Bund gegen Banken:Banken zerlegen - leichtgemacht

Regierung wappnet sich gegen die nächste Katastrophe: Berlin arbeitet an einem Insolvenz- recht für Geldinstitute, um neuen Krisen besser zu begegnen.

Claus Hulverscheidt

Die Bundesregierung will deutsche Großbanken, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, künftig notfalls zerschlagen.

Wie am Dienstag aus Koalitionskreisen in Berlin verlautete, wird derzeit an einem Vier-Punkte-Plan gearbeitet, der die rasche Sanierung und den Umbau systemrelevanter Kreditinstitute ermöglichen soll.

Ziel sei es, Finanzkrisen wie die vom Herbst 2008 zu vermeiden, hieß es. Damals hatte die Bundesregierung 500 Milliarden Euro zur Stabilisierung des Bankensektors zur Verfügung stellen und eine Garantieerklärung für alle Sparguthaben auf deutschen Konten abgeben müssen.

Die marode Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) wurde sogar mit einem eigens auf sie zugeschnittenen Gesetz vollständig verstaatlicht.

Aus den Kreisen verlautete, es sei den öffentlichen Haushalten nicht länger zuzumuten, "zur Bewältigung von Bankschieflagen wie in der Vergangenheit in Vorleistung zu treten".

Deshalb müsse ergänzend zu den Reformarbeiten auf internationaler und europäischer Ebene auch national gehandelt werden. "Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass Instrumente entwickelt werden müssen, um Kreditinstitute, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem geordneten Verfahren entweder zu restrukturieren oder abzuwickeln", hieß es in den Kreisen.

Aufsichtsrecht verschärft

Nach den Plänen der Regierung soll zunächst das Aufsichtsrecht verschärft und um Vorschriften für einen Umbau systemrelevanter Geldhäuser ergänzt werden. Hinzu kommt ein eigenes Bankeninsolvenzrecht, das für den Fall einer Schieflage ein zweistufiges Verfahren vorsieht. Lässt sich die Krise noch abwenden, soll zunächst ein Sanierungsverfahren gestartet werden, das die Probleme "durch frühes und entschiedenes Eingreifen auf der Ebene der Geschäftsführung" beseitigt.

Geht das nicht mehr, wird ein sogenanntes "Reorganisationsverfahren" in Gang gesetzt. Es orientiert sich am Insolvenzplanverfahren für normale Unternehmen, enthält aber zwei Besonderheiten: Zum einen wird der Rechtsschutz "verschlankt", damit Gläubiger die Sanierung nicht durch dauernde Klagen aufhalten können.

Um eine Ablehnung des Rettungsplans auf der Hauptversammlung zu verhindern, werden zudem die Aktionäre in das Verfahren eingebunden. Im Extremfall soll die Bankenaufsicht die systemrelevanten Teile eines Instituts aber auch auf eine staatliche "Brückenbank" übertragen können. Diese Brückenbank würde die entsprechenden Geschäfte fortführen, um Finanzmarktstörungen zu verhindern. Die übrigen, nicht systemrelevanten Betriebsteile würden zugleich liquidiert.

Die Punkte drei und vier des Plans sollen sich den Angaben zufolge mit der Sonderabgabe für Banken befassen, deren Einführung die Spitzen der Koalition am Sonntagabend beschlossen hatten. Beitragspflichtig sind demnach alle deutschen Kreditinstitute, wobei die Höhe der Abgabe von der Größe, der Vernetzung, der Risikoneigung und den eingegangenen Verpflichtungen jedes Geldhauses abhängt.

Zahldauer ist offen

Das Geld fließt in einen Fonds, der bei der staatlichen Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) angesiedelt wird. Die FMSA verwaltet bereits den Bankenrettungsfonds Soffin, der während der Finanzkrise gegründet worden war. Über wie viele Jahre die Banken in den neuen Fonds einzahlen müssen, ist noch offen. In den Kreisen hieß es, das Finanzministerium werde "fortlaufend die Zumutbarkeit prüfen".

Bei der Opposition stieß die Bankenabgabe am Dienstag erneut auf Kritik. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von einer "symbolischen Handlung", die ihn an weiße Salbe erinnere: "Sie schmiert, aber sie hilft nicht." Die Finanzkrise habe den Staat rund 600 Milliarden Euro gekostet, während die Bankenabgabe pro Jahr lediglich 1,2 Milliarden Euro einbringe.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß erklärte, wer die Banken wirklich zur Verantwortung ziehen wolle, müsse dafür sorgen, dass sie auch für die schon entstandenen Krisenkosten aufkommen, nicht erst für jene der Zukunft. Zudem müssten "die aberwitzigen Bonuszahlungen endlich gestoppt werden".

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