Bonuszinsen:Wie Bausparkassen ihre langjährigen Kunden loswerden wollen

Olching: Baugebiet / ehemaliges Mannesmann-Gelaende

Wer baut oder eine Immobilie schlüsselfertig kauft, hat von 2018 an mehr Rechte. Zu den wesentlichen Neuerungen zählt dabei die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen.

(Foto: Johannes Simon)

Immer mehr Bausparkassen drohen ihren Kunden, der Bonuszins sei in Gefahr, wenn sie jetzt nicht kündigen. Oft steckt nichts dahinter.

Von Benedikt Müller

Sie hatte weder vor, ein Haus zu bauen, noch eine Immobilie zu kaufen, da ist die Sparerin aus Leonberg bei Stuttgart ganz ehrlich. Als sie vor sieben Jahren ihren Bausparvertrag abschloss, wollte sie sich einfach die Sparzinsen sichern: Ein Prozent pro Jahr hat die Quelle Bauspar AG garantiert - plus 2,35 Prozent Bonuszins, wenn die Kundin kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Millionen Bausparer in Deutschland erhalten solche Bonuszinsen, weil sie einfach nur sparen, ohne jemals zu bauen. Jahrzehntelang waren sie willkommene Kunden, denn sie brachten frisches Geld ins System. Dank ihnen konnten die Bausparkassen an den Teil ihrer Kunden schneller Kredite vergeben, der wirklich bauen oder kaufen will.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Auf keine andere sichere Anlage würde die Sparerin aus Leonberg heute noch 3,35 Prozent Zinsen bekommen. Die Bausparkassen wiederum können die versprochenen Renditen kaum noch erwirtschaften. In Zeiten niedriger Zinsen verdienen sie weniger Geld im Kreditgeschäft; wenn sie die Spareinlagen anlegen, können sie negativen Zinsen kaum noch entgehen.

Deshalb kündigen sie seit einigen Monaten Kunden, die zum Teil seit mehr als 20 Jahren sparen und die Bausparsumme längst erreicht haben. Nun kommt ein neuer Trick hinzu: Immer mehr Bausparkassen warnen ihre Kunden, der Bonuszins würde gestrichen, wenn sie ihren Vertrag weiterlaufen ließen.

Verbraucherzentrale hat Unterlassungsklage eingereicht

Man habe ihr die Pistole auf die Brust gesetzt, berichtet die Sparerin aus Leonberg. Sie sollte sich entweder ihren Bausparvertrag samt Bonuszins auszahlen lassen, bot die Bausparkasse an, oder der Vertrag würde weiterlaufen ohne Bonuszins - weder für die vergangenen noch für kommende Jahre.

Die Quelle Bauspar AG, die heute BSQ Bauspar AG heißt, verweist auf eine Klausel in ihren Vertragsbedingungen. Demnach dürfe die Kasse den Bonuszins auf sieben Jahre begrenzen, wenn "bauspartechnische Gründe" vorliegen. "Was auch immer das heißen mag", schimpft die 55-jährige Kundin. Sie pocht darauf, dass BSQ das Zinsversprechen einhält. "Ich kann auch nicht zur Bank gehen und einfach meine Kreditrate kürzen, weil sich das Zinsumfeld geändert hat."

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat eine Unterlassungsklage gegen BSQ eingereicht. Sparer könnten nicht nachvollziehen, was "bauspartechnische Gründe" sein sollten, argumentiert Niels Nauhauser. Der Verbraucherschützer registriert immer wieder neue Methoden, wie Bausparer aus Verträgen gehievt werden sollen. "Die Kündigungswelle scheint manchen Bausparkassen noch nicht zu reichen", kritisiert Nauhauser. "Sie oder ihre Berater versuchen zusätzlich, mit Alternativangeboten und leeren Drohungen Kunden aus für sie lukrativen Altverträgen zu drängen."

"Die Tragfähigkeit des Tarifs ist nicht mehr gegeben", behauptet die Kasse

Am Mittwoch machte die Verbraucherzentrale ein Schreiben öffentlich, das ein Vertreter der Postbank Finanzberatung einer Bausparkundin geschickt hatte. "IHR BONUS Anspruch ist in großer Gefahr", warnt der Berater darin. In einem Gespräch wolle er sie über Alternativen zum Bausparvertrag aufklären, schreibt er. "Handeln Sie lieber JETZT!" Die Verbraucherschützer haben diese irreführende Drohung abgemahnt. Der Berater hat eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich dazu verpflichtet, derlei Warnungen künftig nicht mehr abzusetzen. Offenbar gab es keinen Grund, warum der Bonusanspruch gefährdet sein sollte.

Nur in manchen Verträgen ist vorgesehen, dass der Bonuszins wegfällt, wenn die Bausparkasse den Vertrag von sich aus kündigt. Das darf sie aber nur unter gewissen Umständen. Sparer sollten daher genau prüfen, was hinter entsprechenden Drohungen steckt, raten Verbraucherschützer. Viele Kassen bieten den Kunden zurzeit an, den Bausparvertrag aufzulösen und in ein Festgeldkonto zu überführen. Das bietet zwar kurzfristig hohe Zinsen; diese sind aber nur für wenige Jahre festgeschrieben; danach muss der Kunde seine Ersparnisse neu anlegen.

Die BSQ beharrt auf ihren Bedingungen

Die Postbank ermittelt nun, welcher Berater genau das alarmistische Schreiben abgesetzt hat. Zwar handele es sich um einen freien Vertreter; nichtsdestotrotz lege man Wert auf umfassende und korrekte Beratung, teilt die Postbank mit.

Die BSQ bleibt indes dabei, dass sie ihre Bonuszinsen aus "bauspartechnischen Gründen" auf sieben Jahre beschränken dürfe. Schließlich nähmen zurzeit so wenige Kunden ein Bauspardarlehen auf, dass "die Tragfähigkeit des Tarifs nicht mehr gegeben" sei, teilt die Kasse mit. Man sei "zum Schutz aller Bausparer zum Handeln gezwungen". Das Landgericht Nürnberg-Fürth wird im Juni über die Unterlassungsklage beraten.

Unterdessen bleibt unklar, in welchen Fällen Bausparkassen Altverträge kündigen dürfen. Garantiert erlaubt ist das nur, wenn der Kunde bereits die gesamte Bausparsumme angespart hat. Umstritten ist weiterhin, ob die Kasse kündigen darf, wenn der Sparer seit mindestens zehn Jahren ein Bauspardarlehen hätte aufnehmen können, dies aber nicht abgerufen hat. Da auch Oberlandesgerichte unterschiedlich urteilen, wird sich der Bundesgerichtshof in mindestens einem Revisionsfall dieser Frage widmen.

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