Süddeutsche Zeitung

Carsten Maschmeyer:Swiss Connection - Kanzlerfreund als Tycoon

Man sieht ihn mit Gerhard Schröder und Veronica Ferres - und nun wird Carsten Maschmeyer Finanztycoon. Er wechselt von seiner AWD zu Swiss Life.

Man kann ihnen nur mühsam entkommen, den Beratern des AWD. Oft, wenn in öffentlicher Runde das Wort Geld fällt, taucht - einem fleischgewordenem Pop-up gleich - ein Berater auf, der "ein paar Tipps hat".

Der aggressivste Verkäufer heißt Carsten Maschmeyer. Er ist der Chef von AWD und in den vergangenen Wochen zum Shootingstar der bunten Seiten in der deutschen Presse aufgestiegen. Das lag natürlich an seiner neuen Funktion als Freund der Schauspielerin Veronica Ferres (Bild: "Ja, wir sind ein Paar"). Diese Rolle führte ihn nach Kapstadt und nach München, und immer wieder sah man den mächtigen "Maschi" vor seinem Firmenjet.

Auch als Vertrauter des Altkanzlers aus Hannover (taz: "Zwischendurch geht's erst mal nach Teheran, wo der Herr Star-Finanzoptimierer noch mit Star-Gasmann Gerhard Schröder bei der Sause zur Gründung der neuen Klinik des Star-Chirurgen Madjid Samil vorbeischaut") war er präsent - oder als Bartträger der Nation (NZZ am Sonntag: "Die Frau wechselt, der Schnauz bleibt").

Und, ach ja, als Unternehmenschef - der Herr über die AWD-Verkäuferkolonnen bastelt emsig an der eigenen Zukunft. Das wichtigste Ziel: Den Namen AWD und mehr noch den eigenen aufzuhübschen.

Das funktioniert am besten, wenn man bekannte Namen sammelt so wie andere Perlen-Colliers: Schröders einstiger Regierungssprecher Béla Anda präsentiert den AWD-Konzern seit 2006 für die Presse. Und der frühere Wirtschaftsweise und Regierungsberater Bert Rürup wird in wenigen Tagen als "Chefökonom" bei dem Finanzdienstleister anfangen.

Der größte Coup aber heißt Swiss Life. Dem eidgenössischen Versicherungskonzern hatte Maschmeyer in den letzten Jahren seine Anteile angedient und so den Namen AWD mit der ehrwürdigen, mehr als 150 Jahre alten einstigen Schweizerischen Rentenanstalt verknüpft.

Die Schweizer wollten mit der Beteiligung vor allem Zugang zum deutschen Markt bekommen - Maschmeyer will etwas anderes: Macht. Darum wird die Swiss Life nun den grandiosen Vermarkter Maschmeyer nicht mehr los.

Halber Milliardär

Jetzt gibt der Freund der Musen und Policen nach Informationen der FTD seinen Job als AWD-Chef auf und wird Verwaltungsrat bei Swiss Life. Ein Schweizer Verwaltungsrat hat mehr zu sagen als ein deutscher Aufsichtsrat. Wenn Maschmeyer also künftig die "strategische Weiterentwicklung und Internationalisierung" verantwortet, mischt er schon kräftig im Tagesgeschäft der Swiss Life mit, an der er sechs Prozent besitzt.

Im Verwaltungsrat kann Maschmeyer nun in Ruhe sein Herzensanliegen vorantreiben: die Einverleibung der Firma MLP. Diese MLP ist Finanzdienstleister wie AWD, der Name hatte allerdings immer schon einen besseren Klang, da MLP vor allem Produkte an wohlhabendere Kunden vermittelt und bei der Geschäftsanbahnung weniger aggressiv auftritt.

Im vergangenen Jahr hatte sich Maschmeyer, dessen Vermögen rund eine halbe Milliarde Euro betragen soll, auf eigene Rechnung knapp 27 Prozent an MLP gesichert und das Paket an Swiss Life weitergereicht - die freilich von Maschmeyers Inititative nichts gewusst haben will.

Doch MLP wollte nicht geschluckt werden: "Eine Zusammenarbeit zwischen Swiss Life und MLP, die über die bisherige Produktkooperation hinausgeht, würde die Unabhängigkeit und das Geschäftsmodell von MLP nachhaltig gefährden", erklärte MLP-Mitgründer Manfred Lautenschläger - und rief flugs Swiss-Life-Konkurrenten wie die Allianz und Axa zu Hilfe. Beide Konzerne sind ebenfalls an MLP beteiligt.

Nun die neue Wendung: Dieser Tage hieß es, dass der drittgrößte deutsche Versicherer Talanx aus Hannover bei MLP einsteigen möchte. Als Strippenzieher gilt wiederum: der Hannoveraner Netzwerker Maschmeyer.

Swiss Life hatte große Hoffnung in MLP gesetzt - doch als die Beteiligung öffentlich wurde, stellte MLP den Vertrieb von Swiss-Life-Produkten ein. Das Problem: Die MLP-Kunden müssen von Beteiligungen von mehr als zehn Prozent unterrichtet werden. Ein solcher Hinweis schreckt die Kunden ab, da somit die stets betonte Unabhängigkeit der MLP-Experten in Frage gestellt wird.

Nun also will Swiss Life - wie von MLP gefordert - die Beteiligung von derzeit noch 24 Prozent deutlich absenken, so dass dieser Hinweis auf die Swiss Connection nicht mehr notwendig ist. Sollte Talanx, wie kolportiert, einen Teil des MLP-Paketes übernehmen, würde sich Spekulationen zufolge das Unternehmen zugleich selbst mit zehn Prozent an der Swiss Life beteiligen. Und wieder bringt sich Maschmeyer in Stellung. Ein Pop-up, das überall auftaucht.

Wenn das so weitergeht, wird Carsten Maschmeyer kaum Zeit haben, seine neue Liebe Veronica Ferres zu sehen. Er wird ja jetzt europäischer Finanztycoon.

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