Bootbewohnerin:"Es ist einfach wunderbar"

Lesezeit: 2 min

Das Wohnen auf einem Hausboot in London sei nicht nur günstiger. Sie könne auch besser schlafen, sagt Annette Dittert. (Foto: oh)

Das Leben auf einem Hausboot hat so manche Vorzüge, sagt Annette Dittert. Sie lebt in Little Venice in London.

Interview von Sabine Richter

SZ: Seit Anfang des Jahres leben Sie auf Ihrem Kanalboot Emilia in Little Venice in London. Warum?

Annette Dittert: Ich hatte hier seit vielen Jahren ein uraltes Boot, das ich meist am Wochenende als Datscha genutzt habe. Und irgendwann, nach dem soundsovielten Film über den Wahnsinn des unbezahlbaren Wohnraums in London, dachte ich mir, warum nicht ein Neues bauen, ordentlich isoliert und mit Heizung, und dann richtig drauf wohnen. Und das hab ich dann gemacht. Und ja, hier bin ich jetzt und es ist einfach wunderbar. Ich habe noch nie so gut geschlafen wie auf diesem schaukelnden Kahn.

Viel Platz ist da allerdings nicht.

Nein, die Londoner Hausboote heißen nicht umsonst "Narrowboats", Schmalboote. Die sind gerade mal gut zwei Meter breit, und meins ist 13 Meter lang. Das macht eine Wohnfläche von vielleicht 15 Quadratmeter. Das hieß vor allem, wirklich nur die Dinge mitzunehmen, die man wirklich braucht. Bei mir waren das genau 69. Fünf Kisten. Reicht.

Sie liegen in Little Venice, in einer kleinen Community, wo die Boote recht eng aneinanderliegen.

Gibt es da manchmal Zoff mit den Nachbarn?

Nicht wirklich, der Engländer ist ja höflich und vermeidet offene Konflikte. Bisweilen aber schwelt da schon so einiges unter der Oberfläche, das wird dann aber meist auf indirekte Weise gelöst, durch viele lange Gespräche, in denen der Konflikt nur am Rande thematisiert wird.

Was sind das für Menschen, die dort mit Ihnen leben?

Das ist eine wilde Mischung von Menschen, die nicht mehr mitmachen wollen oder können, in diesem London der Superreichen. Meine Nachbarin ist Juwelierin, gegenüber lebt ein Richter, hinter mir wohnt ein Bauarbeiter, daneben ein Haufen 20-Jähriger, die alle "irgendwas mit Medien" machen. Man trifft sich, wenn die Sonne scheint und hilft sich, wenn es Probleme gibt. Eigentlich ein Dorf. Aber eben mitten in London.

Ist so ein Hausboot wirklich billiger als eine Wohnung?

Oh ja, wesentlich. Obwohl wir auch eine saftige Liegegebühr zahlen müssen, um hier ankern zu dürfen. Die variiert je nach Lage sehr stark. Hier in Little Venice zahlt man im Schnitt 400 Pfund im Monat, dafür würden Sie hier noch nicht mal eine Garage bekommen. Wenn man aber im Osten oder an weniger zentralen Kanälen liegt, kann das auch nur ein Drittel davon kosten. Am allergünstigsten leben die Boot-People, die keinen festen Platz haben, die zahlen nur eine Lizenzgebühr, pro Jahr ca. 500 Pfund. Dafür müssen die allerdings auch alle zwei Wochen umziehen mit ihren Kähnen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: