Debatte um Griechenland-Umschuldung:Und weg ist das Geld

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Viele Anleger fürchten einen möglichen Schuldenschnitt für Griechenland. Doch was bedeutet ein solcher Schritt für den normalen Sparer? Ein Überblick über die verschiedenen Anlageformen - und die möglichen Verluste.

Alina Fichter, Andreas Jalsovec und Markus Zydra

Als das Gerücht Anfang Mai aufkam, bekam Kornelius Purps einen Schrecken: "Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion - als ich das hörte, hatte ich Angst: um meinen Job, um meine finanzielle Zukunft." Purps ist Anleihenexperte bei der Großbank Unicredit, ein Anlageprofi also. Doch auch ihm wird mulmig bei der Vorstellung, was passieren könnte, wenn die Krise in Griechenland mit einer harten Lösung endet.

Eine EU-Fahne weht über der Akropolis in Athen. Ein griechischer Schuldenschnitt hätte auch für die deutschen Sparer Folgen. (Foto: dpa)

Ein Rauswurf der Griechen aus der Eurozone wäre ein solches Ende. Aber auch ein Schuldenschnitt für das Land: Was passiert, wenn Griechenland über Nacht einen Großteil seiner Verbindlichkeiten erlassen bekäme? "Griechenland alleine wäre nicht das Problem", sagt Purps. Die größte Gefahr bestehe in einer Kettenreaktion: Auch die anderen Wackelkandidaten in der Eurozone würden dann von den Investoren in Zweifel gezogen.

Ein solcher Dominoeffekt wäre Gift für die Finanzmärkte. Viele Anleger fragen sich daher: Ist dann mein Erspartes in Gefahr? "Wir haben etliche Anfragen von Anlegern, die sich Sorgen um Ihre Lebensversicherung, ihren Aktienfonds oder ihr Festgeld machen", berichtet Merten Larisch, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Bayern. Die Auswirkungen einer Umschuldung Griechenlands hängen aber letztlich davon ab, wie Anleger ihr Geld investiert haben.

Anleihen

"Wer jetzt noch griechische Staatsanleihen hat, sollte sie gedanklich mit Null bewerten", rät Anleihenexperte Purps. Derzeit sind Griechenland-Papiere in der Tat eine hochspekulative Anlage. Käme es zu einem Schuldenschnitt von 50 Prozent, sind auch sie nur noch die Hälfte wert. Aber auch Anleger mit Staatspapieren anderer Länder müssten Abschläge hinnehmen.

"Bei allen Anleihen schwacher Euroländer wird es Kursverluste geben", sagt der Münchner Finanzprofessor Klaus Fleischer. Er meint vor allem Portugal, Irland und Spanien. Dort würden Anleger im Falle einer Umschuldung Griechenlands ebenfalls auf einen Schuldenschnitt spekulieren - und aus deren Staatspapieren flüchten. Ziel der Flucht wären Anleihen von Staaten mit erstklassiger Bonität. In Europa sind das Österreich, die Niederlande, Finnland, Frankreich - und Deutschland. Bundesanleihen dürften besonders profitieren, meint Purps: "Sie sind im Moment für Anleger einer der sichersten Häfen der Welt."

Rentenfonds

Viele Deutsche haben sich in der Finanzkrise Fonds zugelegt, die in Staatsanleihen investieren. "Rentenfonds galten als besonders sicher", sagt Martin Hüfner, Chefvolkswirt bei der Investmentfirma Assenagon. Das ist vorbei: Stecken in den Fonds Papiere aus Griechenland und anderer Problemländer, müssen Anleger Kursverluste einplanen. Das Ausmaß hängt vom Anteil kritischer Anleihen im Fonds ab. "Viele Fondsmanager dürften zuletzt ihre Fonds von Problempapieren bereinigt haben", glaubt Hüfner. Welche Zitter-Anleihen noch im Fonds stecken, können Anleger aus dem Monatsbericht ihrer Fondsgesellschaft ersehen.

Weniger Sorgen müssen sich Privatanleger mit Euro-Rentenfonds machen, deren Zusammensetzung sich an einem Rentenindex orientiert. Griechenland-Anleihen seien in den Indizes so gut wie nicht enthalten, meint Hermann Josef Tenhagen, Finanzexperte bei der Stiftung Warentest. Auch der Anteil portugiesischer oder irischer Anleihen ist gering. "Bei diesen Fonds kann man Entwarnung geben", meint Tenhagen. Greift die Skepsis der Anleger aber auf Italien über, sieht es anders aus: In 14 von 18 Euro-Rentenindizes mit Staatsanleihen zählt Italien zu den drei größten Positionen.

Lebensversicherungen

Auch Kunden der Lebensversicherungen fürchten, dass ein Schuldenschnitt ihre Rendite schmälert. Schließlich legen die Gesellschaften das Geld ihrer Kunden hauptsächlich in Staatsanleihen an - auch in griechischen. "Diese machen aber nur ein halbes Prozent der Kapitalanlagen deutscher Versicherer aus", sagt Daniela Röben vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft. Selbst eine Staatspleite habe also kaum Einfluss auf die mehr als 90 Millionen Lebensversicherungen in Deutschland. Manfred Poweleit, Chef des Branchendienstes Map-Report, bestätigt diese Einschätzung: Ein paar Euro Rendite könnten seiner Meinung nach schon verloren gehen - "aber es würde sich nicht einmal bei der zweiten Stelle hinterm Komma bemerkbar machen".

Die Probleme für Verbraucher lägen anderswo, sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg: Die Überschussbeteiligungen sinken seit Jahren. Auch der Garantiezins für Neuverträge fällt 2012 erneut - auf 1,75 Prozent. Nicht Griechenland macht es den Unternehmen daher schwer, die versprochenen Renditen zu erwirtschaften. Es sind die niedrigen Kapitalmarktzinsen.

Tages- und Festgeld

Spareinlagen wie Tagesgelder oder Sparbriefe wären von einem Schuldenschnitt nicht direkt betroffen. Neben Bundesanleihen seien sie daher für Anleger, die um ihr Geld fürchten, "derzeit die erste Wahl", meint Verbraucherschützer Merten Larisch. Ums Ersparte müssten Anleger sich nur sorgen, wenn ihre Bank ins Trudeln gerät.

Völlig unmöglich ist das nicht: "Banken, die hohe Anteile problematischer Papieren halten, können auch Probleme bekommen", meint Larisch. Geht eine Bank pleite, springt aber die gesetzliche Einlagensicherung ein. Über diese sind pro Kunde 100.000 Euro Erspartes abgesichert. Reicht das aber nicht aus, gibt es für deutsche Banken noch die freiwillige Einlagensicherung der Bankenverbände. Sie deckt weitaus höhere Beträge ab.

Aktien

Bei einem Schuldenschnitt dürften die Kurse an den Aktienmärkten kurzfristig fallen. Die entscheidende Frage ist dann: Welche weiteren Konsequenzen hat der "Haircut"? Davon hängt ab, ob die Börsen auf breiter Front kollabieren oder Griechenland als Einzelfall bewerten, der das große Ganze - die Euro-Zone - nicht gefährdet.

"Bei einem Schuldenschnitt droht eine Kapitalflucht aus dem Euro", sagt Robert Halver, Aktienexperte der Baader Bank. "In Portugal, Irland und Spanien werden die Eliten ihre Vermögen aus dem Land transferieren, etwa in die Schweiz oder auch woanders hin", meint Halver.

Die Folge: Die Aktienkurse fallen weiter, denn Nachfrage verlässt die Märkte. Einige europäische Banken müssten aufgrund des Haircuts viel Geld abschreiben. Womöglich, so fürchtet Halver, müssten sie von nationalen Regierungen unterstützt werden. Auch das würde den Aktienmärkten schaden, weil es als Indiz einer weiteren europäischen Finanzkrise interpretiert würde.

© SZ vom 26.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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