Degler denkt:Die zweite Pleite-Welle

Die Pleite der US-Bank CIT ist keine Lehman-Katastrophe. Aber sie kündigt die nächste Phase des globalen Crashs an.

Dieter Degler

Irgendwie glaubt die verunsicherte Finanzwelt dem Großspekulanten George Soros nicht mehr. Kürzlich fasste er seine Befürchtungen in dem klaren Satz zusammen "Die Angst ist - und ich teile diese Angst -, dass das gesamte Bankensystem insolvent ist."

CIT, dpa

CIT geht in die geordnete Insolvenz - doch ob die Rettung gelingt, ist noch ungewiss.

(Foto: Foto: dpa)

Als aber am Sonntag die mit 65 Milliarden Dollar verschuldete amerikanische Bank CIT sich für insolvent erklärte, konnte man, Soros im Kopf, zwar kurz zusammenzucken, doch dann geschah - nichts. Ganz anders als beim Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, herrschte Business as usual in den USA, wo allein am Wochenende 15 weitere Geldhäuser dichtmachten. Kein Alarmismus, keine Aufregung darüber, dass CIT, immerhin eine der zwanzig größten Banken des Landes, nicht vom Staat gerettet wurde.

Was die US-Regierung da macht, ist mutig: Sie vertraut im Jahre zwei nach Lehman bereits wieder auf die Selbstheilungskräfte des Marktes. CIT, so die Hoffnung, wird sich nach einem geordneten Insolvenzverfahren regenerieren und schon in kurzer Zeit wieder gesund am Markt agieren.

In der Tat ist der Fall CIT nicht mit der Lehman-Pleite vergleichbar. Die Bank macht keine riskanten Geschäfte mit Derivaten im großen Stil und ist international kaum verflochten, weshalb auch nicht mit globalen Schockwellen zu rechnen ist. CIT, und das klingt wie eine gute Nachricht, finanziert vor allem amerikanische Mittelständler, ist also in der realen Welt verankert.

Es ist aber zugleich die schlechte Nachricht: Denn was bisher in der Finanzwelt geschah, beschränkte sich weitgehend auf die für Normalbürger intransparente, gleichsam virtuelle Welt des Finanzwesens. Jetzt aber kommt sie in der Wirklichkeit der Märkte an: CIT hat rund eine Million kleine und mittlere Firmen mit Krediten versorgt, von denen viele nicht mehr zahlungsfähig sind.

Weltweit steht eine zweite Welle von Insolvenzen bevor. Nach den Großbanken, die sich mit undurchsichtigen Finanzprodukten verzockt hatten, trifft es nun die kleineren Banken, die an Unternehmen oder Privatkunden Geld verliehen haben, das wegen privater oder Firmen-Insolvenzen nicht mehr zurückfließt. Schon vergangenes Jahr hatte die Kreditkartenfirma American Express sich wegen zu hoher Außenstände bei Karteninhabern im Eiltempo in eine Bank umgewandelt, um unter den Schutz des US-Rettungsschirms für das Kreditwesen zu flüchten.

Auch Deutschland wird vor den Auswirkungen der zweiten Welle nicht verschont bleiben. Die Arbeitslosenzahlen werden nach Weihnachten erheblich steigen, was sich auf den privaten Verbrauch und die daran hängenden Arbeitsplätze auswirken wird. Der Automobilverkauf wird ebenso einbrechen wie der Absatz anderer kostspieliger und nicht zwingend notwendiger Konsumartikel.

Erst dann wird sich zeigen, ob die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung durchdacht waren und das Schlimmste verhindern.

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