Süddeutsche Zeitung

Bestechliche Ärzte:Krankenkasse ruft nach dem Strafrecht

Härte zeigen: Nach Korruptionsvorwürfen gegen niedergelassene Ärzte und Kliniken fordert eine Krankenkasse strafrechtliche Konsequenzen für bestechliche Mediziner.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Korruptionsvorwürfe gegen niedergelassene Ärzte und Kliniken hat die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) strafrechtliche Konsequenzen gefordert. Der Bestechungsparagraf 299 müsse so geändert werden, dass er auch niedergelassene Ärzte einschließt, sagte KKH-Chefermittlerin Dina Michels der Frankfurter Rundschau.

Sie kenne bisher keinen einzigen Fall, in dem ein Arzt wegen Bestechung angeklagt worden sei. Gemäß dem Paragraf können nur "Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs" bestraft werden, laut Michels sehen die Staatsanwälte in den Ärzten aber keine Beauftragten der Kasse.

Reviere abgesteckt

Berichte über verdeckte Prämienzahlungen an Mediziner, damit sie Patienten in bestimmte Krankenhäuser einweisen, sorgen derzeit für Empörung. Nach Angaben der KKH-Vertreterin ist die Bestechung niedergelassener Ärzte auch jenseits der Krankenhäuser verbreitet - etwa bei der Zusammenarbeit mit Sanitätshäusern und Hörgeräteakustikern.

Manche Anbieter hätten die Gebiete regelrecht unter sich aufgeteilt. Einige zahlten den Ärzten die Kosten für eine Arzthelferin oder die Auto-Leasingrate der Frau.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die verdeckten Prämienzahlungen der Krankenhäuser für gefährlich. Im Einzelfall könnten "Menschen zu Tode kommen", sagte Lauterbach der in Hannover erscheinenden Neuen Presse.

Bei Krebspatienten beispielsweise sei es lebenswichtig, in eine Klinik zu kommen, die "optimal" für ihre Behandlung geeignet sei - und nicht in das Krankenhaus, "das die meisten Bestechungsgelder auf den Tisch legt". Auch Lauterbach vertrat die Auffassung, dass die Zahlung von Prämien für Patienten "eine Form gesetzeswidriger Bestechung" sei.

"Kumpanei zum Schaden der Versicherten"

Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat eine rasche Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gegen niedergelassene Ärzte und Kliniken gefordert. Ärztekammern, berufsständische Gerichte und Staatsanwaltschaften müssten Umfang und Verbreitung der Machenschaften ermitteln und verfolgen, sagte die SPD-Politikerin dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Wenn Krankenhäuser Ärzten Geld für besonders lukrative Einweisungen zahlten, belege dies "eine Kumpanei zum Schaden der Versicherten", wurde Schmidt zitiert. Sollten nicht erbrachte Leistungen zur Finanzierung der Bestechungsgelder bei den Kassen abgerechnet worden seien, sei das Betrug.

Dabei sei es unerheblich, ob Kliniken aktiv bestächen oder von den Ärzten dazu gedrängt würden.

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