Comic zur Finanzkrise:Seufz, schluchz, ächz

Einfach mal ganz banal runterbrechen: Die Comicwelt erklärt die Finanzkrise - aber nicht mit Spiderman und Superman.

Oliver Bilger und Hannah Wilhelm

Früher waren es Spiderman und Superman, die die Welt gerettet haben. Oder die Fantastic Four. Zuverlässig liefen, flogen, krabbelten, schwirrten und zzzischten sie durch die Comics und regelten, was so zu regeln war. Zzzzzisch, schluchz, ächz. Bösewichte vernichten, Leben retten, Bomben entschärfen. Sie zeigten, was richtig und was falsch ist.

Wir-Baeren

Komm, ich erklär' dir die Welt: Die beiden Bärchen unterhalten sich über die Geldpolitik der Vereinigten Staaten.

Nun also soll den Job Dagobert Duck übernehmen, ausgerechnet ein so unbeliebter, griesgrämiger Comic-Rentner. Aber der ehemalige Bundesfinanziminister Peer Steinbrück hat ihn nun zum Vorbild für die Banker ernannt: Die Spekulanten der heutigen Zeit hätten sich mal mehr an der Comic-Ente orientieren und konservativer wirtschaften sollen. Das sagte Peer Steinbrück kürzlich in einem Interview. Nun soll also Dagobert Duck zeigen, was richtig und was falsch ist. Auch gut.

Erklären, das tun seit Herbst zum Vergnügen vieler auch zwei Bärchen in einem Animationsfilm, der durchs Internet geistert. Die beiden Bärchen unterhalten sich darin über die Geldpolitik der Vereinigten Staaten. Und zur Überraschung vieler tun sie das putzig, ironisch, trocken und vor allem verständlich. Geschaffen hat Omid Malekan die beiden Comic-Wesen. Er war einmal Broker in New York, also Teil der Finanzwelt. Wegen der Krise musste er den Job wechseln. Heute verdient er seinen Lebensunterhalt als Gebäudemanager. Eigentlich wollte er den Videoclip nur einigen seiner Freunde zeigen und ihnen so die Wirtschaft verständlicher machen, sagt er. Tatsächlich klicken nun Millionen das Video auf Youtube an.

Die Erklärbären der Nation

Jetzt hat Malekan nachgelegt und die beiden Bärchen erneut losgeschickt, um die Welt zu retten. Naja, auf jeden Fall, um die Finanzwelt zu erklären. Diesmal plaudern die beiden entlarvend über das Rettungsprogramm für die in der Krise von Pleite bedrohte Banken. "Bank Bailouts Explained" lautet der Titel des Filmchens. Darin geht es um die Behauptung der US-Regierung, dass von einer staatlichen Bankenrettung, dem sogenannten Bailout, am Ende der Steuerzahler profitieren werde.

In Malekans erstem Film blödelten die Bärchen treudoof über die US-Notenbank und ihren Chef Ben Bernanke. Dieses Mal plaudern sie stellvertretend für Ben Bernanke und den US-amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner: "Glaubst du, dass Politiker ehrlich sind?" "Nein", erwidert das andere Bärchen. "Glaubst du Banker sind fair?" - Und wieder: "Nein."

Die Comicfiguren erklären, wie das ablief, als Großbanken vom Staat gerettet werden mussten, weil sie "too big to fail" waren, also ihre Pleite verhindert werden sollte, weil der Untergang wohl andere Institute und Unternehmen mit nach unten gerissen hätte. Nur seien die Banken durch die Rettungspakete noch größer geworden. Denn die staatliche Unterstützung nutzten die Institute nicht, um neue Kredite zu vergeben, sondern um andere Banken zu kaufen. So seien die Banken "too biggerer to fail" geworden. So plaudern die animierten Bärchen treuherzig über die Finanzwelt und die Internetgemeinde freut sich.

Gigantische Zugriffszahlen

Schöpfer Omid Malekan schreibt auf seiner Homepage: "Ich mache Videos um zu unterhalten und um aufzuklären." Und erreicht die Welt. Wie schon bei seinem ersten Animationsfilm sind auch diesmal die Zugriffszahlen auf Youtube ungeheuer hoch. Mehr als Hunderttausend, vor allem in den USA, haben sich das Video binnen weniger Tage bereits angesehen.

Malekan ist bei weitem nicht der Erste, den die Finanzkrise zum Film gebracht hat. Seit gut einem Jahr amüsieren zwei junge Männer mit angeklebten Schnurrbärten als rappende Ökonomen John Maynard Keynes und Friedrich August von Hayek die Youtube-Gemeinde. Fast zwei Millionen Mal wurde das Video bislang abgerufen. Ja, die Finanzkrise, die die Welt so tief erschüttert hat, sie treibt die Kreativen um. Und sie stellen die Welt der alten Superhelden auf den Kopf.

So haben die beiden Comic-Autoren Erich Origen und Gan Golan einen ganz neuen Super-Anti-Finanzkrisen-Helden geschaffen: den "Arbeitslosen", der gegen die "Unsichtbare Hand des Marktes" antritt. Mit Mut und Elan kämpft er gegen den "Toxischen Tropfen" und den "Entlasser". So wie einst Superman, Spiderman oder eben die Fantastic Four. Die Finanzwelt retten eben. Bösewichte vernichten, Leben retten, Bomben entschärfen. Zeigen, was richtig und was falsch ist. Seufz, zzzzzisch, ächz. Schluchz.

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