Debatte um Euro-Austritt Griechenlands:Tui fürchtet die Drachme

Vor wenigen Tagen war es noch eine zynische Forderung. Inzwischen hält offenbar auch der Reisekonzern Tui eine Rückkehr der Drachme in Griechenland für ein realistisches Szenario - und will sich in seinen Verträgen mit griechischen Hotels dagegen absichern. Deutsche Experten raten den Griechen zum Austritt aus der Eurozone. Dabei hätte dies für das Land fatale Folgen.

Der Reisekonzern Tui bereitet sich auf eine mögliche Rückkehr Griechenlands zur Drachme vor. In einem Brief soll das Unternehmen nach einem Bericht der Bild griechische Hoteliers auffordern, einen Vertrag zur Absicherung gegen Währungsrisiken zu unterzeichnen. "Alle Tui-Töchter müssen generell schauen, dass sie gegen Wechselkursschwankungen abgesichert sind", sagte Konzernsprecher Robin Zimmermann und bestätigte damit den Zeitungsbericht.

Hintergrund des Briefes, der Zimmermann zufolge von den skandinavischen Tui-Töchtern stammt, ist die Befürchtung, dass Griechenland den Euro-Raum verlassen und die Drachme wieder einführen könnte. Ökonomen gehen davon aus, dass eine neue griechische Währung direkt nach der Einführung massiv an Wert verlieren könnte. Für diesen Fall will Tui Zahlungen an griechische Hotels absichern. "Wenn der Euro nicht mehr die Währung sein sollte ..., ist Tui berechtigt, die Geldsumme in der neuen Währung zu bezahlen. Der Wechselkurs richtet sich nach dem von der Regierung vorgegebenen Wechselkurs", zitiert die Bild aus dem Brief.

Der griechische Hotelierverband habe empört auf die Forderung des Reisekonzerns reagiert, schreibt das Blatt. "Kein Hotelier wird das machen", sagte der Präsident des griechischen Tourismusverbandes, Andreas Andreadis, zur Aufforderung von Tui an die Hotelbesitzer, den ihnen zugesandten Vertragstext zu unterzeichnen.

Ökonom gibt Tipps für die Rückkehr zur Drachme

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sieht derweil keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone. "Die Griechen haben keine Chance, im Euroraum wettbewerbsfähig zu werden. Sie müssten ihre Löhne um die Hälfte senken. Das geht nur durch Austritt und Abwertung", sagte Sinn der Wirtschaftswoche. Auch wenn es keine Rechtsgrundlage für einen Austritt gebe, sei die Trennung vom Euro möglich.

Der Währungsexperte Manfred Neumann, Professor an der Universität Bonn, hat denn auch schon konkrete Tipps, wie die Regierung in Athen zur Drachme zurückkehren könnte, ohne dass es zu einem panikartigen Abräumen der Euro-Guthaben bei Banken komme. Athen müsse die Rückkehr zur Drachme heimlich vorbereiten. "Am besten führt man die Währungsreform an den Weihnachtsfeiertagen durch", sagte Neumann der Wirtschaftswoche.

Allerdings ist der Abfluss von großen Geldbeträgen aus Griechenland nach Expertenmeinungen längst im Gange. So berichten etwa Immobilienmakler in Berlin oder London von einem sprunghaften Interesse griechischer Investoren beim Kauf von Häusern oder Wohnungen, um Geld außerhalb Griechenlands sicher anzulegen.

Doch auch hierfür hat Neumann ganz konkrete Lösungsvorschläge: Grenzen zu Griechenland dicht machen, man müsse das ganze Land abschotten. Banküberweisungen sollten gänzlich verboten werden, um den Abfluss von Geldern einzudämmen. Auch der internationale Flug- und Bahnverkehr in das stark vom Tourismus abhängige Land sollten eingestellt werden.

Zwar würde eine Rückkehr zur Drachme tatsächlich die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands schlagartig erhöhen: Die Exporte des Landes würden zunehmen, da die Drachme stark an Wert verlieren würde. Doch hätte ein solcher Schritt drastische Konsequenzen für die Griechen: Sie könnten ihre Importe nicht mehr bezahlen, darunter etwa Medikamente und Nahrungsmittel. Griechische Wirtschaftsexperten warnen, dass sich Griechenland nach einem Austritt aus der Eurozone auf dem Niveau von Albanien wiederfinden würden.

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