Commerzbank und Dresdner Bank:Beraten und verkauft

Am Sonntag könnte ein langer Leidensweg enden: Wie die Dresdner Bank für die Allianz zum Klotz am Bein und die Chinesen zum Lockvogel wurden.

Martin Hesse

Herbert Walter und Martin Blessing hatten in diesem Sommer ein merkwürdiges Déjà-vu. Als die Chefs der Dresdner Bank und der Commerzbank einander gegenübersaßen, um den Zusammenschluss beider Häuserauszuhandeln, da werden ihre Gedanken für einen Moment acht Jahre zurückgeschweift sein.

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(Foto: Foto: AP)

Anfang und Ende des Leidensweges der Dresdner Bank

Damals, im Februar des Jahres 2000, saßen die beiden schon einmal zusammen, um über eine Bankenfusion zu beraten. Die Deutsche Bank wollte mit der Dresdner Bank zusammengehen. Walter, damals noch im Vorstand der Deutschen Bank, und Blessing, damals ausgerechnet auf Dresdner-Bank-Seite, sollten aushandeln, wie man das Privatkundengeschäft integrieren könnte.

Daraus wurde damals nichts. Und auch deswegen sitzen Walter und Blessing heute wieder zusammen. Es war der Anfang des Leidenswegs der Dresdner Bank. An diesem Sonntag könnte er enden. Michael Dieckmann, der Chef der Allianz, der die Dresdner derzeit gehört, sowie Blessing und Walter sind sich im Grundsatz einig. Wenn am Sonntag auch die Aufsichtsräte zustimmen, wird die Dresdner an die Commerzbank verkauft.

Angst vor einem Scheitern

Doch die Angst ist bis zum letzten Moment groß, dass der Bund noch scheitert. So wie im April 2000 die Ehe zwischen Deutscher und Dresdner nicht zustande kam. Es hätte die größte Bank der Welt werden sollen, mit einer Bilanzsumme von 2,5 Billionen Mark und 120.000 Mitarbeitern. Doch die anfängliche Begeisterung für den Coup an den Börsen verflog rasch.

Damals war die Dresdner Bank mit der Deutschen noch fast auf Augenhöhe, diesen Anschein wollte man zumindest mit einer "Fusion unter Gleichen" wahren. Doch torpedierten die Investmentbanker der Deutschen Bank den Plan. Sie setzten bei Bankchef Breuer durch, dass die Investmentbank der Dresdner - sie hieß damals Kleinwort Benson - bei einer Fusion verkauft werden sollte. Als der Plan durchsickerte, zog sich der damalige Dresdner-Chef Bernhard Walter gekränkt zurück.

Immer größere Banken in Europa

Doch die Suche nach einem Partner ging weiter, weil in Europa durch Übernahmen immer größere Kreditinstitute entstanden. Gerüchte um einen Zusammenschluss mit der Hypovereinsbank flammten wieder auf, die es schon zuvor gegeben hatte. Doch den nächsten Annäherungsversuch startete die Dresdner Bank bei der Commerzbank - nur ein Vierteljahr nach dem Scheitern der Gespräche mit der Deutschen Bank.

Wieder sollte es auf einen partnerschaftlichen Zusammenschluss hinauslaufen. Doch schon einen Monat später war der Traum von einem deutschen Bankenriesen erneut ausgeträumt. Jedes Detail der Verhandlungen drang damals rasch nach draußen, es hieß, Insider wollten die Fusion gezielt kippen. Und viele Schlagzeilen von damals erinnern an diejenigen, die auch in den vergangenen Wochen die Fusionsgespräche begleitet haben. Die Arbeitnehmer waren dagegen, weil sie einen drastischen Stellenabbau fürchteten. Und die Aktionäre, allen voran der Finanzinvestor Cobra, machten Stimmung gegen die Fusion.

Ein schlechter Scherz

Als es vorbei war, war die Dresdner Bank schwer angeschossen. Doch es dauerte nicht lange, da gab es eine neue Idee für eine Fusion. Diesmal nahm der Allianz-Konzern, damals schon größter Aktionär der Dresdner, das Heft selbst in die Hand.

Schon bei der geplanten Fusion der Dresdner Bank mit der Deutschen Bank hatte der Versicherer als eigentlicher Gewinner gegolten, da die Vermögensverwaltung der Deutschen Bank DWS nach München gehen sollte. Auf das Fondsgeschäft hatte es die Allianz nun auch abgesehen: Ende März 2001 bestätigen Allianz und Dresdner Fusionsgespräche. Und diesmal klappt es. Am 1. April stimmen die Aufsichtsräte beider Konzerne der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz zu. Ausgerechnet am 1. April, hieß es im Nachhinein bei Kritikern, die den Plan von Anfang an für einen schlechten Scherz hielten.

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Beraten und verkauft

24,5 Milliarden Euro hatte die Allianz für das Frankfurter Geldhaus gezahlt, zu einer Zeit, als die Aktienkurse schon bröckelten, aber kaum einer hätte gedacht, dass Börse und Finanzbranche noch zwei weitere Jahre lang abstürzen würden. Schnell hieß es, Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner, der als Architekt der Übernahme galt, habe einen viel zu hohen Preis bezahlt.

Dieckmann hisste die weiße Flagge

Bald galt unter Analysten die Dresdner als Klotz am Bein der Allianz.Doch der Versicherer hatte selbst seinen Anteil daran, dass die Dresdner unter seiner Obhut nicht gedieh. Die prosperierende Fondsgesellschaft Dit holte die Allianz ganz zu sich herüber, ihre Gewinne schlugen fortan in der Bilanz der Mutter zu Buche. Das in diesen Jahren schwierige, margenschwache Privat- und Firmenkundengeschäft blieb bei der Dresdner Bank.

Lange hielten Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle und auch sein Nachfolger Dieckmann dennoch an der Dresdner Bank fest. Erst als die von Amerika ausgehende Kreditkrise der Investmentbank Dresdner Kleinwort Verluste in Milliardenhöhe bescherte, hisste Dieckmann vor den Aktionären die weiße Flagge. Er stellte die Bank im Frühjahr 2008 zum Verkauf.

Doch die Bank, deren Investmentbanking einst als Juwel bezeichnet wurde, ist heute in den Augen mancher Analysten nicht viel mehr als eine Glasperle. Nur wenige Kaufinteressenten wurden bei Dieckmann und Achleitner vorstellig, Namen wie Lloyds TSB und Santander rückten rasch wieder in den Hintergrund.

Nur die Commerzbank und die China Development Bank (CDB) legten schließlich konkrete Angebote vor. Rasch war klar, dass nicht nur die deutsche Politik, sondern auch die Allianz selbst die Commerzbank favorisierte. Die Chinesen, so heißt es im Umfeld der CDB, fühlten sich als stalking horse missbraucht.

So nennen Investmentbanken einen Lockvogel, der letztlich einen anderen Wunschpartner gefügig machen soll. So dürfte die chinesische Förderbank wohl nur dann zum Zuge kommen, wenn die Gespräche mit der Commerzbank doch noch in letzter Minute platzen. Die Skepsis aber bleibt, dass genau das passiert. Bis zum Schluss.

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