BGH entscheidet über Klagen von Anlegern:Rückschlag für Lehman-Geprellte

Hat die Hamburger Sparkasse ihre Kunden mit Zertifikaten der Pleite-Bank Lehman über den Tisch gezogen? Der Bundesgerichtshof entscheidet vermutlich noch heute, ob Deutschlands größte Sparkasse den Anlegern ihr Geld zurückzahlen muss. Das Urteil könnte enorme Bedeutung haben - doch die Richter machen erste Hoffnungen der Kläger bereits zunichte.

Für die Hamburger Sparkasse (Haspa) galten sie angeblich als "A&D": Alte und doofe Kunden, also. Auf Empfehlung ihrer Bankberater kauften sie Lehman-Brothers-Zertifikate - als vermeintlich sichere Anlage. Als die US-Investmentbank im September 2008 pleiteging, wurden die Papiere jedoch wertlos. Betroffen waren 3700 Kunden der Haspa. Ihr Geld war weg - und das wird vermutlich auch so bleiben.

In einem Pilotverfahren zweier Haspa-Kunden machte der Bundesgerichtshof (BGH) am heutigen Dienstag die Hoffnungen auf Entschädigungen zunichte. Die Richter sehen nach einer vorläufigen Beurteilung keine Schadensersatzansprüche von Lehman-Anlegern gegen ihre Sparkasse. Eine Verletzung von Beratungspflichten sei nicht erkennbar. Zum Zeitpunkt des Verkaufs der Zertifikate in den Jahren 2006 und 2007 habe es schlichtweg keine Hinweise auf eine mögliche Lehman-Pleite gegeben. Die Sparkasse habe nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts auch nicht darauf hinweisen müssen, dass sie selbst die Zertifikate mit 3,8 Prozent Rabatt einkauft, um sie dann zum vollen Preis zuzüglich eines Ausgabeaufschlags an ihre Kunden weiterzuverkaufen.

Die Einschätzung lässt bereits erahnen, wie das Urteil ausfallen könnte. Auch die Richter machen daraus keinen Hehl: "Sollte es bei der bisher nur vorläufigen Beurteilung bleiben, wären die Revisionen der Kläger wohl zurückzuweisen", sagte der vorsitzende Richter Ulrich Wiechers in der Verhandlung. Das Urteil soll am späten Nachmittag verkündet werden (Az. XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10).

Die beiden Kläger galten laut BGH als erfahren in Geldgeschäften und hatten in den Jahren 2006 und 2007 von der Haspa jeweils für 10.000 Euro Lehman-Anleihen erworben. Nach der Lehman-Pleite zogen sie vor Gericht. Das Landgericht gab ihnen zunächst Recht - allerdings kassierte das Oberlandesgericht Hamburg das Urteil. Die Sparkasse habe ihre Beratungspflichten nicht verletzt, entschieden die Richter damals - die Revision vor dem Bankensenat des BGH sollte nun eigentlich die Wende bringen.

Entschädigung haben nur wenige Kunden erhalten

Noch ist offen, ob der BGH die Revision der Kläger tatsächlich ablehnt. Falls ja, wäre dies aber ein Rückschlag auch für die Verbraucherschützer. Sie hoffen auf ein Grundsatzurteil, das Banken zu mehr Informationen über die Risiken solcher Anlagen sowie über ihre eigenen Profite verpflichtet. Ein solches Urteil hätte weitreichende Folgen gehabt.

Nach unbestätigten Schätzungen von Verbraucherschützern haben rund 40.000 bis 50.000 Anleger in Deutschland Lehman-Zertifikate gekauft und dabei 700 Millionen bis eine Milliarde Euro investiert. Verkauft haben die Zertifikate neben der Haspa auch die Frankfurter Sparkasse, die Dresdner Bank (heute Commerzbank), die Citibank (heute Targobank) sowie einige Privatbanken und Volksbanken.

Die meisten Käufer haben ihr Geld verloren. Würde der BGH doch zugunsten der Anleger entscheiden, könnten sie womöglich auf eine Teilrückzahlung des verlorenen Geldes hoffen.

Entschädigung haben bislang nur wenige Bankkunden erhalten: Die Haspa hat nach eigenen Angaben mehr als 1000 Kunden mit insgesamt rund zehn Millionen Euro entschädigt. Lehman-Zertifikate hatten allerdings etwa 3700 Anleger gekauft, 2700 Kunden sind demnach bislang leer ausgegangen.

Die Sparkasse Hannover gab allen 1000 Kunden mit Lehman-Zertifikaten 50 bis 75 Prozent ihres Geldes zurück, was in der Branche als sehr großzügig angesehen wurde. Bei der Targobank hatten nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 17.100 geschädigte Lehman-Anleger einen Antrag auf Rückzahlung gestellt. Ein Angebot der Bank erhielten nur 3736 Kunden, das ist etwa jeder fünfte. Insgesamt zahlte die Targobank 21,5 Millionen Euro zurück.

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