Besser bauen:Designhäuser von der Stange

Namhafte Architekten sind sich nicht zu schade und entwerfen Fertighäuser. Allerdings treffen sie oft nicht den Geschmack von Bauherren und Behörden.

Von Andrea Schlaier

Nach Konfektion sieht das schon lange nicht mehr aus. Man hat es augenscheinlich mit Maßanfertigung zu tun, die in ihrer Strenge und zuweilen kubischen Eleganz mit der Gegenwartsarchitektur auf Tuchfühlung geht. Ungewohnt mutig und entschlossen fahren inzwischen auch Fertighäuser auf der individuellen Schiene.

Von den Modellen, die neuerdings Baumeister-Granden wie Gustav Peichl (Bundeskunsthalle in Bonn) als kreative Fingerübung entwerfen, erwartet man nichts anderes. Doch auch die seriellen Fertiger können sich auf das Wesentliche konzentrieren. So der Allgäuer Fertighaushersteller "Baufritz", der mit seinen Vollwert-Häusern bekannt wurde.

Selbstbewusst wie eine asketische Tankstellen-Kathedrale ragt das Haupthaus seines Architekten Stephan Rehm "Terra 2" über zwei Geschosse scharfkantig und gerade zum Himmel. Das flache Dach, das auch mit Solarzellen zu haben ist, begnügt sich mit verschwindend knappem Überstand. Nur über der Glasfassade im Westen wagt es eine große Geste, ragt fast die halbe Hausbreite weit hinaus auf eine Holz-Terrasse und wird in luftiger Höhe von drei Vierkant-Säulen getragen. Zwischen zwei der Stützen dockt rechtwinklig ein einstöckiger Anbau ans 148-Quadratmeter-Haupthaus an und macht das "L" komplett. Auf dem 32 Quadratmeter großen Deckel ruht Terrasse Nummer zwei.

"Die Nachfrage ist unglaublich groß", sagt PR-Chef Dietmar Spitz. "Das Interesse für neue Formen zieht sich durch alle Altersklassen." Dass Häuser wie "Terra 2" selten gebaut werden, liege an den deutschen Behörden. "90 Prozent der Gemeinden genehmigen solche Designhäuser nicht."

Designhäuser von der Stange

Aber auch die Bauherren ziehen nicht recht. Eine Studie, die das Bundesforschungsministerium zusammen mit Baufritz zum Thema Ökodesign erstellte, habe ergeben: Zu ambitionierte Architektur will der Verbraucher nicht. Trotzdem hielt man in Erkheim bei Baufritz vor einem Jahr "die Zeit reif für andere Dinge", wollte zeigen, dass man auch anders kann und brachte unter dem Namen "Die Hausdesigner" eine Art Produktlinie heraus.

Renommierte Architekten wie die Kölner Dörte Gatermann und Elmar Schossig treiben mit dem "Editionshaus 478" in den Größen S, M oder L den Individualismus auf die Spitze.

Auch wenn sich dessen einzelne Module nahezu beliebig kombinieren lassen, die Gebäude gleichen sich im kubischen Körper - Loggien werden aus der Form herausgeschnitten - und der Holztafelfassade. Das Tragwerk kommt mit zwei Innenstützen aus, die ins Treppenmodul in der Hausmitte integriert sind und damit größtmögliche Gestaltungsfreiheit im Grundriss bieten. Was kostet's? Als Richtwert für die Entwürfe der "Hausdesigner" spricht Spitz von 1500 bis 1800 Euro pro Quadratmeter. Das ist insofern Theorie, als das "478" bislang nur auf dem Papier existiert.

Nach vier Jahren hat Mitbewerber WeberHaus seinen 66-Quadratmeter-Kubus "Option" über 20 Mal verkauft. Kritiker sind hellauf begeistert von dem strengen Holz-Glas-Kasten für 87.000 Euro, der im Innern großzügig konzipiert ist. Die Faszination an der gestalterischen Metamorphose des Seriellen hat längst auch die Großen der Szene gepackt.

Zuletzt hat sich Designer Luigi Colani eingereiht und im Auftrag der fränkischen Fertighausfirma "Hanse Haus" den Prototyp seines sechs mal sechs Meter kleinen "Rotorhauses" vorgestellt. Großstadtnomaden können sich auf Knopfdruck von einem Rotor bedienen lassen, der die Nutzfläche quasi verdreifacht und zumindest auf dem Papier bringt, was geordert wird: Bett, Bad oder Herd.

Der 50 Quadratmeter große "SU-SI"- Würfel des österreichischen Architekten Johannes Kaufmann ist in fünf Stunden montiert und wird beim nächsten Umzug als Mini-Mobile Home mitkommen.

Architekten-Ikone Frank O. Gehry (Guggenheim-Museum Bilbao) laboriert seit geraumer Zeit an einem serienreifen "normalen Haus mit einem einfachen Dach", der Südtiroler Designer Matteo Thun begreift seinen leichten Glas-Körper als ein Stück designter Alltagskultur und Gustav Peichls "Haus mit erogenen Zonen" und verzinktem Tonnendach ist der Siedlungs-Schreck der Kommunalbehörden. Vielleicht der Grund, dass sich das schöne Stück zunächst nur äußerst zögerlich verkauft hat.

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