Bußgelder gegen Banken verhängt:Ärger mit den Protokollen

Lehmann Brothers-Anleger demonstrieren

Bankberatung lässt immer noch zu wünschen übrig, stellen Experten fest. Krassestes Beispiel war bislang sicher der Tipp, Lehman-Zertifikate zu kaufen.

(Foto: dpa)

Beratungsprotokolle in Banken sollen Kunden absichern - doch sie verwirren sie oft nur. Die Finanzaufsicht Bafin hat im vergangenen Jahr in 29 Fällen gegen Geldhäuser wegen mangelhafter Aufzeichnungen ermittelt. Sie verhängte teils fünfstellige Strafen. Für den Bankenverband sind das lediglich "Kinderkrankheiten".

Von Andreas Jalsovec

Für Klaus Fleischer ist die Sache mit den Beratungsprotokollen noch immer "stark verbesserungswürdig". Der Professor für Bankwirtschaft an der Hochschule München kann aus seiner Erfahrung einiges berichten über jene Schriftstücke, die die Banken bei jedem Gespräch zur Anlageberatung erstellen müssen. Auch dass dabei noch immer viel schiefläuft: etwa wenn Bankberater die Risikoneigung ihrer Kunden nicht genau genug ermitteln. "Ich kenne meine Kunden ja - so rechtfertigen die sich dann", berichtet Fleischer. "Diese Praxis ist natürlich nicht tragbar."

Trotzdem hält der Wissenschaftler die Protokolle für sinnvoll, sowohl für die Verbraucher als auch für die Banken - "wenn man das Instrument richtig nutzt", ergänzt er. "Das allerdings muss sich erst noch richtig einspielen."

Diesen Eindruck dürfte auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin haben. Sie hat im vergangenen Jahr in 29 Fällen Bußgeldverfahren gegen Banken eingeleitet. Grund sind mögliche Verstöße gegen die Vorschriften zu den Beratungsprotokollen. Dreimal seien bereits Strafen von jeweils 10.000 Euro verhängt worden, sagte eine Bafin-Sprecherin der Süddeutschen Zeitung. Fünf Verfahren wurden wieder eingestellt, 21 laufen derzeit noch.

Der Grund für die Ermittlungen: Die Protokolle wurden entweder gar nicht oder nicht richtig ausgestellt, sie wurden den Kunden nicht ausgehändigt oder zu spät zur Verfügung gestellt. Maximal kann die Bafin die Banken in solchen Fällen mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro belegen. Allerdings muss es sich um vorsätzliche Verstöße handeln. Bei fahrlässigen Fehlern liegt die Obergrenze bei 12.500 Euro. Gegen welche Banken ermittelt wurde, darf die Behörde nicht sagen.

Seit drei Jahren müssen die Banken jedes Beratungsgespräch zur Wertpapieranlage schriftlich festhalten. Das Protokoll muss dem Kunden anschließend ausgehändigt werden. Anleger sollen so die Inhalte der Beratung nachprüfen können. Das soll sie vor Falschberatung schützen. So alt wie die Pflicht zum Protokoll sind aber auch die Berichte von Verbraucherschützern und Anlegeranwälten über den Ärger, den die Bankkunden damit haben. So beklagten sich Verbraucher immer wieder darüber, dass in den Protokollen Dinge stünden, über die gar nicht geredet wurde - oder dass es erst gar kein Protokoll gab.

Für viele sind Protokolle nur "lästige Pflicht"

Angesichts dieser anhaltenden Beschwerden erscheint die Anzahl von knapp 30 Bußgeldverfahren gering. Das sei aber nicht überraschend, meint Bankenexperte Fleischer: "Es gibt natürlich viel mehr Kunden, die Probleme mit den Protokollen haben." Die tatsächliche Anzahl mangelhafter Aufzeichnungen dürfte daher wesentlich höher liegen. "Aber wer beschwert sich deshalb schon bei der Bafin?" Überdies, so heißt es bei Verbraucherschützern, seien die Bußgeldverfahren mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden, den die Bafin womöglich mitunter vermeiden wolle.

Tatsächlich hatte die Behörde bislang außer einem Bußgeld kaum Möglichkeiten, Verstöße zu ahnden. Sie konnte die Unternehmen zwar ermahnen, die Bestimmungen zum Beratungsprotokoll einzuhalten - und hat das nach Auskunft der Sprecherin auch mehrfach getan, allerdings "ohne dass es sich dabei um eine formelle Anordnung handelte". Seit November jedoch führt die Finanzaufsicht ein Register, in dem sie Daten über alle Bankberater sammelt. Dort werden auch Beschwerden von Kunden festgehalten. Häufen sie sich, kann die Bafin das Institut und den Mitarbeiter verwarnen, Änderungen anordnen - und im Zweifel Strafen verhängen.

Wie oft es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten. Beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) ist man jedenfalls überzeugt, dass sich nach anfänglichen "Kinderkrankheiten" bei den Protokollen mittlerweile vieles verbessert habe. "Die Institute haben nachgelegt und ihre Prozesse und Systeme darauf eingestellt", sagt BdB-Geschäftsführer Herbert Jütten. Einmal im Jahr lässt die Bafin jedes der knapp 2100 deutschen Kreditinstitute prüfen. Auf den Beratungsprotokollen liegt dabei derzeit besonderes Augenmerk. "Vor diesem Hintergrund ist eine Quote von 29 möglichen Verstößen sehr gering", meint Jütten. Die Daten zeigten, dass die Banken bei den Protokollen die gesetzlichen Vorschriften einhalten. "Sonst wäre die Zahl ungleich höher." Jütten sieht daher derzeit bei den Protokollen "keinen Anlass zu großen Veränderungen".

Tatsächlich nähmen viele Banken das Thema Beratungsprotokolle mittlerweile sehr ernst, meint auch Bankenprofessor Fleischer. "Es gibt aber nach wie vor Häuser, die das als lästige Pflicht ansehen." In solchen Fällen könne es immer wieder zu Fehlern oder Versäumnissen kommen. Dabei wären die Pflichtaufzeichnungen eigentlich eine Chance für die Institute, meint Fleischer: "Mit einfachen, eindeutigen und nachvollziehbaren Protokollen könnten sie ihr Ansehen bei den Kunden wieder deutlich steigern."

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