Bonuszahlungen:Die Weiter-so-Banker

Die Boni steigen und die Fixgehälter werden drastisch erhöht: Fast scheint es, als hätten die Banken aus ihrer Existenzkrise nichts gelernt.

Martin Hesse

Der Wahnsinn scheint weiterzugehen. Ein paar Monate lang konnte man sich der trügerischen Hoffnung hingeben, Banken hätten aus ihrer Existenzkrise gelernt und würden bei der Vergütung ihrer Mitarbeiter künftig maßhalten. Viel war von neuen Anreizsystemen und mehr Nachhaltigkeit die Rede.

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Institute, die mit Steuergeld gerettet werden mussten, brauchen gute Manager - aber die gibt es nicht umsonst. Im Bild die Zentrale der Royal Bank of Scotland.

(Foto: Foto: Reuters)

Doch seit einigen Wochen häufen sich Hinweise, dass Banken in ihr altes Gebaren zurückfallen: Die Boni steigen, einige Banken erhöhen die Fixgehälter drastisch, selbst Antrittsprämien ohne Bezug zum Erfolg werden wieder gewährt.

Der neue Chef der weitgehend verstaatlichten Royal Bank of Scotland soll mehr als elf Millionen Euro Jahresgehalt beziehen.

Man könnte daraus in der Tat einfach schließen, die Finanzbranche habe nichts gelernt und mache weiter wie bisher. Und sicher trifft diese Einschätzung für manche Banken und ihre Manager zu. Allerdings hilft ritualisierte Bankenschelte nicht weiter. So falsch manche Entwicklungen jetzt sind: gerade der Fall RBS sollte die Augen dafür öffnen, dass die Banken bei der Vergütung ihrer Manager in einem Dilemma stecken.

Ausgerechnet jene Institute, die besonders stark unter der Finanzkrise gelitten haben und mit Steuergeld gerettet werden mussten, sind noch mehr als alle anderen auf fähige Manager angewiesen, um aus dem Schlamassel zu kommen. Es ist aber naiv zu glauben, die besten Köpfe strömten jetzt aus Liebe zum Vaterland zu UBS, Commerzbank, RBS und Hypo Real Estate, um dort zu gedeckelten Bezügen schwierigste Sanierungsaufgaben zu übernehmen.

Vielmehr laufen gerade diesen Häusern gute Leute davon. Deshalb ist es auch etwas durchsichtig, wenn Commerzbank-Chef Martin Blessing jetzt wettert, Londoner Banken verfielen in die alten Fehler und versprächen ihren Mitarbeitern zu hohe Boni. Blessings Gehalt ist wegen der Beteiligung des staatlichen Rettungsfonds Soffin bei 500.000 Euro gedeckelt.

Natürlich mag man nun einwenden, wer nur gegen Millionengagen arbeiten will, auf den könne man auch verzichten. Hat nicht die Fixierung der Investmentbanker auf kurzfristige, hohe Gewinne die Krise mitverursacht? Ja, falsche Anreize sind eine der Ursachen für die Krise. Deshalb sollten die Vergütungen stärker daran gekoppelt werden, welche Risiken Manager eingehen und welche Ergebnisse sie langfristig erzielen.

Viele Kreditinstitute arbeiten an solchen Systemen, aber sie lassen sich nicht von heute auf morgen entwickeln und umsetzen. Der Kampf um die Köpfe und um das Überleben der Banken findet aber heute statt. Auch der Staat als Banker macht nun die Erfahrung, dass die Gesetze des Wettbewerbs durch die Krise und die Staatseingriffe nicht außer Kraft gesetzt sind.

Jene Banken, die wie Goldman Sachs, Deutsche Bank und Credit Suisse die Krise besser überstanden haben, jagen der Konkurrenz seit Monaten Leute ab, um Marktanteile zu gewinnen. Deshalb wollen Banken, die staatliche Hilfen in Anspruch nehmen mussten, die öffentliche Hand rasch abschütteln.

Dazu müssen sie so viel Geld so rasch wie möglich verdienen, um neue Investoren anlocken zu können. Schnelles Geld lässt sich mehr denn je im Investmentbanking verdienen. Im klassischen Kreditgeschäft mit Firmen und Verbrauchern werden wegen der Rezession in den kommenden Jahren die Ausfälle drastisch steigen, hohe Gewinne sind hier vorerst nicht möglich. Auf das Investmentbanking kommt es also an. Und tatsächlich haben Goldman und ihre Wettbewerber zuletzt wieder erstaunlich viel Geld verdient.

Es wäre ehrlicher und im Interesse der Steuerzahler, nicht die absolute Höhe von Gehältern zu deckeln und so den staatlich gestützten Banken einen weiteren Klotz ans Bein zu binden. Zugleich wäre es klug, langfristige und am Risiko ausgerichtete Vergütungssysteme für alle Banken verbindlich zu machen.

Die Finanzbranche selbst muss vor allem eine Kultur entwickeln, die nicht allein monetäre Anreize kennt. Eigentümer und Kunden der Banken können das unterstützen, indem sie immer dort den Finger in die Wunde legen, wo exzessive Vergütungen mit mangelhaftem Leistungsbezug gezahlt werden.

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