Betrug im Internet:Geplatzte Urlaubsträume

BIARRITZ VOR EU-GIPFEL

Biarritz an der französischen Atlantikküste ist ein beliebter Ferienort.

(Foto: DPA)

Wer sein Ferienhaus online bucht, kann zwischen Millionen Domizilen wählen - sollte aber vorsichtig sein. Ein aktueller Fall zeigt, dass Internet-Betrüger immer kreativer werden. Doch eine simple Vorsichtsmaßnahme kann helfen.

Von Jan Willmroth

Steffen Kohl ist eigentlich nicht der Typ, der im Internet auf Betrüger hereinfällt. Seit 35 Jahren arbeitet er in der IT-Branche, hat jeden Tag mit Computern zu tun und schon Tausende Phishing-Mails gesehen. Bei seinen Online-Geschäften ist er vorsichtig. Er weiß, was er tut - dachte er. Denn als er sich im Mai nach einem Ferienhaus an der französischen Atlantikküste umsah, wurde er vom Kenner zum Opfer.

Die Ferienwohnung ist direkt am Strand, traumhaft eingerichtet

Auf dem Ferienhaus-Vermittlungsportal Fewo-direkt, dem größten seiner Art auf dem deutschen Markt, fand er das Objekt der Begierde für seinen Sommerurlaub. In der Nähe von Biarritz, wo Luxus und Surfsport aufeinandertreffen, direkt am Strand, traumhaft eingerichtet. Auf seine erste Anfrage kam die befürchtete Absage: Zur von ihm gewünschten Zeit im August sei leider nichts mehr frei. Keine zwei Wochen später landete eine neue Mail von der Verwalterin in seinem Postfach. Jemand habe abgesagt, nun sei Platz für ihn, Kohl freute sich. Auch die Antwort enthielt seine ursprüngliche Anfrage und schien ihm absolut unauffällig. Nach ein paar weiteren Mails erhielt Kohl einen Vertrag, der aussah wie andere Mietverträge auch. Er überwies 5000 Euro auf ein Londoner Konto des vermeintlichen Hausbesitzers - die komplette Mietsumme für 21 Tage. Das hätte er besser nicht getan.

Nach wenigen Wochen wurde Kohl zum ersten Mal misstrauisch. Der Vermieter habe das Geld aus persönlichen Gründen zurückgeschickt, er solle es doch bitte erneut auf ein anderes Konto überweisen, schrieb die Verwalterin. Eine Falle, wie sich herausstellte: Jemand wollte einfach zweimal abkassieren. Kurze Zeit später rief der Kundenservice von Fewo-direkt an: Auffällige Kontobewegungen, Unregelmäßigkeiten, bitte schicken Sie Ihren Mail-Verkehr an die zuständige Stelle in unserem Haus. Die Mail-Adresse der Verwalterin war gehackt. Kohl war nicht als Einziger betroffen. Auf das Misstrauen folgte Nervosität. Sein Geld, sagt Kohls Anwalt, wird er nie wiedersehen.

Der IT-Fachmann ist nur einer von mehr als 19 Millionen Deutschen, die auf der Suche nach ihrem Traumurlaub bereits im Netz statt im Reisebüro oder Katalog ein Ferienhaus oder eine Wohnung gebucht haben. Jetzt gehört er auch zur statistisch nicht erfassten Zahl derer, die dabei auf Betrüger hereingefallen sind. Sein Fall zeigt, wie aufwendig, professionell und kreativ diese inzwischen vorgehen, um Geld abzuzocken. Und er zeigt, warum sie gehackte Mail-Passwörter so gut gebrauchen können. Gerade in wohligen Gedanken an den baldigen Strandurlaub sind viele Urlauber eine umso leichtere Beute.

Die Agentur hat mittlerweile einen Ruf zu verlieren

Fewo-direkt ging 1997 online, wuchs schnell zum Marktführer in Deutschland heran und gehört seit 2005 zur US-Unternehmensgruppe Home Away. Damit können Nutzer inzwischen aus mehr als einer Million Feriendomizile in 190 Ländern auswählen. Doch mit der Auswahl steigt auch der Anspruch, Betrüger von der Plattform fernzuhalten. Und der Vermittler hat mittlerweile einen guten Ruf zu verlieren.

Auf Anfragen antwortet das Unternehmen deshalb betont vorsichtig, konkrete Fragen werden mit einem "Einblick in unsere umfassenden Maßnahmen" beantwortet. Man nehme jeden Betrug sehr ernst, teilt das Unternehmen mit. "Das sind seltene Einzelfälle, die in der Sommerzeit gehäuft auftreten", sagt eine Sprecherin. Insgesamt verliefen 99,9 Prozent aller Buchungen reibungslos. Bei wie vielen Buchungen im Umkehrschluss Betrüger am Werk sind, lässt sich nicht überprüfen - konkrete Buchungszahlen kennt das Unternehmen nach eigenen Angaben nicht. "Wir sind als Online-Marktplatz für Ferienimmobilien nicht in die Buchung der Objekte involviert", heißt es schriftlich. Diesen Eindruck können Urlauber aber leicht gewinnen, wenn sie über die Plattform mit dem jeweiligen Vermieter kommunizieren.

Wichtig: Immer vorher beim Vermieter anrufen

Auf seiner Webseite gibt Fewo-direkt eine Anleitung, wie man sich vor Betrug schützen kann. Diese sollten Kunden auch unbedingt berücksichtigen, damit sie später Anspruch auf die garantierte Kulanz haben, mit der die Plattform den entstandenen Schaden bis zu einer Höhe von 800 Euro erstattet. Allerdings ist die entsprechende Passage in den AGB sieben Absätze lang, und es ist schwierig, alle Voraussetzungen zur Erstattung zu erfüllen. Leichter ist das, wenn man die von Fewo-direkt angebotene Versicherung abschließt - die kostet fünf Prozent der Mietsumme.

Grundsätzlich sollten Ferienhaus-Urlauber den Vermieter anrufen, bevor sie Geld überweisen. Steht die Nummer nicht im Netz, empfiehlt es sich, den Kontakt bei der Plattform zu erfragen. Betrüger lassen sich in der Regel nicht auf Telefonate ein. Und wenn doch, sind sie schnell enttarnt, wenn man sie nach Eigenschaften des Mietobjekts fragt, die nicht in der Annonce stehen. Erst wenn man sicher ist, dass es sich um ein seriöses Angebot handelt, sollte man an sein Konto. Und vor Geldtransfers über Western Union oder Money Gram sollten Urlauber sich hüten - dort können die Zahlungen nicht zurückverfolgt werden, und der Versicherungsschutz erlischt. Werden Reisende schon vor dem Urlaub aufgefordert, die volle Miete zu überweisen, sollten sie misstrauisch werden. Üblich ist, bei Ferienwohnungen etwa ein Drittel bis die Hälfte der Miete anzuzahlen, der Rest folgt später, zum Beispiel vor Ort.

Kohl will sich das Haus wenigstens einmal ansehen

Verbraucherschützer raten dazu, sich genau anzuschauen, wer im Netz eine Ferienwohnung anbietet. Oft stecken Hausverwaltungen wie in Kohls Fall dahinter, deren Namen und Adresse man per Suchmaschine leicht findet, wenn sie ein Gewerbe angemeldet haben. Bei privaten Ferienhäusern lohnt ein Blick in einen Kartendienst im Netz: Steht unter der angegebenen Adresse überhaupt ein Haus und sieht es so aus wie in dem Angebot des Vermittlers? Ein Vergleich mit anderen Angeboten in der Gegend gibt zudem Aufschluss darüber, ob der Preis realistisch erscheint.

Zumindest einen entscheidenden Ratschlag hat Steffen Kohl nicht befolgt: Er rief seine Hausverwalterin nie an. Zu unverdächtig kam ihm der Mail-Verkehr vor. Nun hat er eine Strafanzeige ohne Aussicht auf Erfolg gestellt und all seine Unterlagen an Fewo-direkt geschickt, um wenigstens einen Teil des Geldes zurückzubekommen. Der Vermittler bittet ihn in einer Antwort-Mail um Verständnis: Man könne in seinem Fall keine Verantwortung übernehmen, weil Fewo-direkt nicht Ursache des Sicherheitsproblems gewesen sei.

Kohl hat sich damit abgefunden. "Wenn ich mich vier Wochen gräme, bringt das niemandem etwas", sagt er. Jetzt macht er trotzdem Urlaub - in Biarritz. Das Haus, mit dem er betrogen wurde, will er sich wenigstens einmal ansehen.

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