Bundeshauptstadt:Hoffen auf bessere Zeiten

Berlin kauft Tausende Wohnungen von einem Immobilienkonzern zurück - zur Freude der Mieter.

Von Marianne Körber

Es klingt zunächst nach einer regionalen Nachricht: Die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Gewobag kauft dem Luxemburger Immobilienkonzern Ado Properties zwei Quartiere ab. Aber erstens geht es dabei um etwa 6000 Wohnungen und zweitens um den größten Re-Kommunalisierungsankauf in der Geschichte Berlins. Denn die Wohnungen waren schon einmal im Besitz des Landes; sie waren laut Gewobag in den 60er- bis 90er-Jahren von der damals landeseigenen GSW im sozialen Wohnungsbau errichtet worden. Doch 2004 wurde die GSW und damit der Wohnungsbestand unter dem Druck hoher Schulden an Finanzinvestoren verkauft. Ein Fehler, wie Katrin Lompscher, Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, vergangene Woche bei der Ankündigung des Deals sagte. Man werde nun den Mieterinnen und Mietern die Sicherheit zurückgeben, die sie durch die Privatisierung verloren hatten.

Für die Bewohner der in Spandau und Reinickendorf liegenden Quartiere ist das ein Grund zur Hoffnung. Manche Mieter seien regelrecht in einen Freudentaumel verfallen, als sie vom Eigentümerwechsel erfuhren, berichten Berliner Medien. In der Vergangenheit habe es nicht nur immer wieder Mieterhöhungen gegeben, sondern auch andere Probleme wie Schimmel oder defekte Rauchmelder.

Die Gewobag, eines von sechs kommunalen Wohnungsunternehmen in Berlin, hat versprochen, den mehr als 10 000 dazugewonnenen Mietern bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Aktuell seien keine Modernisierungen geplant. Für einen Großteil der Wohnungen ist in den vergangenen Jahren die Sozialbindung ausgelaufen. Aktuell seien noch etwa 25 Prozent der Wohnungen sozial gebunden, hieß es.

Die Gewobag vergrößert mit dem Zukauf ihren Wohnungsbestand auf etwa 68 000 Einheiten. Damit will sich die Gesellschaft aber nicht zufriedengeben; in den nächsten zehn Jahren soll der Bestand auf mehr als 80 000 Einheiten steigen, etwa 12 000 Wohnungen sollen durch Neubau entstehen - Unterkünfte, die Berlin dringend braucht. Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, will ebenfalls etwas gegen die Wohnungsnot tun, weiter bauen und "den Mietendeckel rechtssicher" machen, ganz nach der Strategie "bauen, kaufen, deckeln". Zufrieden ist auch Matthias Kollatz, Senator für Finanzen: Der Zukauf der Wohnungen belastet den Haushalt nicht zusätzlich.

Kritik gibt es dennoch an der Übernahme der Wohnungen, die zum 1. Dezember realisiert werden soll. Manche bemängeln den hohen Kaufpreis. Der beträgt 920 Millionen Euro, abzüglich der 340 Millionen Euro Schulden der von Ado Properties verkauften Gesellschaften, die Eigentümer der Immobilien sind. 2004 hatte Berlin für die GSW weit weniger Geld erhalten - 405 Millionen Euro. Allerdings war man damit auch Schulden in Milliardenhöhe los und der Immobilienboom erst am Anfang.

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