Betriebliche Altersvorsorge:Milchschaum nach neuem Modell

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Zusammen mit dem Arbeitgeber zu sparen, gilt bisher als kostengünstig und renditestark. Daran dürfte sich, entgegen früherer Planungen der Koalition, nichts ändern.

Antje Schweitzer

Die Holländer haben es mit ihrem Cappuccino-Prinzip bei der Altersversorgung vorgemacht.

Die Grundsicherung , die der Kaffee symbolisiert, kommt aus der staatlichen Rentenkasse, den Milchschaum steuert die betriebliche Altersvorsorge bei, und die Schokostreusel obendrauf stammen aus der privaten Alterssicherung eines jeden Einzelnen.

Auch in Deutschland greift dieses Prinzip immer besser, weil die voraussichtliche Höhe der gesetzlichen Rente nur noch schwer kalkulierbar ist.

Dabei hat sich die Firmenrente in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Baustein der Vorsorgestrategie vieler Menschen hierzulande entwickelt.

"Steuerstundung und Zinseszinseffekt"

Was nicht verwundert, denn "Arbeitnehmer erhalten die Chance, mit staatlicher Förderung Versorgungslücken im Alter vorzubeugen - begünstigt durch Steuerstundung und Zinseszinseffekt", sagt Günther Soboll, Hauptbevollmächtigter des Versicherers Canada Life Europe.

Steuerersparnisse und Vorteile bei der Sozialversicherung sorgen tatsächlich dafür, dass Arbeitnehmer vergleichsweise wenig eigenes Netto-Geld einsetzen müssen, um daraus später eine ansehnliche Firmenrente anzusparen.

Mit circa hundert Euro Monatsbeitrag, die beispielsweise in eine betriebliche Direktversicherung oder eine Pensionskasse eingezahlt werden, stammen derzeit nach grober Berechnung mehr als 50 Prozent aus Steuerersparnissen und finanziellen Vorteilen bei der Sozialversicherung.

Vorübergehend sah es so aus, als würde der Aufbau einer Firmenrente demnächst mehr eigenes Geld kosten als heute.

Berlin rudert zurück

Dahinter standen Überlegungen der großen Koalition, dass die Sozialversicherungsfreiheit von Beiträgen für die betriebliche Altersvorsorge vom übernächsten Jahr an wegfallen sollte. Doch inzwischen ruderte man in Berlin zurück. Die Befreiung von Sozialabgaben, so Bundesarbeitsminister Müntefering vor wenigen Tagen, soll beibehalten werden.

Was der Versicherungsbranche ganz gelegen kommt, denn die "Möglichkeit der steuer- und abgabenfreien Einzahlung ist für Arbeitnehmer ein starkes Argument zum Abschluss einer betrieblichen Versorgung", sagt Soboll zu der momentanen Situation.

Solange aber nicht feststeht, ob die Koalition den Status quo der Sozialabgabenfreiheit beibehält, fährt die Versicherungswirtschaft in Deutschland, die den Markt für betriebliche Altersversorgung mit Abstand dominiert, zweigleisig.

Möglicher Wegfall der Sozialabgabefreiheit

Auf der einen Seite wird das Argument ins Feld geführt, dass selbst nach einem möglichen Wegfall der Sozialabgabenfreiheit sich die Firmenrente immer noch lohnt.

Zu verdanken sei dies der sogenannten Entgeltumwandlung, wonach im Jahr vier Prozent der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei in die betriebliche Altersversorgung investiert werden dürfen.

Die Folge: Im schlimmsten Fall, nämlich bei einem Ende der Sozialabgabenfreiheit, steuert der Staat auch ab dem übernächsten Jahr noch 30 bis 40 Prozent des Beitrags für betriebliche Altersvorsorge über Steuerersparnisse bei.

Auf der anderen Seite tüftelt die Versicherungsbranche an neuen Angeboten, die eine mögliche gesetzliche Änderung kompensieren. "Der Markt reagiert mit Modellen, die das Ziel haben, dem Arbeitnehmer auch über das Jahr 2008 hinaus eine sozialversicherungsfreie Einzahlung in die betriebliche Altervorsorge zu eröffnen", sagt Soboll.

Entgeldumwidmung

Denkbar wäre etwa die sogenannte Entgeltumwidmung. Hier vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass statt künftiger Lohnerhöhungen arbeitgeberfinanzierte Beiträge in die betriebliche Altersvorsorge eingezahlt werden. Diese sind nach derzeitigem Recht auch über das Jahr 2008 hinaus dauerhaft sozialversicherungsfrei.

Angeblich bereiten sich derzeit auch die Tarifvertragsparteien auf derartige Ausweichlösungen vor. Was die Koalition in Berlin nicht gerade freuen dürfte.

"Wenn es tatsächlich zu einem Wegfall der Sozialversicherungsfreiheit kommt, dürften wegen der wahrscheinlichen Ausweichreaktionen die erhofften Mehreinnahmen deutlich geringer ausfallen als erwartet", sagt Experte Soboll.

© SZ vom 30.06.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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