DGB: Gesundheitssystem:Und der Versicherte zahlt die Zeche

Der Deutsche Gewerkschaftsbund schlägt Alarm: Die Zusatzbeiträge im Gesundheitssystem könnten dramatisch schnell steigen. Einer Studie zufolge sind rein rechnerisch sogar knapp 100 Euro für die Kopfpauschale denkbar - pro Monat.

Guido Bohsem, Berlin

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat vor einem schnellen und deutlichen Anstieg der geplanten Zusatzbeiträge im Gesundheitssystem gewarnt. "Die Koalitionspläne sind pure Umverteilungspolitik zugunsten der Arbeitgeber", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Annelie Buntenbach. Dadurch würden 90 Prozent der Bürger belastet. "Geringverdiener und Rentner geraten in eine hohe Abhängigkeit von staatlichen Transferzahlungen."

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Kostbare, aber auch kostspielige Gesundheit: Der DGB wettert gegen die Kopfpauschale.

(Foto: dpa)

Sie berief sich dabei auf ein Gutachten des Instituts für Gesundheitsökonomie der Universität Köln, das der DGB in Auftrag gegeben hatte. Derzeit beurlaubter Leiter des Instituts ist der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Mit dem Gutachten legen die Gegner der Reform erstmals konkrete Berechnungen über die Auswirkungen der Reformpläne vor. Die schwarz-gelbe Koalition will die Beiträge der Arbeitgeber mit der Gesundheitsreform festschreiben. Künftige Ausgabensteigerungen im System sollen die Arbeitnehmer und Rentner alleine finanzieren. Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des Einkommens, gibt es einen Ausgleich.

Die Experten legten in der Studie zwei Szenarien zugrunde, eines mit einer moderaten und eines mit einer hohen Kostenentwicklung. Steigen die jährlichen Ausgaben auch nur zwei Prozent stärker als die Einnahmen, wird die Kopfpauschale nach den Einschätzungen der Wissenschaftler 2025 knapp 97 Euro im Monat oder 1164 Euro im Jahr betragen. Jeder Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bis zu 4828 Euro hätte Anspruch auf einen Sozialausgleich. Das sind aller Voraussicht nach alle Mitglieder der GKV. Denn bei der Berechnung des Ausgleichs zählt alleine das beitragspflichtige und nicht das tatsächliche Einkommen. Sprich, alles was über der dann geltenden Beitragsbemessungsgrenze liegt, wird nicht berücksichtigt. Alle weiteren Kostensteigerungen werden dann alleine aus der Steuerkasse getragen.

Unterstellt man einen Kostenanstieg von vier Prozent, tritt diese Entwicklung nach den Berechnungen des Kölner Instituts weitaus schneller ein, nämlich schon im Jahr 2020. "Die de facto Verstaatlichung der Zuwächse liegt somit in greifbarer Zukunft", heißt es in der Studie. Komme es zu dieser Ausgabenentwicklung, stiegen die Zusatzbeiträge zudem bereits in kürzester Zeit sehr stark an. Schon im Jahr 2015 würden diese nach den Berechnungen bei 46 Euro im Monat liegen, das macht 552 Euro im Jahr. Wer bis zu 2286 Euro verdient, hätte damit Anspruch auf Sozialausgleich.

Lauterbach sagte, mit den Plänen der Koalition werde "innerhalb der nächsten 15 Jahre stufenweise ein Einheitsbeitrag für alle Kassen von 17,5 Prozent eingeführt - 15,5 Prozent allgemeiner Beitragssatz und zwei Prozent Zusatzbeitrag". Die bestehenden Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung würden damit nur verschoben.

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