Süddeutsche Zeitung

Ex-Premier als Großverdiener:Tony Blair plant Investmentbank für Reiche

Tony Blair versucht sich als Banker und ruft damit in seiner Partei Stirnrunzeln hervor. Es sei nicht üblich, dass sich ehemalige Labour-Regierungschefs als Großverdiener betätigten, heißt es.

Andreas Oldag, London

Seine Fans halten ihn für clever und geschäftstüchtig. Seine Feinde kritisieren seine Geldgier. Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair ist umstritten. Dazu wird nun auch ein neues Projekt des Labour-Politikers beitragen.

Nach einem Bericht der Sunday Times ist der 57-Jährige dabei, eine Investmentbank zu gründen. Sie soll sich ausschließlich um eine exklusive, vermögende Kundschaft kümmern. Als Adresse wird standesgemäß der Londoner Stadtteil Mayfair angegeben, der bekannt für die Büros smarter Hedge-Fonds-Manager ist.

Dem Bericht zufolge hat Blair für seine bereits existierende Beratungsfirma Tony Blair Associates (TBA) von der britischen Finanzaufsicht eine Lizenz für Finanzgeschäfte erhalten.

TBA hatte in der Vergangenheit bereits den staatlichen Investmentfonds Mubadala aus den Vereinigten Arabischen Emiraten beraten. Künftig darf TBA als so genannte Boutique für solche Klienten auch Finanztransaktionen erledigen, beispielsweise im Wertpapierhandel. Eine Bestätigung von TBA war nicht zu erhalten.

"Keine Konten für ehemalige Wähler"

Der Finanzaufsicht zufolge darf TBA nur einen kleinen Kreis von Kunden und institutionellen Investoren bedienen, die entsprechende Kenntnisse über die Risiken im Investmentbanking haben. "Blair wird keine Konten für seine ehemaligen Wähler eröffnen", witzeln Londoner Börsianer.

Indes ist es dem Ex-Premier nach Medienberichten gelungen, erfahrene Banker anzuheuern, darunter der Fusions- und Übernahmespezialist Varun Chandra von der zusammengebrochenen US-Investmentbank Lehman Brothers.

Spötter im Londoner Finanzviertel sagen, dass es Blair als künftigem Banker um einiges leichter gefallen sei, seinen Vorschuss für seine bald erscheinenden Memoiren einer Wohltätigkeitsorganisation verwundeter Soldaten zu spenden.

Dabei geht es um eine Summe von 4,6 Millionen Pfund (5,6 Millionen Euro). Blair hatte angekündigt, dass das Geld in ein Projekt der Royal British Legion fließen soll. Hintergrund ist dabei auch Blairs umstrittene Entscheidung, Großbritannien 2003 zusammen mit den USA in den Irak-Krieg zu führen.

Berater der US-Bank JP Morgan

Nach seinem Rücktritt als Premierminister im Juni 2007 hat es Blair verstanden, eine ganze Reihe lukrativer Jobs zu ergattern. Unter anderem ist er Berater der amerikanischen Großbank JP Morgan.

So macht sich der Ex-Politiker für die Amerikaner vor allem als hochbezahlter Türöffner nützlich, um für die Bank weltweit Kontakte zu einflussreichen Politikern zu pflegen. Das Vermögen Tony Blairs und seiner Ehefrau Cherie wird auf etwa 20 Millionen Pfund geschätzt. Dazu gehören auch Immobilien in bester Londoner Innenstadtlage.

In Kreisen der eigenen Partei rufen die Ambitionen Blairs allerdings einiges Stirnrunzeln hervor. Es sei nicht üblich, dass sich ehemalige Labour-Regierungschefs als Großverdiener betätigten, heißt es. Auch von Blairs Nachfolger Gordon Brown, der in diesem Jahr die Parlamentswahl verlor, ist nicht bekannt, dass er als Polit-Rentner noch das große Geld verdienen will.

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SZ vom 23.08.2010/pak
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