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BGH erweitert Haftungsrisiko für Prominente:Wer wirbt, der bürgt

Loben ohne Risiko gibt es nicht mehr: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes sind Prominente, die Werbung für Finanzprodukte machen, bei Misserfolg des Produktes auch haftbar. Als Erstes betrifft das den früheren Verteidigungsminister Rupert Scholz.

Bezahltes Lob kann von nun an teurer werden: Der Bundesgerichtshof hat die Haftung von Prominenten verschärft, die mit ihrem Namen und ihrer Sachkenntnis für Kapitalanlagemodelle werben. Wer wirbt, sei auch verantwortlich für sein Tun - erst recht, wenn er weithin bekannt ist und es um Geld geht, urteilte der BGH.

Nach diesem Urteil droht dem früheren Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) nun eine Schadenersatzforderung. Der Rechtsprofessor hatte 2004 in Interviews in verschiedenen Branchenblättern für den 2005 pleitegegangenen "Deutschen Vermögensfonds I" geworben. Seine lobenden Äußerungen waren dem Anlageprospekt beigelegt.

In den Interviews hieß es etwa: "Mich hat die Beachtung aller denkbaren Anlegerschutzregelungen, die das Fondskonzept auszeichnet, beeindruckt." Oder: "Erst nach einer genauen Prüfung der Strukturen und der Personen habe ich meine persönliche Mitwirkung und Unterstützung zugesagt. Denn wir wissen, dass es in der Vergangenheit nicht überall nur gut gelaufen ist. Deshalb musste ein Konzept entwickelt werden, das nicht nur Renditen offeriert, sondern voll durchkontrolliert ist und von unabhängigen und erfahrenen Persönlichkeiten geleitet wird."

Von diesen Interviews wurden Sonderdrucke angefertigt, die mit dem Emissionsprospekt den Anlageinteressenten übergeben wurden.

Auch als Scholz nach wenigen Monaten wieder aus dem Beirat ausschied, lagen seine werbenden Äußerungen noch bei. Als der Fonds pleiteging, machten geschädigte Anleger Prospekthaftungsansprüche geltend. Das OLG Karlsruhe hatte eine Haftung Scholz' verneint, weil er nicht direkt am Anlageprospekt mitgewirkt habe. Das sahen die Bundesrichter anders und hoben das OLG-Urteil auf.

Auch Anke Eneglke und Manfred Krug

Die Interviews seien dem Prospekt gezielt beigelegt worden. Wenn dann noch - wie bei Scholz - juristische Sachkunde hinzukomme, sei seine Position bei der "Prospektverantwortung" ähnlich der eines Wirtschaftsprüfers. Er habe damit eine Garantenstellung eingenommen und hafte deshalb grundsätzlich für seine Aussagen.

Scholz habe durch seine Äußerungen den Eindruck erweckt, er habe Einfluss auf das Anlagekonzept genommen. Das Vertrauen in seine "Integrität, Objektivität und Fachkompetenz" habe er dafür eingesetzt, "Einfluss auf die Investitionsentscheidung von potentiellen Anlageinteressenten zu nehmen." Scholz' damalige Stellung als Universitätsprofessor, die eigens erwähnt war, "vermittelte den zusätzlichen Eindruck von Kompetenz und besonderer Seriosität," heißt es im Urteil des III. Zivilsenats.

Dass Scholz im Prozess sagte, er habe weder Einfluss auf das Anlagekonzept genommen noch Prüfungen vorgenommen, ließ der BGH nicht gelten. "So hätte er seine Aussagen nicht so wie geschehen treffen dürfen", urteilte der BGH. Scholz hatte sich wenige Monate nach dem Interview aus dem Beirat zurückgezogen.

Das OLG muss nun prüfen, ob er dann für die Entfernung seines Interviews aus dem Prospekt sorgte. Die bloße Behauptung, er sei nicht zur Beseitigung aller Produktinformationen in der Lage gewesen, genüge nicht. Außerdem ist zu klären, ob Scholz wusste, dass seine Aussagen sowie Foto und Lebenslauf für Werbezwecke verwendet werden sollten. Dies liege allerdings nahe, so der BGH.

In der Vergangenheit haben bereits viele Prominente für Finanzprodukte geworben, manche sogar in Werbespots: Der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn zum Beispiel für die Deutsche Vermögensberatung, Schauspieler Manfred Krug für die Aktie der Telekom oder Moderatorin Anke Engelke für den Versicherer Hannoversche Leben.

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