Debatte um steigende Mieten:Bezahlbarer Wohnraum kostet

Mietpreise in Deutschland steigen

Wohnen - in vielen Städten Deutschlands inzwischen eine sehr teure Angelegenheit

(Foto: Axel Heimken/dpa)

In Großstädten und Ballungsräumen steigen die Mieten ins Uferlose. Eine bezahlbare Wohnung hat für die Menschen aber existenzielle Bedeutung. Abseits wirtschaftlicher Boomregionen stehen hingegen viele Wohnungen leer. Mit einer Mietpreisbremse für Wiedervermietungen ist es deshalb nicht getan. Die Zeit drängt: Die Verantwortlichen müssen handeln.

Ein Gastbeitrag von Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetages

Der Nürnberger Oberbürgermeister und SPD-Politiker Ulrich Maly, 52, ist seit April neuer Präsident des Deutschen Städtetages, der die Interessen von ungefähr 3400 Städten und Gemeinden vertritt.

Wohnungspolitik - das ist zurzeit topaktuell: Die Medien berichten, wie schwer es gerade vielen Familien fällt, eine bezahlbare Wohnung zu finden; Politik und Verbände diskutieren, was gegen die steigenden Mieten zu tun ist. Sie tun das völlig zu Recht. Eine angemessene und bezahlbare Wohnung hat für die Menschen existenzielle Bedeutung. Und für die Städte ist ein breit gefächertes, attraktives Wohnungsangebot für alle Haushalte und Einkommensschichten ein wesentlicher Standortfaktor.

Allerdings wird bei der aktuellen Debatte über den Wohnungsmangel in den Groß- und Universitätsstädten häufig ausgeblendet, dass dieses Problem sich auf einige wirtschaftliche Boomregionen beschränkt. In vielen Städten und Regionen ist der Wohnungsmarkt ausgeglichen; mancherorts, durchaus nicht nur in Ostdeutschland, stehen sogar viele Wohnungen leer.

Diese Ausgangslage ist also uneinheitlich und erfordert differenzierte Lösungsansätze im Mietrecht und in der Förderung des Wohnungsbaus. Ein Beispiel: Derzeit wird etwa diskutiert, durch erhöhte Abschreibungssätze Investitionen in den Wohnungsneubau steuerlich attraktiv zu machen.

Diese Begünstigungen kann ein Investor aber auch dort in Anspruch nehmen, wo gar kein Wohnraummangel besteht. Besser wäre es daher, nur für den Wohnungsneubau auf angespannten Wohnungsmärkten Investitionszulagen zu gewähren und so die knappen öffentlichen Mittel möglichst zielgerichtet einzusetzen.

Mietsteigerungen deckeln

Es wäre auch richtig und wichtig, über Kappungsgrenzen für Wiedervermietungen zu verhindern, dass die Mieten ins Uferlose steigen. Doch die Ursache dieses Mietanstiegs, der knappe Wohnraum, muss auf andere Weise bekämpft werden: durch den Bau neuer, zusätzlicher Wohnungen. Nur so können die Menschen in wachstumsstarken Städten mit ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum versorgt werden.

Hierzu müssen vor allem die erforderlichen Grundstücke zu solchen Konditionen bereitgestellt und die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau so gestaltet werden, dass sich auch der Neubau von Wohnungen im mittleren und preiswerten Marktsegment rechnet.

Wann wollen private Träger, Genossenschaften und die öffentliche Hand bauen, wenn nicht jetzt, in einer historisch einzigartigen Niedrigzinsphase? Es gibt hier vermutlich ein Zeitfenster bis 2020 - das muss für den Bau eines möglichst hohen Anteils kostengünstiger Wohnungen genutzt werden; so kann der Wohnungsnot in den Wachstumsregionen vorgebeugt werden.

Gegenwärtig steigen die Mieten in jenen Städten, die vom Wohnraummangel betroffen sind, in einem Ausmaß, das von vielen Haushalten nicht verkraftet werden kann. Einkommensschwächere Menschen werden aus den Innenstädten an den Stadtrand verdrängt, wenn sie überhaupt eine Wohnung finden. Vor allem bei Wohnungswechseln gibt es teilweise horrende Mietaufschläge. Deshalb müssen Mieter vor wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Mietpreissteigerungen geschützt werden.

Im Unterschied zu den Bestandsmieten gibt es bisher keine Vorschrift, die dem Anstieg der Wiedervermietungsmieten Einhalt gebietet. Der Deutsche Städtetag hat sich daher dafür ausgesprochen, die Wiedervermietungsmieten in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten auf zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete zunächst befristet für fünf Jahre zu beschränken.

Zur Klarstellung: Hier geht es ausdrücklich nicht um Mieten für die Erstvermietung von neu errichteten Wohnungen. Deshalb ist gewährleistet, dass sich dringend benötigte Investitionen in den Neubau von Mietwohnungen weiterhin rentieren. Und die lokale Differenzierung eröffnet den nötigen Gestaltungsspielraum, auf die unterschiedliche Entwicklung der regionalen und örtlichen Wohnungsmärkte und Wohnungs-Teilmärkte Rücksicht zu nehmen.

Preiswerten Wohnraum schaffen

Allen Verantwortlichen sollte aber bewusst sein: Mit Änderungen des Mietrechts, die für den Gesetzgeber kostenlos zu haben sind, ist es nicht getan. Eine angemessene Versorgung möglichst aller Haushalte mit bezahlbarem Wohnraum kostet Geld.

Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly

Der Nürnberger Oberbürgermeister und SPD-Politiker Ulrich Maly, 52, ist seit April neuer Präsident des Deutschen Städtetages, der die Interessen von ungefähr 3400 Städten und Gemeinden vertritt.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Da müssen neue Wohnungen gebaut werden, vor allem für Haushalte mit geringem Einkommen. Da müssen bestehende Wohnungen saniert werden - sei es, um den Energieverbrauch zu senken, sei es, um altengerechtes Wohnen möglich zu machen. Dies alles wird nicht ohne Förderung gehen.

Für die Städte und Gemeinden bedeutet das, gegebenenfalls Preisabschläge beim Verkauf ihrer Grundstücke hinzunehmen - auch sie müssen ihren Teil dazu beitragen, dass private wie öffentliche Träger bezahlbare Wohnungen bauen können.

Der Bund muss das Fundament legen

Viele Städte leisten bereits jetzt durch kommunale Förderprogramme einen eigenen Beitrag, um einkommensschwächere Haushalte und Familien mit Kindern zu unterstützen. Die Länder wiederum sind gefordert, ihre Wohnraumförderprogramme finanziell angemessen auszustatten. Und der Bund muss die finanzielle Basis für die soziale Wohnraumförderung sichern.

Deshalb begrüßen die Städte die aktuelle Einigung, wonach der Bund seine Ausgleichszahlungen an die Länder in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro nun auch für die Jahre 2014 bis 2019 bereitstellt. Dafür ist der Deutsche Städtetag seit Langem eingetreten.

Nicht zuletzt: Durch die steigenden Wohnkosten werden insbesondere die unteren Einkommensgruppen überproportional belastet. So müssen diese Haushalte inzwischen 40 Prozent und mehr ihres knappen Einkommens für das Wohnen aufwenden. Es ist daher dringend erforderlich, die seit dem Jahr 2009 unveränderten Wohngeldleistungen an die Einkommens- und Mietentwicklung anzupassen.

Das ist vor allem nötig, um die betroffenen Haushalte mit Wohnungen zu versorgen. Und nebenbei werden so auch steigende finanzielle Belastungen für die kommunalen Haushalte verhindert, denn häufig müsse sie die bestehende Lücke schließe.

Das Wohngeld ist zu niedrig; es droht seine Rolle als vorrangige soziale Leistung zu verlieren. Das jedoch führt dazu, dass zunehmend die Kommunen einspringen und die Unterkunftskosten von Menschen mit geringen Einkommen übernehmen.

Auf Dauer aber ist es sinnvoller, preiswerten Wohnraum zu schaffen, statt steigende Mieten durch hohe Sozialleistungen bekämpfen zu müssen. Deutschland geht aber zurzeit den umgekehrten Weg: Das Land gibt im Jahr 1,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau aus - und 15,5 Milliarden Euro für Wohngeld und Unterkunftskosten. Das sollte sich dringend ändern.

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