Debatte um Kreditklemme:Banken am Pranger

Deutliche Worte an die Finanzwirtschaft: EZB-Präsident Trichet und Finanzminister Steinbrück drängen die Banken dazu, die Unternehmen besser mit Krediten zu versorgen.

Helga Einecke

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet drängt die Banken, während der Krise Unternehmen und Privatleute mit ausreichend Kredit zu versorgen. "Die Banken sollten das tun, wozu sie da sind, nämlich Geld verleihen", sagte er. Experten fürchten, es könnte in Deutschland in den nächsten Monaten zu einer Kreditklemme kommen.

Trichet, EZB, AP

EZB-Präsident Trichet: "Die Banken sollten das tun, wozu sie da sind, nämlich Geld verleihen."

(Foto: Foto: AP)

Trichet sagte, die Europäische Zentralbank (EZB) könne den Banken nicht diktieren, was sie mit ihrem Geld machen; aber die Institute müssten ihrer Aufgabe nachkommen und Kredite vergeben. Viele Firmen berichten, sie würden von ihren Banken nicht mehr mit genügend Geld versorgt. Die EZB hatte den Kreditinstituten vor kurzem für ein Jahr fast eine halbe Billion Euro zur Verfügung gestellt. Die Banken parkten einen Teil wieder auf Konten der EZB und wurden dafür attackiert. Der EZB-Chef sprach im Rahmen der "Münchner Seminare", die vom Ifo-Institut und der Süddeutschen Zeitung veranstaltet werden.

Brandbrief von Steinbrück

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erhöhte am Montag den Druck auf die Geldhäuser. In einem Schreiben an die Spitzenverbände der Banken und Sparkassen kündigte er an, die Kreditvergabe der Institute zu untersuchen. Bei einem Treffen am 1. September werde er die Ergebnisse präsentieren.

Steinbrück verwies auf die Milliardenhilfen, die die Regierung den Banken bereitgestellt habe. Er wolle damit "verdeutlichen, dass nicht nur ich, sondern alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland für diese (Vor-)Leistungen eine Gegenleistung erwarten." Die Kreditinstitute stünden heute in einer besonderen gesamtwirtschaftlichen Verantwortung.

Ähnlich äußerte sich Trichet. Er machte klar, dass die Notenbanken und die Regierungen eine Fülle von Maßnahmen ergriffen hätten, um die Krise zu meistern. Jetzt sei es an der Zeit, alle diese Maßnahmen umzusetzen. Zum Beispiel hätten die europäischen Banken erst die Hälfte des Kapitals abgerufen, das ihnen die Regierungen zur Bereinigung der Bilanzen bereitstellten. "Wir müssen alle dazu beitragen, jeder von uns gemäß seiner eigenen Verantwortlichkeit, dass unsere Wirtschaft auch in dieser schwierigen Zeit funktioniert", sagte er.

Trichet erläuterte, warum die EZB die Unternehmen nicht direkt über Anleihen mit Geld versorgt, wie das die US-Notenbank und die Bank von England tun. Dies hatte Steinbrück auch für deutsche Firmen gefordert. Im Euro-Raum finanzieren sich Unternehmen zu 70 Prozent über die Banken, während in den Vereinigten Staaten die Unternehmen zu 80 Prozent über den Kapitalmarkt gehen, wenn sie neues Geld brauchen. Deshalb müsse die EZB bei den Banken ansetzen, damit diese die übrige Wirtschaft mit Krediten versorgen. In Europa dominierten zudem kleine Firmen, die keinen Zugang zum Kapitalmarkt hätten, aber für Wachstum und Beschäftigung sorgten.

"Alles Erforderliche getan"

Der EZB-Chef sagte, die Notenbank habe in den vergangenen Monaten alles Erforderliche getan, um die Kreditvergabe zu stützen. Dies ziele in erster Linie auf die Banken, die mit der EZB enger in Kontakt sind, als dies zwischen der US-Fed und den amerikanischen Geldhäusern der Fall ist. Dabei versucht die EZB, den Mangel an Liquidität und Vertrauen über verschiedene Wege zu beseitigen.

Sie senkte ihren Leitzins von 4,25 Prozent auf 1,0 Prozent. Sie verlängerte die Laufzeiten für die Kredite, die sie an die Banken vergibt, auf ein Jahr. Sie akzeptierte auch Wertpapiere als Pfand, die sie früher als weniger vertrauenswürdig empfand. Die EZB lieh den Banken auch Geld in anderen Währungen, vor allem in Dollar, weil die Geldhäuser sich nicht alle bei der US-Notenbank finanzieren können. Außerdem kauft die EZB seit kurzem besicherte Wertpapiere auf, also Pfandbriefe, um die Finanzierung von Banken und Firmen zu verbessern.

Steinbrück reicht all dies nicht. Er forderte in seinem Brief an die Spitzenverbände, "dass die Kreditinstitute Kredite zu vernünftigen Konditionen an die Unternehmen ausgeben." Sollten sie dies nicht ohne Inanspruchnahme des jüngst beschlossenen "Bad-Bank"-Modells tun können, appelliere er ausdrücklich an sie, "dieses Modell zu diesem Zweck zu nutzen". Der Finanzminister drohte erneut damit, dass er es "nicht bei Appellen belasse. Ich werde die Entwicklung bei der Kreditvergabe im Auge behalten, mir berichten lassen und mich vor diesem Hintergrund eng mit der Bundesbank beraten."

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