Süddeutsche Zeitung

Debatte um Christus-Statue:Rödental will Jesus

Der Stadtrat von Wassertrüdingen hat den 55 Meter hohen Monumental-Jesus abgelehnt - nun will ihn das oberfränkische Rödental.

Nach der Absage von Wassertrüdingen (Landkreis Ansbach) ist nun die oberfränkische Stadt Rödental als Standort für die geplante Christus-Statue im Gespräch. Bürgermeister Gerhard Preß (CSU) bekundete am Mittwoch sein Interesse an dem Projekt des Hamburger Unternehmers Harry Vossberg und des niederbayerischen Künstlers Angerer des Älteren. "Ich habe die Planungen schon länger verfolgt und lasse mir jetzt die Unterlagen schicken", bestätigte Preß Medienberichte.

Der ideale Platz für die 55 Meter hohe Jesus-Statue wäre aus seiner Sicht die sogenannte "Pilgerhöhe" in der Nähe des Stadtteils Unterwohlsbach. Dort wird derzeit aus dem Abraummaterial der Tunnel für die benachbarte ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt ein 60 Meter hoher Hügel aufgeschüttet. Dort wäre der Mega-Jesus weithin sichtbar. Auch ein modernes Hotel könne die Stadt und der Landkreis Coburg gut gebrauchen, sagte Preß. Vossbergs 20-Millionen-Euro-Projekt sieht neben dem Christus-Monument ein Pilgerhotel mit 185 Zimmern und einem Wellnessbereich vor.

Nach heftigen Protesten, insbesondere der Kirchen, hatte der Stadtrat von Wassertrüdingen die Pläne am Montagabend mit klarer Mehrheit (17:4 Stimmen)abgelehnt. Dabei hatte sich im Februar der Rat noch begeistert für das Projekt ausgesprochen - und dafür viel Spott geerntet. Wieso man nicht gleich ein 55 Meter hohes goldenes Kalb in den Ort stelle, das sei ehrlicher, argumentierten die Kritiker, die hinter dem Monumental-Jesus vor allem eine touristen- und renditeorientierte Investition vermuteten.

Enttäuscht sei man, sagte Vossberg am Tag nach dem Aus. Schließlich habe sich die Stadt im Herbst 2008 selbst beworben. "Wir machen aber trotz dieses Entschlusses weiter", sagte Vossberg der Süddeutschen Zeitung. "Irgendwo wird Christus seine Herberge finden." Möglicherweise gebe es noch einen Bürgerentscheid, ansonsten sehe man sich anderswo um, eine Gemeinde in Oberfranken sei etwa zum Bau bereit.

"Allerdings waren Vossberg und der Künstler Ludwig Angerer der Ältere bereits in Bad Reichenhall mit ihrem Monument gescheitert. Auf dem Predigtstuhl sollte der Jesus zu stehen kommen, gedacht als Marketingidee für die dortige Seilbahn, so verriet Vossberg damals. Der gebürtige Hamburger war Polizeibeamter, ehe er Mitte der 70er Jahre als Mitarbeiter in der Hamburger FDP-Fraktion anheuerte. Inzwischen ist Vossberg von Dresden aus im Filmgeschäft und im Immobilienhandel engagiert. Eine Fernsehserie über einen "weltweit einmaligen Jungbrunnen" und ein "glamouröser Suitenkomplex" an der Spree waren zuletzt geplant.

Auch das Jesus-Projekt samt angegliedertem Hotel sieht Vossberg als Investition. "Ich und meine Freunde haben Kontakt zu renommierten Kapitalgebern aus dem deutschsprachigen Raum geknüpft, das sind natürlich Kaufleute." Es sei geplant gewesen, dass das Hotel einen Obolus an die Stiftung entrichte. "Sofern Unterkünfte vorhanden sind, könnte die Statue aber auch ganz allein stehen", sagte Vossberg, der eigenem Bekunden zufolge gläubiger Christ ist. "Aber kein Kirchgänger, das Wort Kirche taucht ja nirgends in der Bibel auf."

Rödentals Bürgermeister Gerhard Preß will zunächst Hintergrundinformationen zu den Plänen einholen. "Ich will wissen, wer und was dahinter steckt", sagte er, "eine Sekte will ich nicht". Sollten mögliche Zweifel ausgeräumt sein, will der Bürgermeister beim Stadtrat, den Kirchen und der Bevölkerung um Zustimmung für die höchste Christus-Statue der Welt werben.

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