt. Er räumte ein, über 20 Jahre hinweg ein gigantisches Schneeballsystem im Volumen von 65 Milliarden Dollar betrieben und so Tausende Anleger betrogen zu haben. Der 70-Jährige sitzt derzeit in New York in Untersuchungshaft. Ihm drohen bei der Verkündung des Strafmaßes Mitte Juni bis zu 150 Jahre Gefängnis. Experten erwarten, dass noch weitere mit Madoff verbundene Fondsgesellschaften angeklagt werden könnten.

Merkin hatte hohe Summen bei Wohltätigkeitsorganisationen, Universitäten, Stiftungen und Privatanlegern eingesammelt. Bei einigen der Institutionen saß er selbst in Gremien. Hunderte Investoren vertrauten ihm.

Der Finanzier habe Unstimmigkeiten und rote Warnlampen bei Madoff ignoriert. "Merkin profitierte enorm von Madoffs Betrugssystem", so Cuomo in der 54-seitigen Zivilklage. Merkin sei nicht der behauptete "Investment-Guru" gewesen, sondern lediglich ein "begnadeter Verkäufer".

Merkins Anwalt nannte die Klage in einer von US-Medien veröffentlichten Stellungnahme "aussichtslos". Den Kunden sei bewusst gewesen, dass ihr Gelder bei Madoff investiert sei oder sie hätten ihm die Vollmacht gegeben, ohne zusätzliche Rückfragen Gelder bei Dritten anzulegen.

Der Geschäftsmann zählt zu den wichtigen Personen des öffentlichen Lebens in New York. Wie Madoff war er besonders unter der jüdischen Bevölkerung bestens vernetzt, die besonders von der Betrugsaffäre betroffen ist.

Vergangene Woche hatte der US-Bundesstaat Massachusetts erstmals eine Fondsgesellschaft wegen mangelnder Überprüfung der Madoff-Geschäfte verklagt. Die mit Investments von rund sieben Milliarden Dollar zu Madoffs größten Anlegern zählende Fairfield Greenwich Group habe die Aufsichtspflichten gegenüber ihren eigenen Kunden verletzt, lautet der Vorwurf.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/mel/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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