Betrug mit EC-Karten:Falsche Automaten

Die EU warnt: Immer öfter fallen Verbraucher auf Betrüger an Geldautomaten herein. Jedes Jahr entsteht dabei ein Schaden von fast einer halben Milliarde Euro.

Marco Völklein

Neulich passierte es mal wieder in Flensburg: Ein aufmerksamer Bankkunde wunderte sich darüber, dass sich die EC-Karte am Geldautomaten einer Bank nicht sauber in den Schacht einführen ließ. Ein kleines Lesegerät, das auf dem Einführschlitz angebracht war, erschwerte den Vorgang.

Der Mann sah sich daraufhin den Automaten genauer an und stellte fest, dass über dem eigentlichen Tastaturfeld, auf dem die Kunden ihre Geheimzahl eintippen, eine weitere Tastatur angebracht war. Er informierte die Polizei, die das Gerät abmontierte und sicherstellte. Mit solchen Geräten lesen Kriminelle die Daten von den Karten ab, kopieren sie auf Duplikate und heben damit Geld ab. Diese "Skimming" genannte Form der Kriminalität nimmt immer mehr zu. Der Begriff kommt aus dem Englischen und steht für "abschöpfen".

Nach Angaben der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (Enisa), einer Einrichtung der EU, haben Diebstahl und Datenklau an Geldautomaten europaweit zuletzt dramatisch zugenommen. Im Vergleich zu 2007 legte die Kriminalität in Zusammenhang mit Geldautomaten im vergangenen Jahr um 149 Prozent zu, erklärte die Agentur. Als Gründe nannten die Fachleute die wachsende Zahl der Geldautomaten in Europa sowie immer ausgeklügeltere Methoden der Betrüger. Laut Enisa entstand 2008 durch Geldautomaten-Kriminalität in Europa ein Schaden von knapp einer halben Milliarde Euro.

Zahl der Geldautomaten steigt

Die Zahl der Geldautomaten in Europa ist laut Enisa im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf etwa 40.0000 gestiegen - fast drei Viertel davon finden sich in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien.

Viele von ihnen stehen mittlerweile fernab von Bankfilialen, etwa an Tankstellen, Flughäfen oder Supermärkten. Das mache es den Kriminellen in manchen Fällen leichter. Denn wo keine Bankmitarbeiter regelmäßig nach den Geldautomaten sehen, können die Betrüger ihre Apparate zum Abschöpfen der Daten leichter anbringen.

Die Enisa warnt Verbraucher vor besonders gängigen Methoden des Datenklaus: Dazu gehören unter anderem das klassische Über-die-Schulter-Gucken in der Warteschlange und ebendas Skimming mittels moderner Techniken.

Die Daten auf dem Magnetband der EC-Karte lesen die Gauner über den Aufsatz auf dem Einschiebeschlitz ab; an die Geheimzahl gelangen sie entweder über die aufgesetzte Tastatur oder über eine kleine Überwachungskamera, die sie am Geldautomaten anbringen. In Einzelfällen sollen Gauner sogar schon falsche Geldautomaten aufgestellt haben, berichtet die Agentur. Allein 2008 wurden laut Enisa europaweit etwa 10.300 Skimming-Vorfälle nachgewiesen.

Es kam auch schon vor, dass die Gauner sich die Bankkarte direkt holten - und somit gar kein Duplikat herstellen mussten. Die Diebe verfügen nach Angaben der Enisa über Techniken, bei denen die Karte im Automaten steckenbleibt und später vom Betrüger herausgeholt wird. Auch seien sie in der Lage, den Abhebevorgang zu unterbrechen; ist der Kunde gegangen, beenden sie ihn dann selbst. Organisierte Banden hacken sich zudem in die Computersysteme der Banken und Websites ein und besorgen sich dort Pin- und Kontodaten, so die Enisa.

Besonders rabiate Vorgehensweisen

Einen drastischen Anstieg verzeichnete die Agentur auch bei besonders brachialen Vorgehensweisen: Der Enisa zufolge stieg die Zahl von Rauben ganzer Geldautomaten 2008 im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Drittel. Dazu wurden Wände mit Fahrzeugen gerammt, Sprengsätze gezündet und Kreissägen benutzt, um an die Automaten zu kommen.

Die Enisa forderte die Verbraucher zu erhöhter Wachsamkeit auf. Sie rät, wann immer möglich, Geldautomaten in Bankgebäuden zu nutzen und einen Bogen um freistehende Automaten zu machen. Viele Senioren übrigens meiden generell Geldautomaten - nicht zuletzt wegen der Gaunereien. So gaben ein Drittel der 60- bis 69-Jährigen und knapp jeder Zweite im Alter ab 70 Jahren in einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) an, sich Bargeld lieber vom Bankangestellten direkt auszahlen zu lassen.

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