Betrug via Abbuchung:Der Ein-Cent-Trick

Schnell viel Geld absahnen: Mit einer Mini-Überweisung spionieren Betrüger Kontonummern aus. Die Abbuchung an sich ist dann ein Kinderspiel.

Daniela Kuhr

Ein Cent, was ist das schon? Für einen Cent kann man sich nichts kaufen. Wenn man ihn hat, bringt er nichts. Wenn man ihn nicht hat, fehlt er nicht. Diese billige Erkenntnis haben sich Betrüger jetzt zunutze gemacht. Das Bundesverbraucherschutzministerium berichtet von Fällen, in denen Bankkunden auf ihrem Konto den Eingang von einem einzigen Cent festgestellt haben. Absender ist meist eine nichtssagende Adresse. Die Kontoinhaber wundern sich kurz - und legen den Fall ad acta. Ist ja nichts passiert. Schließlich haben sie nichts verloren, sondern im Gegenteil Geld bekommen, wenn auch lächerlich wenig.

Was sie nicht wissen: Oft steckt dahinter ein perfider Trick. Betrüger versuchen, auf diese Weise an neue Kontonummern zu kommen. Die Auftraggeber der Überweisung lassen quasi einen Testballon steigen, indem sie an frei erfundene Zahlenkombinationen winzige Beträge verschicken. Kommen die Überweisungen nicht zurück, wissen sie, dass es die Nummer tatsächlich gibt. In der Folge buchen sie von dem fremden Konto einen Betrag ab. Nicht zu viel, damit es nicht auffällt. Aber auch nicht zu wenig, der Aufwand muss sich ja lohnen. Allzu häufig sei das bislang nicht vorgekommen, heißt es im Ministerium. Aber ärgerlich sei das Ganze trotzdem.

Dass die Masche überhaupt so leicht funktioniert, liegt an einer Gesetzesänderung, die Ende Oktober in Kraft trat. Seither müssen Banken bei einer Überweisung nicht mehr prüfen, ob Kontonummer und Name des Empfängers übereinstimmen. Die Betrüger können daher in das Überweisungsformular einfach eine beliebige Zahlenreihe eintragen und sich einen Namen dazu ausdenken. Mit der neuen Regelung setzte der deutsche Gesetzgeber eine EU-Richtlinie um, die den Geldverkehr in der EU beschleunigen soll. Banken sollen nicht mehr davon profitieren, dass sie sich möglichst viel Zeit lassen beim Ausführen von Aufträgen. Vom Jahr 2012 an müssen deshalb alle Zahlungen grundsätzlich bis zum Ende des folgenden Geschäftstags abgewickelt sein. Bewerkstelligen lässt sich die Beschleunigung aber nur, indem das Überweisungsverfahren vollautomatisiert wird. Die Kontonummer wird also von einer Maschine abgelesen, der egal ist, ob der Name passt oder nicht.

Kontoauszüge sorgfältig prüfen

Haben die Betrüger erst einmal die Kontonummer, ist die Abbuchung einfach. Sie müssen nur bei ihrer Bank behaupten, sie hätten das Recht, per Lastschrift Beträge von dem fremden Konto einzuziehen. Ob sie das tatsächlich dürfen, prüft die Bank nicht. So ist das Lastschriftverfahren geregelt in Deutschland, und im Großen und Ganzen hat es sich auch bewährt. Stadtwerke buchen auf diese Weise ab, die GEZ oder auch Vereine. Damit die Kunden aber nicht völlig schutzlos sind, haben sie ein Widerspruchsrecht, das sie sechs Wochen lang bei ihrer Bank geltend machen können. Im Fall von Betrügereien könnten sie sogar 13 Monate lang widersprechen, heißt es im Ministerium.

Und deshalb rät der Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner auch dringend, Kontoauszüge regelmäßig sorgfältig zu prüfen. "So können Bankkunden sich vor einem Missbrauch des Lastschriftverfahrens schützen." Gleichzeitig weist er daraufhin, dass die Banken - schon um Ärger zu vermeiden - normalerweise nur seriösen Unternehmen die Teilnahme am Lastschriftverfahren gestatten. Doch offenbar hapert es da manchmal an der Urteilskraft - sonst wäre es zu den Betrügereien wohl kaum gekommen.

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